Gewinner des Jahres, Weltpolitik: Ahmadinedschad

publiziert: Montag, 11. Dez 2006 / 10:44 Uhr / aktualisiert: Montag, 11. Dez 2006 / 12:54 Uhr

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Es gibt Sieger, denen man den Triumph gönnt. Es gibt Sieger, für die man sich nicht speziell freut. Und es gibt Sieger, deren Erfolg einen Galle auf der Zunge schmecken lässt. Der iranische Präsident gehört eindeutig zur letzten Kategorie.

Er ist Rassist, Fanatiker, Geschichtsklitterer und ein religiöser Eiferer der schlimmsten Sorte. Die momentan stattfindende 'Holocaust-Konferenz' ist eine Beleidigung für alle toten und noch lebenden Holocaust-Opfer, ihre Angehörigen und alle ernsthaften Historiker. Ahmadinedschads Atompolitik ist ein Bedrohung des Weltfriedens, auch wenn er noch weit von der Fähigkeit weg sein mag, atomwaffentaugliches Uran herzustellen. Seine 'Visionen' vor dem Weltsicherheitsrat schliesslich lassen den Verdacht aufkommen, es mit einem zumindest leicht psychisch Kranken tun zu haben.

Die Tatsache allein, dass er trotz all dieser Punkte noch immer unangefochten sein Amt inne hat, würde ihn schon zu einem Sieger machen. Doch Ahmadinedschad hat – auch mit gnädiger Mithilfe der USA – noch viel mehr erreicht. Der Iran ist dabei, zur unangefochtenen Mittelmacht, zur dominierenden Nation in der Region aufzusteigen, ja, dürfte bereits dazu aufgestiegen sein.

Lange Zeit war der Iran ziemlich isoliert. Nicht nur, dass der Staat mehrheitlich schiitisch ist, führte zu einer Separation von den Arabischen Nachbarn im Südwesten. Die Perser sind zudem keine Araber, sondern halten von jenen eigentlich herzlich wenig, wobei diese 'Nachbarsliebe' gegenseitig ist.

Die brutale Unterdrückung der Schiiten unter Saddam im Irak wurde von den anderen arabischen Staaten ebensowenig kritisiert wie der damalige Krieg gegen den Iran grosse Empörung auslöste. Diese Isolierung wurde jetzt aber aufgebrochen – nicht zuletzt wegen des missglückten zweiten Irakkrieges. Die vom Iran stark unterstützten schiitischen Milizen, sind dabei, ein Stück des Iraks unter ihre Kontrolle zu bringen und so einen Brückenkopf auf der arabischen Halbinsel zu etablieren. Der Einfluss im Libanon über die Hizbollah wächst zunehmend. Auch dort ist die Absicht, indirekt Macht über ein Marionettenregime ausüben zu können, offensichtlich.

Diese Aktionen zielen alle auf den erklärten Erzfeind Israel, jenen Staat, dessen Existenzrecht Ahmadinedschad in eintöniger Regelmässigkeit leugnet und in Abrede stellt.

Der zweite grosse Feind, gegen den Ahmadinedschad kämpft, sind die USA. Dort findet er seine Verbündeten nicht nur bei muslimischen Staaten, sondern auch bei anderen US-Gegnern, wie dem eben wiedergewählten venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez, die sich vor allem über ihre Opposition zur US-Regierung definieren.

Diese Position kann sich Ahmadinedschad vor allem wegen der gigantischen Vorräte an Erdgas und Erdöl leisten, über die der Iran verfügt. Als Hauslieferant von China und auch Indien hat er zwei grosse, aufstrebende Nationen an seiner Seite, die sich herzlich wenig um seine irren und gefährlichen Allüren kümmern, solange Pipelines gebaut und die Energieträger geliefert werden. Europa unterdessen steht vor Verblüffung ob der ganzen Frechheiten Schreck erstarrt da und scheint nicht in der Lage zu sein, sich irgendwie einig gegen den iranischen Provokator zu stellen, während die USA sich mit ihm auf irgend eine Art arrangieren müssen, wenn die Irak-Misere irgendwie noch retten wollen.

Das Schachspiel wurde im antiken Persien weiter entwickelt und perfektioniert. Es würde einen nicht wundern, wenn Ahmadinedschad ein guter Schachspieler ist. Er hat seine Bauern bedrohlich positioniert, seine Deckung hervorragend in Stellung gebracht und die Gegner momentan neutralisiert, während sein Atomprogramm droht, zum Freibauern zu werden, der sich früher oder später in eine Dame wandeln könnte (wobei genau hier auch Israel zuschlagen könnte).

Auch wenn es momentan nicht danach aussieht, wäre es schön, wenn Ahmadinedschad so bald wie möglich matt gesetzt würde. Denn so berechnend sein Vorgehen auch sein mag, so irrational scheint sein endsieghaftes, mythisches Ziel zu sein, dass sich auf religiöse Prophezeiungen stützt und offenbar auch eine Apokalypse als durchaus erstrebenswert betrachtet. Und das lässt sich unter keinen Umständen tolerieren.

In der nächsten Kolumne: Verlierer des Jahres Nationale Politik: SVP

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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