Jürgen W. Möllemann: Politisch isoliert und alleine

publiziert: Donnerstag, 5. Jun 2003 / 17:02 Uhr

Düsseldorf - Noch vor wenigen Monaten hatte Möllemann gescherzt: "Ich weiss, dass einige sehr glücklich darüber wären, sollte sich mein Fallschirm eines Tages nicht öffnen." Aus seinem Zynismus ist bittere Wahrheit geworden und zugleich verdichten sich Gerüchte, dass Möllemann sich womöglich absichtlich in den Tod gestürzt hat.

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Am Donnerstag erreichte das Düsseldorfer Landesparlament die Nachricht vom tödlichen Fallschirmabsturz des 57-Jährigen.

Es war just zu jener Stunde, in der die Staatsanwaltschaft in einer internationalen Durchsuchungsaktion gegen den Ex-Spitzenpolitiker vorging.

Auf Steuerhinterziehung, Betrug und Verstoss gegen das Parteiengesetz lauteten die Vorwürfe, mit denen sich der gebürtige Augsburger nach seinem von der FDP erzwungenen Abschied von der grossen politischen Bühne konfrontiert sah.

Im Düsseldorfer Landtag, der ebenso wie der Bundestag seine Sitzung am Donnerstag wegen Möllemanns Tod unterbrach, hatte sich Möllemann zum letzten Mal bei der Plenarsitzung am Mittwoch sehen lassen. Nach der Schilderung eines seiner Gesprächspartner wirkte der Ex-Liberale "gesundheitlich angeschlagen und irgendwie gedämpft".

Isoliert und alleine

Im Landesparlament hatte der 57-Jährige zuletzt nur noch einen Platz in der letzten Reihe inne - als fraktionsloser Abgeordneter, der politisch als weitgehend isoliert galt.

In der Öffentlichkeit war das politische Scheitern des schnauzbärtigen Münsteraners in der FDP oft als "tiefer Sturz" und "harte Landung" des geübten Fallschirmspringers dargestellt worden - im nachhinein zynisch anmutende sprachliche Bilder, an deren Entstehung Möllemann freilich kräftig mitgewirkt hatte.

Jahrzehntelang setzte Möllemann seine Sportart medienwirksam für seine parteipolitischen Ziele ein. Nachdem sich die FDP zuletzt sein "Projekt 18" zu eigen gemacht hatte, glitt der verheiratete Vater von drei Kindern im Bundestagswahlkampf 2002 gleich mehrfach mit 17 weiteren Fallschirmspringern in blau-gelben Anzügen zu Boden.

Medienprofi

"Ich weiss, dass manche es gerne sähen, wenn sich mein Fallschirm einmal nicht öffnen würde", sagte der Medienprofi Möllemann erst vor wenigen Monaten scherzhaft vor einem kleinen Journalistenkreis.

Damals kämpfte Möllemann gegen seinen drohenden Ausschluss aus der FDP, die ihren früheren Bundes-Vize nach einer ganzen Serie von Skandalen aufs politische Abstellgleis gestellt hatte.

Gerüchte

Vorangegangen waren Möllemanns Antisemitismus-Streit mit dem Zentralrat der Juden und die Veröffentlichung seines israel-kritischen Faltblatts wenige Tage vor der Bundestagswahl. Gerüchte über ein Luxemburger Konto von Möllemann machten die Runde, über das der umstrittene Flyer angeblich finanziert wurde.

Hinzu kamen deutliche Hinweise, dass unter Möllemanns Verantwortung als FDP-Landeschef Spenden auf dem Konto des Landesverbandes falsch verbucht wurden. All dies rief die Staatsanwälte in Düsseldorf und Münster gegen den Ex-Liberalen auf den Plan.

"Kämpfen"

Möllemann wies alle Spekulationen über eine angebliche Finanzierung des Flyers aus dunklen Quellen zurück und warf seinen Gegnern eine Diffamierungskampagne vor. In puncto Spendenaffäre gab er sich zuversichtlich, dass die Ermittlungen seine Unschuld erweisen würden.

Noch in den letzten Wochen vor seinem erzwungenen Rücktritt als FDP-Landeschef im vergangenen Herbst hatte sich Möllemann zuversichtlich gezeigt, sein politisches Schicksal noch einmal aus eigener Kraft zum Guten wenden zu können.

Nach einer Krisensitzung des FDP-Landesvorstands gab der bekennende Fan des Revier-Fussballclubs Schalke 04 damals seine persönliche Parole aus: "Kämpfen, Jürgen, kämpfen." Jürgen Möllemann hat den Kampf verloren.

(Richard Heister/afp)

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