Vergangenheitsbewältigung

Höhe der Entschädigung von administrativ Versorgten ist umstritten

publiziert: Mittwoch, 30. Sep 2015 / 09:41 Uhr
Der Bundesrat will ehemalige Verdingkinder und administrativ Versorgte mit 300 Millionen Franken entschädigen.
Der Bundesrat will ehemalige Verdingkinder und administrativ Versorgte mit 300 Millionen Franken entschädigen.

Bern - Der Bundesrat will ehemalige Verdingkinder und administrativ Versorgte mit 300 Millionen Franken entschädigen. Parteien und Verbände begrüssen, dass dies rasch geschehen soll. SP und Grüne fordern aber höhere Zahlungen an die Opfer. Grundsätzlich dagegen ist die SVP.

4 Meldungen im Zusammenhang
Ehemalige Heim- und Verdingkinder, Opfer von Medikamentenversuchen oder in Anstalten zur «Nacherziehung» Versorgte: Ihr Leid möchte der Bundesrat anerkennen mit dem Bundesgesetz über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981, dessen Vernehmlassungsfrist am Mittwoch endet.

Viele der Opfer sind bereits in fortgeschrittenem Alter und teils bei schlechter Gesundheit. Der Bundesrat schlägt deshalb rasche Massnahmen vor, damit noch möglichst viele Geschädigte davon profitieren können.

Gesetz unbestritten

Den Schritt begrüssen grundsätzlich der Bauernverband, die Bischofskonferenz und der Schweizerische Evangelische Kirchenbund - aber auch das Initiativkomitee der Wiedergutmachungsinitative, in welchem sämtliche grosse Parteien ausser der SVP vertreten sind.

Die im Dezember eingereichte Initiative fordert insgesamt 500 Millionen Franken Entschädigung für die Opfer. Der Bundesrat bietet weniger: Sein indirekter Gegenvorschlag sieht 300 Millionen Franken Entschädigung vor. Allerdings würde das Geld schneller bei den Opfern ankommen.

Daneben soll die Thematik wissenschaftlich aufgearbeitet und Betroffenen der Zugang zu Akten gewährleistet werden, was auch die Initianten fordern. Trotz dem Gegenvorschlag wollen diese das Volksbegehren vorerst nicht zurückziehen.

Zu kleiner Fonds

SP und Grüne fordern einen «substanziell grösseren» Betrag für die Entschädigungen. Sie erwarten, dass die 300 Millionen nicht ausreichen werden, um alle Opfer zu entschädigen.

Je rund 25'000 Franken soll jede und jeder Geschädigte erhalten, darin sind sich Bundesrat und Initiativkomitee einig. Doch der Bundesrat spricht von 12'000 bis 15'000 Opfern, während das Initiativkomitee gestützt auf Historiker von 20'000 Opfern ausgeht.

Würden die 300 Millionen auf 20'000 Opfer verteilt, ergebe das einen zu kleinen Betrag für die Betroffenen, argumentieren die Initianten. 25'000 Franken sind für sie ein Minimum «angesichts der schweren Körperverletzungen, sexuellen Übergriffe, erzwungenen Sterilisationen, administrativen Versorgungen oder Medikamentenversuche.»

Grundsätzliche Kritik am Vorschlag des Bundesrates äussert die SVP. Es sei problematisch, Leid aus einer früheren Zeit mit dem Blickwinkel von heute mit öffentlichen finanziellen Mitteln abzugelten, schreibt die Partei. Dies könne die Ungerechtigkeiten nicht wieder gut machen. Es schmälere das Verantwortungsbewusstsein von Behörden und Politikern.

Kantone begrüssen Freiwilligkeit

Der Bund schlägt ausserdem vor, dass sich auch Kantone und Institutionen freiwillig an den Entschädigungen beteiligen. Die Kantonen begrüssen den Grundsatz der Freiwilligkeit. Nicht jeder Kanton sei gleichermassen betroffen, schreibt die Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren. Auf diese Weise könnten alternative Lösungen ausgearbeitet werden.

Wenig Verständnis zeigt dagegen das Initiativkomitee. Die Kantone hätten früher meist die Zwangsmassnahmen selbst erlassen. Sie müssten daher verpflichtet werden, einen Beitrag zu leisten, kritisieren die Initianten. Keine Entschädigung will der Bauernverband leisten. Er erachtet die Finanzierung als Aufgabe der öffentlichen Hand.

