Kaiserschnitt riskant für Babylunge
New York/München - Kaiserschnitt wird oftmals als die problemlose Variante der Geburt dargestellt. Zu Unrecht, zeigt eine am Jahrestreffen der «Society for Maternal-Fetal-Medicine» präsentierte Untersuchung.
Atemnot häufiger
Die Forscher analysierten Geburtsdaten von 2.500 Babys, die zu klein für ihr Alter waren und zwischen der 25. und 34. Schwangerschaftswoche zur Welt kamen. 46 Prozent von ihnen wurden vaginal entbunden, 54 Prozent per Kaiserschnitt. «Bisher ging man davon aus, dass ein Kaiserschnitt in dieser speziellen Situation vielleicht die schonendere Option ist. Das dürfte jedoch falsch sein», so Studienautorin Erika Werner von der Johns Hopkins School of Medicine.
Gegenüber den auf natürliche Weise Entbundenen waren Kaiserschnitt-Babys um 30 Prozent öfters vom Neugeborenen-Atemnotsyndrom betroffen. Dabei handelt es sich um eine ernsthafte Atemstörung, die besonders bei Frühchen auftreten und zu Organschäden führen kann. Auch sonst zeigte die Schnittentbindung keine Vorteile etwa für Blutungen, Krämpfe, Apgar-Werte und Sepsis. «Man sollte in dieser Situation mit dem Arzt ernsthaft diskutieren, ob nicht die Vaginalgeburt vielleicht ebenbürtig oder sogar besser ist», so die Forscherin.
Wasser verbleibt in Lunge
Kaiserschnitt bringt sowohl bei zu kleinen als auch bei reifen Kindern Nachteile für die Lunge, bestätigt Franz Kainer von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe gegenüber pressetext. «Von zwei Kindern, die in der 36. Woche mit 2.700 Gramm zur Welt kommen, hat nur jenes mit Kaiserschnitt Anpassungsstörungen und muss oft tagelang intensiv betreut werden, jenes mit normaler Geburt jedoch nicht. Durch den Stress, der die Wehen der Spontangeburt auf das Kind ausübt, wird die Lungenflüssigkeit bestens resorbiert. Bei der Sectio bleibt sie hingegen in der Lunge», so der Münchner Frauenarzt.
Gynäkologen drängen zu zweitem Kaiserschnitt
Der Frauenarzt spielt für die Entscheidung über die Geburtsmethode eine entscheidende Rolle, zeigt eine weitere auf der Tagung präsentierte Studie. Untersucht wurden Schwangere, die bereits einmal per Kaiserschnitt entbunden hatten und bei denen es nun keine Kontraindikation für eine Vaginalgeburt gab. Der Versuch, beim zweiten Mal doch vaginal zu entbinden, gelingt in 60 bis 80 Prozent der Fälle, sofern medizinisch nichts dagegen spricht.
Die Erhebung machte deutlich: Der Grossteil der Frauen entscheidet sich für die Methode, die laut ihrer Wahrnehmung der Frauenarzt bevorzugt. Zieht der Gynäkologe einen erneuten Kaiserschnitt vor, so versuchen es nur vier Prozent mit einer Vaginalgeburt. Auf 43 Prozent erhöht sich der Anteil der natürlichen Geburten, wenn der Arzt dazu ermuntert. Allgemein wissen besonders die Kaiserschnitt-entbindenden Frauen sehr wenig über Vor- und Nachteile, Risiken und die unterschiedliche Erholungsdauer der beiden Möglichkeiten, zeigte sich.
Beratung fehlt
Kainer stellt fest, dass Gynäkologen meist zu wenig Zeit haben, um Frauen ausreichend zu beraten. «Ein Kaiserschnitt ist für den Frauenarzt stets einfacher, da er besser terminisiert werden kann. Stellt er die Risiken der Vaginalgeburt drastisch dar, so folgt so gut wie jede Frau seinem Rat zum Kaiserschnitt. Doch selbst bei einem früheren Kaiserschnitt stellt eine Vaginalgeburt meist kein erhöhtes Risiko dar - vorausgesetzt, dass bei Komplikationen eine schnelle Sectio-Geburt möglich ist.»
(asu/pte)
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