Seyne - Der Flugzeugabsturz in den französischen Alpen gibt Rätsel auf. Zwar konnten die Ermittler eine Audiodatei aus dem Stimmrekorders sicherstellen. Doch die Unglücksursache bleibt weiterhin im Dunkeln.
Demnach soll aus den Aufnahmen des bereits gefundenen Sprachrekorders hervorgehen, dass einer der Piloten vor dem Sinkflug das Cockpit verlassen und anschliessend vergeblich versucht habe, die Tür zu öffnen, um wieder ins Cockpit zu kommen.
«Der Mann draussen klopft leicht an die Tür, aber es gibt keine Antwort», zitiert die Zeitung einen Ermittler. «Dann klopft er stärker an die Tür, und wieder keine Antwort. Es gibt nie eine Antwort. Und dann kann man hören, wie er versucht, die Tür einzutreten.»
Bis zum Schluss geflogen
In ihrem letzten Kontakt hätten die Piloten des Airbus 320 eine Routine-Mitteilung gemacht. Klar war zunächst nur, dass die Germanwings-Maschine nicht in der Luft explodierte. «Das Flugzeug ist bis zum Schluss geflogen», es habe also keine Explosion gegeben, sagte Jouty.
Die Ursache bleibt aber weiterhin unklar. «Wir haben auch nicht die geringste Erklärung dafür, warum dieses Flugzeug auf die Kontaktversuche der Luftraumkontrolle, wie es scheint, nicht geantwortet hat», sagte Jouty.
Am Unglücksort wurde in Südfrankreich am Mittwoch die Hülle der zweiten Blackbox gefunden, allerdings ohne Inhalt, wie der französische Präsident François Hollande mitteilte. Die Ermittler würden alles Erdenkliche tun, die Unfallursache zu klären, versicherte Hollande.
Merkel dankt Einsatzkräften für deren Arbeit
Die Staatsanwaltschaft von Marseille nahm Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung auf. Düsseldorfer Staatsanwälte übernahmen die deutschen Ermittlungen.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel versicherte, dass mit Hochdruck nach den Ursachen für den Absturz gesucht wird. «Es wird alles hier getan, um zu versuchen, das, was geschehen ist, das Unfassbare, soweit wie möglich aufzuklären», sagte Merkel.
Allerdings werde die Aufklärung noch dauern, «weil es eine Katastrophe in einer ganz schwierigen geografischen Region ist», sagte sie an einer gemeinsamen Medienkonferenz mit Hollande und dem spanischen Regierungschef Mariano Rajoy.
Auch Hollande und Rajoy sagten ihre Unterstützung bei den Ermittlungen zu.«Wir müssen verstehen, was passiert ist. Das schulden wir den Familien», sagte der französische Staatschef. Auch werde alles unternommen, um alle Opfer zu identifizieren und deren sterbliche Überreste den Familien zu übergeben.
Rajoy schloss sich seinen Worten an: «Ich kann Ihnen sagen, dass wir solidarisch sein werden, dass wir zusammen arbeiten werden, dass wir zusammen ermitteln werden.»
Schwierige Bergung
Merkel, Hollande und Rajoy waren am Mittag an der Unglücksstelle eingetroffen. Gemeinsam wollten sie der Opfer gedenken und Hinterbliebene sprechen, die inzwischen in der Unglücksregion eingetroffen sind. Zudem informierten sie sich über die schwierigen Bergungsarbeiten in dem schwer zugänglichen Gelände des Alpenmassivs und dankten den Einsatzkräften für ihre Arbeit.
Die Bergung der 150 Opfer wird nach Einschätzung der Experten extrem schwierig werden. «Die Bergung der Leichen wird mindestens eine Woche dauern», sagte der Pilot Xavier Roy vom Katastrophenschutz. Sie habe aber auch keine Priorität.
Für die Angehörigen wurde in Seyne-les-Alpes ein Ort der Stille eingerichtet, Dolmetscher waren vor Ort. Die Lufthansa will an diesem Donnerstag weitere Hinterbliebene mit Sonderflügen nach Südfrankreich bringen.
Das Germanwings-Flugzeug war am Dienstagvormittag auf dem Flug von Barcelona nach Düsseldorf über den französischen Alpen plötzlich in Sinkflug geraten und gegen ein Bergmassiv geprallt. Alle 150 Menschen an Bord kamen ums Leben. Die meisten Opfer stammen aus Deutschland und Spanien.
Trauer um die Opfer
Germanwings korrigierte die Zahl der deutschen Opfer am Mittwoch auf 72 nach oben. Die Nationalität einiger Opfer ist allerdings noch unklar. Dies liege auch daran, dass einige eine doppelte Staatsbürgerschaft hätten, sagte Geschäftsführer Thomas Winkelmann. Aus Spanien stammten nach Angaben aus Regierungskreisen in Madrid 51 Opfer.
Daneben waren auch Passagiere aus Australien, Argentinien, Iran, Venezuela, den USA, Grossbritannien, Niederlande, Kolumbien, Mexiko, Japan, Dänemark, Belgien und Israel an Bord.
Vor dem Joseph-König-Gymnasium im deutschen Haltern erinnerte am Mittwoch ein Lichtermeer an 16 Schüler und zwei Lehrerinnen, die bei der Katastrophe ums Leben kamen. «An unserer Schule wird nichts mehr so sein, wie es vorher war», sagte Schulleiter Ulrich Wessel.
Auch Fluggesellschaften, Flughäfen und die spanische Schule, wo die deutschen Schüler ihren Austausch verbracht hatten, trauerten. Germanwings strich am Dienstagabend zahlreiche Flüge. Etliche Besatzungen waren nicht zum Dienst gekommen.
Auch am Mittwoch erklärten sich mehrere Crews für nicht einsatzbereit. Grund sei «der Schockzustand sowohl beim Kabinen- wie beim Cockpitpersonal», sagte ein Sprecher der Fluggesellschaft. Am Mittwoch sagte die Fluglinie nur einen einzigen Flug ab, ihren Flugbetrieb stemmte sie mit Hilfe der Konkurrenz.
(jbo/sda)
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