Sicht der Gegner
Gotthard-Abstimmung ein «Riesenschwindel»
publiziert: Dienstag, 12. Jan 2016 / 12:50 Uhr
Die Gegner der Abstimmung rechnen mit einem massiv erhöhten Schwerverkehrsaufkommen. (Symbolbild)
Bern - Nach Ansicht der Gegner ist ein zweiter Strassentunnel durch den Gotthard verfassungswidrig und umweltschädlich. Vor allem aber sei er unnötig, argumentieren sie. Die Vorlage, über die am 28. Februar abgestimmt wird, sei ein «Riesenschwindel».
Dem Parlament sei 2014 vorgemacht worden, dass eine Notsanierung nötig sei, was eine 140-tägige Totalschliessung zur Folge hätte, sagte die Berner SP-Nationalrätin und VCS-Präsidentin Evi Allemann am Dienstag vor den Medien in Bern.
Inzwischen sei das Bundesamt für Strassen aber zum Schluss gekommen, dass die nötigen Sanierungen im Rahmen der üblichen Nachtsperren gemacht werden könnten. Der bestehende Tunnel liesse sich so noch für mindestens 20 Jahre ganz normal betreiben. «Das macht eine zweite Gotthardröhre völlig überflüssig», sagte Allemann.
Die VCS-Präsidentin lässt auch das Argument nicht gelten, dass richtungsgetrennte Röhren mehr Sicherheit bringen würden. Wer es ernst meine mit der Sicherheit, setze auf rasch wirksame Massnahmen wie etwa eine versenkbare Mittelleitplanke und vor allem auf die Verlagerung des Schwerverkehrs, sagte sie.
Schweiz als «Transithölle»
Auch Jon Pult, Co-Präsident der Alpen-Initiative, hält die Vorlage für einen Schwindel und eine Verletzung des Alpenschutzartikels in der Bundesverfassung. Mit der zweiten Röhre werde die Kapazität faktisch von zwei auf vier Spuren erhöht. Kaum jemand glaube, dass diese Kapazität nicht genutzt werde, sobald sie einmal gebaut und bezahlt sei.
Die EU werde auf Druck der europäischen Transportindustrie die freie Durchfahrt für den Schwerverkehr verlangen. Und die Schweiz werde den Wunsch umgehend erfüllen müssen. Damit würden die Schleusen für den Schwerverkehr geöffnet, die Zahl der Lastwagen werde sich von 1 Million auf 2 Millionen verdoppeln, sagte Pult. «Die Schweiz würde zu einer Transithölle», sagte Pult.
Das würde in erster Linie der Kanton Tessin zu spüren bekommen. «Unsere Strassen sind bereits heute völlig verstopft mit Autos und Lastwagen», sagte Mario Branda, Stadtpräsident von Bellinzona. Das Tessin wolle darum keinen neuen Strassentunnel, wie die Befürworter behaupteten, sondern gesündere Luft für seine Kinder. Auch die Wirtschaft oder der Tourismus brauchten keinen zweiten Strassentunnel. Diese hätten davon mehr Schaden als Nutzen, glaubt Branda.
Unerwünschte Nebenwirkungen
Auch für die Westschweiz hätte ein zweiter Strassentunnel unerwünschte Nebenwirkungen, ist der Grüne Nationalrat und Lausanner Stadtpräsident Daniel Brélaz überzeugt. Die 3 bis 4 Milliarden Franken, die am Gotthard ausgegeben würden, fehlten dann bei der Behebung der Staus rund um die grossen Städte. Diese litten unter wirklichen Verkehrsproblemen, während es am Gotthard lediglich um die Verflüssigung des Freizeitverkehrs gehe.
Nach Ansicht der Gegner würde ein zweiter Strassentunnel zudem die NEAT torpedieren, für die 24 Milliarden Franken ausgegeben wurden. In wenigen Monaten werde mit dem Gotthard-Basistunnel deren Herzstück eröffnet, sagte Giorgio Tuti, Präsident der Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV). Diese Infrastruktur könne ihre Leistungsfähigkeit nur unter Beweis stellen, wenn der Güterverkehr nicht mit einer zweiten Röhre auf die Strasse gelockt werde.
Falsche Richtung
Auch um Umweltschutz geht es am 28. Februar. Die in Paris beschlossenen Klimaziele liessen sich nur erreichen, wenn keine neuen Ölheizungen, Bohrplattformen oder eben Strassen gebaut würden, sagte Thomas Vellacott, Geschäftsführer von WWF Schweiz. Auch er glaubt nicht, dass die beiden Röhren nur einspurig betrieben würden. «Freie Kapazitäten wecken Begehrlichkeiten», sagte Vellacott.
Der Bau einer zweiten Röhre ohne Steigerung der Verkehrskapazität ist das wichtigste Argument der Befürworter, neben der zusätzlichen Sicherheit. Geplant ist, den neuen Tunnel ab etwa 2020 zu bauen. Anschliessend würde der bestehende gesperrt und saniert. Ab etwa 2030 sollen dann beide Tunnels je einspurig betrieben werden, die zweite Spur würde jeweils als Pannenstreifen dienen.
