Geister aus der Vergangenheit holen Obama ein

publiziert: Freitag, 2. Mai 2008 / 20:00 Uhr / aktualisiert: Freitag, 2. Mai 2008 / 20:17 Uhr

Gibt es in Ihrer Vergangenheit eine verrückte Ex-Freundin, einen seltsamen Onkel oder einen anstrengenden Ex-Ehemann? Dachte ich's mir doch. Die meisten haben jemanden, den wir so schnell nicht wieder sehen wollen.

Titelseite der «Chicago Sun-Times». (Ausschnitt)
Titelseite der «Chicago Sun-Times». (Ausschnitt)
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Wir können Barack Obamas Unbehagen und Scham also verstehen, als jemand zur falschen Zeit und mit eigenartigem Benehmen, den er früher fast jedes Wochenende zu treffen pflegte, plötzlich wieder auftauchte.

Schlimmer

Es war keine Freundin, sondern etwas Schlimmeres: einer seiner Mentoren, der langjährige Pfarrer der Gemeinde in Chicago, der Obama früher angehörte und an deren Gottesdiensten er teilnahm.

Schon vor einigen Wochen wurde der Reverend Jeremiah Wright zum Wahlkampfthema, als Auszüge aus seinen Predigten im Internet kursierten. Statt des wohlbekannten Satzes «Gott segne Amerika» rief er in diesen Predigten wütend «Gott verdamme Amerika». Viele Amerikaner waren schockiert, als sie hörten, dass er und Obama sich schon seit Jahren gut kannten.

Keine gute Idee

Diesen Rückschlag konterte Obama mit einer bewegenden Rede über Rassismus und den damit verbundenen Zorn in Amerika. Er weigerte sich, Wright zu verurteilen und distanzierte sich nur sanft von dessen Bemerkungen. Keine gute Idee.

Wright zog sich vorerst aus der Öffentlichkeit zurück, aber diese Woche tauchte er plötzlich wieder auf: mit einer Vortragsreihe und einer Mission. Er wiederholte seine Behauptungen und weitete sie aus. Er deutete an, Obamas Kritik sei nur politische Heuchelei eines Wahlkämpfers. Er tanzte und machte Faxen für die Kameras, was ihm einen Auftritt in den Abendnachrichten praktisch garantierte.

Müde und verletzt

Seit Wrights Erscheinen auf der Bildfläche hat sich der Wahlkampf verändert. Obama ist kein unverbrauchtes Gesicht mehr und seine Gewinnerstrecke scheint auch zu Ende. In letzter Zeit wirkt er müde und verletzt von der täglichen Kritik durch seine demokratische Rivalin Hillary Clinton und den Republikaner John McCain.

Er hat es nicht geschafft, seine treue Basis - Afroamerikaner, wohlhabende Weisse und junge Leute - zu einer beständig überlegenen Mehrheit auszubauen. Obama ist es insbesondere nicht gelungen, genügend Wähler aus der weissen Arbeiterklasse zu überzeugen, für ihn zu stimmen. Dass Wrights Parolen zur Primetime übertragen werden, hilft ihm dabei auch nicht gerade.

Ermüdet und verärgert

Nachdem Wright diese Woche wieder auftauchte, hielt Obama keine weitere ehrgeizige Rede über grosse Themen. Stattdessen wirkte er ermüdet und verärgert darüber, dass er erneut gezwungen war die - wie er sagte - «entzweienden» und «zerstörerischen» Aussagen von jemandem, dem er einst vertraute, zu erklären.

Dann wandte er sich wieder dem Wahlkampfgeschäft zu, und hofft wahrscheinlich, seine Vergangenheit nun hinter sich zu lassen.

Jonathan Mann - Campaign Trail Column für den 2.5.08
Dieser Text stammt von Jonathan Mann, Moderator und Journalist bei CNN International. Er moderiert das wöchentliche Politmagazin «The Campaign Trail» auf CNN International. Der Text steht in der Schweiz exklusiv für news.ch zur Verfügung.

(CNN-Kolumne von Jonathan Mann)

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