Eine längere Frist fordern die Kantone für das Einreichen der Gesuche. Anstatt sechs Monate soll diese zwei Jahre betragen. Die Anlaufstellen würden mit der Zahl der erwarteten Gesuche überfordert sein, schreiben die Sozialdirektoren. Auch die Grünen verlangen eine längere Frist. Damit soll Geschädigten mehr Zeit eingeräumt werden, ihr Gesuch vorzubereiten.

(cam/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Verdingkindern soll rasch geholfen werden.
Bern - Der Nationalrat beginnt am ... mehr lesen
Durch eine Akteneinsicht erfuhr die Thurgauerin von einem Sparbuch, welches ihr leiblicher Vater für sie anlegte.
Frauenfeld TG - Der Kanton Thurgau zahlt einem ehemaligen Verdingkind 18'000 Franken Entschädigung für ein vor über 60 Jahren verschwundenes Sparheft. Der Verein Netzwerk ... mehr lesen
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
SMON-Opfer, Demonstration gegen Ciba Geigy, Basel 1977.
SMON-Opfer, Demonstration gegen Ciba Geigy, Basel 1977.
Fotografie Noch bis zum 16. Juni in der Galerie BelleVue Basel  Die Ausstellung im BelleVue/Basel präsentiert eine spannende fotografische Reise von den turbulenten 1970er-Jahren bis zur Gegenwart. Dabei bilden Fotografien aus dem Erbe von Kurt Graf/fotolib Basel den Ausgangspunkt. mehr lesen  
Buchhaltung Bern - Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 27. März 2024 beschlossen, die Zinssätze für die ausstehenden Covid-19-Kredite per 31. März 2024 unverändert zu belassen. Für Kredite bis 500'000 Franken sind weiterhin 1,5 Prozent und für Kredite über 500'000 Franken 2 Prozent zu entrichten. mehr lesen  
Import Im vergangenen Jahr hat das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) bedeutende Fortschritte in der ... mehr lesen  
Der Zoll hatte im letzten Jahr mehr zu tun, die Warenimporte stiegen an.
Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Jugendarbeitslosigkeit um 12,9% zu.
Nach den aktuellen Daten des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) verzeichneten die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) Ende Februar 2024 insgesamt ... mehr lesen  
Titel Forum Teaser
  • melabela aus littau 1
    es geht nicht nur um homosexuelle ich bin eine frau und verheiratet mit einem mann. leider betrifft es ... So, 14.08.16 13:18
  • Pacino aus Brittnau 731
    Kirchliche Kreise . . . . . . hatten schon immer ein "spezielles" Verhältnis zu ... Do, 09.06.16 08:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Das wird die Deutschen aber traurig machen. Wenn man keinen Flughafen und keinen Bahnhof ... Mi, 08.06.16 17:49
  • Pacino aus Brittnau 731
    Demokratie quo vadis? Wenn die Demokratie den Stacheldraht in Osteuropa-, einen Wahlsieg von ... Mo, 06.06.16 07:55
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Es... muss darum gehen, die Kompetenz der Kleinbauern zu stärken. Das sorgt ... Do, 02.06.16 13:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Kindeswohl egal! Es geht doch vor allem um die eigenen Kinder der Betroffenen. Die ... Do, 02.06.16 08:10
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Verlust der Solidarität: Verlust der Demokratie! Vollständig und widerspruchsfrei beantworten lässt sich das wohl nicht. ... Mi, 01.06.16 00:18
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Unterstützung "Deshalb sind für die Sozialhilfe 267 Millionen Franken mehr und für ... Di, 31.05.16 10:38
 
Stellenmarkt.ch
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=0&col=COL_3_1
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Fr Sa
Zürich 0°C 13°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wolkig, aber kaum Regen
Basel 5°C 13°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt gewitterhaft
St. Gallen 1°C 9°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wolkig, aber kaum Regen
Bern 0°C 12°C starker Schneeregenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt, Regen
Luzern 1°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt wechselnd bewölkt, Regen
Genf 5°C 14°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt wolkig, aber kaum Regen
Lugano 6°C 8°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig anhaltender Regen anhaltender Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten