In der Euro-Zone hängt der Haussegen schief

publiziert: Mittwoch, 28. Jun 2006 / 08:28 Uhr

Brüssel - Im Euro-Gebiet mit mehr als 300 Millionen Menschen hängt der Haussegen schief.

«Sie finden meine Unterschrift auf den Euro-Banknoten». EZB-Chef Jean-Claude Trichet sieht sich als «Mr. Euro» fest im Sattel.
«Sie finden meine Unterschrift auf den Euro-Banknoten». EZB-Chef Jean-Claude Trichet sieht sich als «Mr. Euro» fest im Sattel.
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Die beiden profiliertesten Vertreter des gemeinsamen Währungsgebiets liegen überkreuz. Der Grund ist ebenso banal wie vertrackt: ein unbeantworteter Brief. Der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Jean-Claude Juncker, schrieb im April an den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, und bat um Strategiegespräche.

Das Ansinnen mag einfach klingen, ist es aber nicht. Dahinter verbirgt sich ein Machtkampf der besonderen Art. Vielleicht blieb auch deshalb eine Antwort aus Frankfurt aus.

Euro-Zone ohne «Chef»

In der Euro-Zone mit zwölf Ländern gibt es keinen «Chef». Der Luxemburg als Premier- und Finanzminister dienende Juncker führt zwar die Euro-Gruppe mit den obersten Kassenhütern. Doch dieser exklusive Zirkel ist noch nicht einmal ein förmliches EU-Organ.

Trichet und seine Notenbank sind hingegen ganz offiziell für die Geldpolitik verantwortlich. Der 63-Jährige sieht sich deshalb als «Mr. Euro» fest im Sattel. «Sie finden meine Unterschrift auf den Euro-Banknoten», pflegt er auf kritische Fragen zu entgegnen.

Der leise sprechende Franzose würde sich nie zu Frontalangriffen auf den zwölf Jahre jüngeren Juncker herablassen. Er lobt sogar dessen «wichtige und schwierige Aufgabe».

Doch in eisiger Kälte liess Trichet unlängst EU-Parlamentarier wissen, er halte die Kontakte mit den Euro-Staaten - und da ist Juncker als dienstältester EU-Regierungschef inbegriffen - für völlig ausreichend. «Die Beziehungen sind sehr eng.» Damit war für Trichet das Thema erledigt.

Kritik an Zinspolitik

Auch ein Krisen-Gespräch zwischen den beiden Kontrahenten beim EU-Gipfel Mitte Juni brachte offensichtlich keine Lösung. Juncker bekräftigte, er wolle auch Fragen, die über das Tagesgeschäft hinausgehen, mit der Bank erörtern.

EU-Währungskommissar Joaquín Almunia soll dabei einbezogen werden. Mit beissender Ironie fügte Juncker hinzu: «Wann immer ich mich nach Frankfurt in Bewegung setze, steht eine Zinserhöhung an.»

Mehrere Euro-Finanzminister hatten in den vergangenen Monaten bemängelt, mit ihrem Drehen an der Zinsschraube belaste die Bank die gerade anspringende Konjunktur und riskiere eine weitere Euro-Aufwertung. Diese ist schädlich für Exporteure.

«Geldpolitik mit Augenmass», so lautet das Motto der Minister. Sie bekommen dabei Rückendeckung vom Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington, der sich gegen starke Veränderungen bei den Leitzinsen ausspricht.

EZB pocht auf Unabhängigkeit

Trichet scheint wegen dieser Mahnungen hinter Junckers Vorstoss weitergehende Absichten zu vermuten, die die vertraglich abgesicherte Unabhängigkeit der Notenbank gefährden könnten.

Trichet bekräftigt deshalb demonstrativ, die Bank werde Inflationsgefahren weiterhin entschlossen entgegentreten - die Geldverknappung ist ein Mittel dazu.

Die Alten gegen die Neuen

Die Spannungen kommen zu einem ungünstigen Moment. Angesichts neuer Erweiterungsrunden um Staaten Mittel- und Osteuropas sowie des Mittelmeerraumes steht die Euro-Zone vor grossen Herausforderungen.

Die Ablehnung des Kandidaten Litauen wegen leicht überhöhter Inflation sorgte auf dem EU-Gipfel zu lauten Debatten. Dabei wurde eine Spaltung deutlich zwischen alten Mitgliedstaaten, die auf strikte Einhaltung der Beitrittskriterien pochen, und neuen Staaten, die auf Einlass in den Euro-Club dringen.

(Christian Böhmer, dpa/sda)

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