Israels Rechte läuft Sturm gegen Scharon

publiziert: Mittwoch, 28. Mai 2003 / 14:23 Uhr

Jerusalem - Während einer Sitzung seiner Likud-Fraktion nannte Israels Ministerpräsident Ariel Sharon am Montag die Herrschaft über Palästina erstmals "Besatzung". Er hat damit innerhalb der politischen Rechten einen Sturm der Empörung ausgelöst.

Scharon: Die Besatzung ist schlecht für uns.
Scharon: Die Besatzung ist schlecht für uns.
Die Abgeordneten registrierten mit Entsetzen, wie Scharon, der seit Jahrzehnten als Galionsfigur der Rechten gilt, plötzlich das Vokabular des linken Friedenslagers verwendete.

"Die Idee, dass man 3,5 Millionen Palästinenser weiter unter Besatzung halten kann - und man mag dieses Wort nicht mögen, aber es ist eine Besatzung - ist schlecht für uns, die Wirtschaft und die Palästinenser", sagte Scharon mit fester Stimme.

Heftige Reaktionen

Scharon musste während dieser Sitzung vom Montag, bei der er die Billigung des internationalen Friedensplans durch die Regierung verteidigte, wütende Attacken seiner Parteigenossen und alten Weggefährten über sich ergehen lassen.

Der Abgeordnete Michael Razon sprach von einer "Kapitulation vor dem palästinensischen Terror" und nannte den Fahrplan des Nahost-Quartetts (UNO, EU, USA und Russland) "die Hölle". Der konservative Usi Landau höhnte, der Likud sei inzwischen "weiter links als die alte Arbeitspartei Golda Meirs".

So heftig waren die Proteste, dass Scharon am Dienstag einen Rückzieher machte und erklären liess, er sei "nicht richtig verstanden" worden. Mit "Besatzung" habe er nur die Herrschaft über Millionen von Palästinensern gemeint, die Palästinensergebiete seien weiterhin "umstrittene Territorien".

Minister sprechen von "Betrug"

Minister sagten nach der stürmischen Sitzung, sie fühlten sich "betrogen". Scharon habe ihnen versprochen, den Nahost-Friedensplan nach seiner Billigung "langsam aufzulösen". "Und jetzt spricht er wie einer der Führer von 'Schalom Achschaw' (Frieden Jetzt)", sagte ein Minister der Zeitung "Jediot Achronot".

Der Knesset-Veteran David Levy warf Scharon vor, er habe gegenüber den Palästinensern "alles aufgegeben". "Wenn dies jetzt die Linie des Likud ist - dann gibt es keinen Unterschied mehr zwischen dem Likud und der Linken".

Der radikale ehemalige Siedlerführer Eliakim Haezni sagte über Scharon, er sei der "grösste Bauherr" der Siedlerbewegung und gleichzeitig ihr "grösster Zerstörer".

Austritt aus Koalition?

Die ultra-rechte Nationale Union erwägt angesichts der Billigung des Nahost-Plans ein Ausscheiden aus der Koalition. "Wir sind in einer schrecklichen Falle", sagte ein namentlich nicht genannter Führer der Siedlungsbewegung der Zeitung "Maariv".

"Wenn dies eine linke Regierung wäre, würden wir ihr die Hölle heiss machen und sie umgehend stürzen." Nun befürchte man jedoch einen Eintritt der Arbeitspartei in die Koalition, sollte die stark rechtsgerichtete Regierung Scharons auseinander brechen.

Wolf im Schafspelz?

Mit seiner rhetorischen Kehrtwende gibt der Regierungschef auch politischen Beobachtern in Israel Rätsel auf. Ein Kommentator von "Maariv" schrieb am Dienstag von einer öffentlichen "Metamorphose" der rechten Symbolfigur und einem politischen "Erdbeben".

Gleichzeitig betonte er aber: "Niemand weiss mit Sicherheit, ob Scharon sich wirklich in einen Friedensaktivisten verwandelt hat oder ob er der alte Wolf im Schafspelz geblieben ist."

(Sara Lemel/dpa)

 
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