«Ja, manchmal bin ich schon ein wenig erschöpft», gibt er zu.
Seine Baufirma, die Zeitung, die Partei, die Verpflichtungen als
Stadtrat von Lugano und als Nationalrat nehmen ihn voll in
Anspruch. Ferien kennt er nicht, auch am Samstag wirbelt er in
seinem Büro in Luganos Arbeiterviertel Molino Nuovo.
Zudem kümmert er sich um seinen 14-jährigen Sohn Boris, der eine
Privatschule der katholisch-konservativen Laienbewegung Comunione e
Liberazione besucht. «Der ist im übrigen wirklich rechts, das macht
mir fast Angst», sagt Bignasca.
Doch wer ist der vielbeschriebene Lega-Führer privat? «Ich
schaue abends Fernsehen und basta», sagt er. Vor 10 Jahren war dies
noch anders. Da bezeichnete er sich als manisch-sexsüchtig.
Geblieben ist der Kokainkonsum, aus dem er nie ein Geheimnis
gemacht hat.
Politisch fühlt sich Bignasca als Anarchist, als «linker
Rechter». In Sachen Einwanderung, Asyl und EU denkt er wie die SVP.
Gleichzeitig begrüsst er die Demos gegen die Globalisierung und
stimmt im Nationalrat für den Vorschlag der SP, die
Krankenkassenprämien einkommensabhängig zu machen.
Bignasca wurde 1945 in Lugano geboren. Er brach die Ausbildung
zum Bautechniker ab, begann in der Steinhauerfirma seines Vaters zu
arbeiten. Mit seinem älteren Bruder Attilio gründete er Bau- und
Immobilienfirmen. In den 90er Jahren geriet das Imperium in Folge
des Zusammenbruchs des Immobilienmarktes in Schwierigkeiten.
Kritiker Bignascas behaupten, er habe die Lega vor allem aus
egoistischen Motiven gegründet. Um sich politischen Einfluss zu
verschaffen und so seine Firmen zu retten.
Bignasca sieht sich bis heute mehr als Arbeiter denn als
Politiker. In der Wandelhalle des Municipio fühlt er sich sichtlich
unwohl, Anzüge hasst er wie die Pest. Das kurzärmelige Poloshirt
ist sein Markenzeichen. Auch sein deftiges Vokabular passt besser
auf Baustellen denn in den Nationalrat.
Sein grösster Fehler? «Mein Umgang mit den Deutschschweizern,
denn diese haben mich nie richtig verstanden.»
(sda)