Irak-Opferliste wird nach Kritik nicht publiziert

Für den Berner Politologen Andreas Ladner wäre es nicht die Aufgabe der Schweiz gewesen, eine solche Liste zu publizieren, obwohl sie Depositärstaat der Genfer Konvention ist. Die Verknüpfung zwischen diesen Punkten müsse klarer dargestellt werden.

Vielmehr wäre es laut Ladner Sache des IKRK, eine solche Liste zu veröffentlichen. Dennoch sei die Idee nicht schlecht, ein Zeichen gegen den Krieg zu setzen.

Ladner glaubt nicht, dass dieser voreilige Schritt für Calmy-Rey Konsequenzen hat. Aber der Gesamtbundesrat müsste dahinter stehen, sagt er.

Calmy-Reys Öffentliche Diplomatie stehe im Gegensatz zur üblichen, ausgewogenen Diplomatie, die nirgendwo aneckt. Diese sei von der Bevölkerung oft schwer zu verstehen.

Der Entrüstung der Menschen über den Krieg wird so wenig Rechnung getragen. Ladner kann sich vorstellen, dass sich Teile der Bevölkerung mit der emotionalen Art von Calmy-Rey besser identifizieren können.

Auch die Berner Politologin Regula Stämpfli glaubt nicht an Konsequenzen für Calmy-Rey. Doch wenn sie langfristig auf diese Art politisch kommuniziert, könnte sie an ihrem eigenen Stuhl sägen.

Stämpfli sieht die Probleme in der unterschiedlichen Art, wie in der West- und Deutschschweiz kommuniziert wird. In der Westschweiz wird direkter kommuniziert, Ideen werden lanciert. In der Deutschschweiz dagegen würden sofortige Resultate erwartet.

Calmy-Rey wollte mit der Liste auf die Schrecken des Krieges aufmerksam machen. Es gebe schon neun Tage nach Kriegsbeginn viele zivile Opfer, hatte Calmy-Rey in einem im SonntagsBlick veröffentlichten Interview gesagt. Das wichtigste an dieser Liste sei, dass sie einen Überblick gebe.

(bert/sda)