Die Kosten werden auf 2,8 Milliarden Franken geschätzt. Für eine Sanierung ohne zweite Röhre müssten beidseits des Gotthard Terminals für den Bahnverlad gebaut werden. Die Kosten dafür würden sich auf 1,5 bis 2,2 Milliarden Franken belaufen. Gegen eine zweite Röhre kämpfen Umweltverbände, Gewerkschaften sowie die Parteien SP, Grüne und GLP.
Inzwischen sei das Bundesamt für Strassen aber zum Schluss gekommen, dass die nötigen Sanierungen im Rahmen der üblichen Nachtsperren gemacht werden könnten. Der bestehende Tunnel liesse sich so noch für mindestens 20 Jahre ganz normal betreiben. «Das macht eine zweite Gotthardröhre völlig überflüssig», sagte Allemann.
Die VCS-Präsidentin lässt auch das Argument nicht gelten, dass richtungsgetrennte Röhren mehr Sicherheit bringen würden. Wer es ernst meine mit der Sicherheit, setze auf rasch wirksame Massnahmen wie etwa eine versenkbare Mittelleitplanke und vor allem auf die Verlagerung des Schwerverkehrs, sagte sie.
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Auch Jon Pult, Co-Präsident der Alpen-Initiative, hält die Vorlage für einen Schwindel und eine Verletzung des Alpenschutzartikels in der Bundesverfassung. Mit der zweiten Röhre werde die Kapazität faktisch von zwei auf vier Spuren erhöht. Kaum jemand glaube, dass diese Kapazität nicht genutzt werde, sobald sie einmal gebaut und bezahlt sei.
Die EU werde auf Druck der europäischen Transportindustrie die freie Durchfahrt für den Schwerverkehr verlangen. Und die Schweiz werde den Wunsch umgehend erfüllen müssen. Damit würden die Schleusen für den Schwerverkehr geöffnet, die Zahl der Lastwagen werde sich von 1 Million auf 2 Millionen verdoppeln, sagte Pult. «Die Schweiz würde zu einer Transithölle», sagte Pult.
Das würde in erster Linie der Kanton Tessin zu spüren bekommen. «Unsere Strassen sind bereits heute völlig verstopft mit Autos und Lastwagen», sagte Mario Branda, Stadtpräsident von Bellinzona. Das Tessin wolle darum keinen neuen Strassentunnel, wie die Befürworter behaupteten, sondern gesündere Luft für seine Kinder. Auch die Wirtschaft oder der Tourismus brauchten keinen zweiten Strassentunnel. Diese hätten davon mehr Schaden als Nutzen, glaubt Branda.
Unerwünschte Nebenwirkungen
Auch für die Westschweiz hätte ein zweiter Strassentunnel unerwünschte Nebenwirkungen, ist der Grüne Nationalrat und Lausanner Stadtpräsident Daniel Brélaz überzeugt. Die 3 bis 4 Milliarden Franken, die am Gotthard ausgegeben würden, fehlten dann bei der Behebung der Staus rund um die grossen Städte. Diese litten unter wirklichen Verkehrsproblemen, während es am Gotthard lediglich um die Verflüssigung des Freizeitverkehrs gehe.
Nach Ansicht der Gegner würde ein zweiter Strassentunnel zudem die NEAT torpedieren, für die 24 Milliarden Franken ausgegeben wurden. In wenigen Monaten werde mit dem Gotthard-Basistunnel deren Herzstück eröffnet, sagte Giorgio Tuti, Präsident der Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV). Diese Infrastruktur könne ihre Leistungsfähigkeit nur unter Beweis stellen, wenn der Güterverkehr nicht mit einer zweiten Röhre auf die Strasse gelockt werde.
Falsche Richtung
Auch um Umweltschutz geht es am 28. Februar. Die in Paris beschlossenen Klimaziele liessen sich nur erreichen, wenn keine neuen Ölheizungen, Bohrplattformen oder eben Strassen gebaut würden, sagte Thomas Vellacott, Geschäftsführer von WWF Schweiz. Auch er glaubt nicht, dass die beiden Röhren nur einspurig betrieben würden. «Freie Kapazitäten wecken Begehrlichkeiten», sagte Vellacott.
Der Bau einer zweiten Röhre ohne Steigerung der Verkehrskapazität ist das wichtigste Argument der Befürworter, neben der zusätzlichen Sicherheit. Geplant ist, den neuen Tunnel ab etwa 2020 zu bauen. Anschliessend würde der bestehende gesperrt und saniert. Ab etwa 2030 sollen dann beide Tunnels je einspurig betrieben werden, die zweite Spur würde jeweils als Pannenstreifen dienen.
Die Kosten werden auf 2,8 Milliarden Franken geschätzt. Für eine Sanierung ohne zweite Röhre müssten beidseits des Gotthard Terminals für den Bahnverlad gebaut werden. Die Kosten dafür würden sich auf 1,5 bis 2,2 Milliarden Franken belaufen. Gegen eine zweite Röhre kämpfen Umweltverbände, Gewerkschaften sowie die Parteien SP, Grüne und GLP.
(bert/sda)
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