«Kosovaren schlitzen Schweizer auf!»

Kein Strafverfahren wegen harmlosem «Schlitzer-Inserat»

publiziert: Mittwoch, 11. Sep 2013 / 16:42 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 11. Sep 2013 / 17:11 Uhr
Toni Brunner mit Ziege. (Archivbild)
Toni Brunner mit Ziege. (Archivbild)

Bern - SVP-Nationalrat und Parteipräsident Toni Brunner kann wegen des so genannten «Schlitzer-Inserates» nicht strafrechtlich verfolgt werden. Beide zuständigen Parlamentskommissionen haben es abgelehnt, Brunners parlamentarische Immunität aufzuheben.

4 Meldungen im Zusammenhang
Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates sprach sich mit 6 zu 1 Stimmen bei 5 Enthaltungen gegen die Aufhebung der Immunität aus, wie sie am Mittwoch mitteilte. Sie schloss sich damit der Immunitätskommission des Nationalrates an. Die Kommissionen sind der Meinung, dass die Straftat, die Brunner vorgeworfen wird, nicht so gravierend ist, dass das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung überwiegen würde.

Vor dem Entscheid über die Aufhebung der Immunität müssen die Kommissionen jeweils entscheiden, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der vorgeworfenen Straftat und der amtlichen Tätigkeit besteht. Nur in diesem Fall kann die Immunität Parlamentsmitglieder überhaupt vor Strafverfolgung schützen.

Die Kommissionen sehen in diesem Fall den Zusammenhang als gegeben. Die Ständeratskommission sprach sich mit 8 zu 3 Stimme bei einer Enthaltung für diese Sichtweise aus. Die Präsidenten der grössten politischen Parteien seien alle Mitglieder der Eidgenössischen Räte, hält sie fest. Es sei im Alltag schwierig, die verschiedenen politischen Rollen klar auseinanderzuhalten.

Inserat zur Zuwanderungsinitiative

Zur Debatte stand ein Inserat aus dem Jahr 2011, das die SVP im Verlauf der Unterschriftensammlung zu ihrer Zuwanderungsinitiative schaltete. Das Inserat enthielt den fettgedruckten Satz «Kosovaren schlitzen Schweizer auf!»

Im Text nahm die Partei Bezug auf den Angriff eines Kosovaren auf einen Schweizer Schwinger in Interlaken. Der Kosovare stach dem Schwinger mit einem Messer in den Hals und wurde dafür erstinstanzlich wegen versuchter vorsätzlicher Tötung zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Brunner übernahm als Parteipräsident und Wahlkampfverantwortlicher die Verantwortung für das Inserat.

Einzahl statt Mehrzahl

Weil einige Zeitungen das Inserat in dieser Form ablehnten, änderte die SVP den umstrittenen Satz für diese Zeitungen in «Kosovare schlitzt Schweizer auf!» statt «Kosovaren schlitzen Schweizer auf!». Zwei Kosovaren reichten indes eine Strafanzeige wegen Rassendiskriminierung ein.

Die Berner Staatsanwaltschaft eröffnete ein Verfahren, stellte dieses aber ein. Im Frühjahr entschied das bernische Obergericht dann aufgrund einer Beschwerde, die Staatsanwaltschaft müsse die Vorwürfe untersuchen und das Verfahren einem Gericht überweisen. Die Staatsanwaltschaft ersuchte deshalb um Aufhebung der parlamentarischen Immunität Brunners.

Meistens zugunsten der Beschuldigten

In den meisten Fällen sprechen sich die Parlamentskommissionen gegen eine Aufhebung der Immunität aus, zuletzt etwa im Fall des Zürcher SVP-Nationalrats Alfred Heer, der wegen Äusserungen über tunesische Asylsuchende in der Kritik stand. Eine Ausnahme stellte der Fall Blocher in der Affäre Hildebrand dar: Hier kamen die Parlamentskommissionen zum Schluss, dass Christoph Blocher nicht durch die parlamentarische Immunität geschützt war.

Für Äusserungen im Parlament geniessen Parlamentsmitglieder absolute Immunität vor Strafverfolgung. Relative Immunität geniessen sie für Taten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrem Amt stehen: Ein Strafverfahren kann in diesen Fällen nur mit Ermächtigung der zuständigen Parlamentskommissionen eingeleitet werden. Für alle anderen strafbaren Handlungen sind Parlamentarier nicht vor Verfolgung geschützt.

(dap/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Bern - Die Abstimmung über die ... mehr lesen
Das Inserat sei rassistisch.
Das Berner Obergericht.
Bern - Keine Strafreduktion für den Kosovaren, der im Sommer 2011 in Interlaken einem 44-jährigen Schweizer mit einem Messer in den Hals stach: Das bernische Obergericht hat die ... mehr lesen 2
Bellinzona - Die Berner Strafverfolgungsbehörden müssen gegen ihren Willen das Strafverfahren im Zusammenhang mit dem SVP-Inserat «Kosovaren schlitzen Schweizer auf!» übernehmen. Das Bundesstrafgericht hat im Kompetenzstreit um die Zuständigkeit ein Machtwort gesprochen. mehr lesen  1
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Apple hatte Musikstreaming-Konkurrenten im App Store benachteiligt.
Apple hatte Musikstreaming-Konkurrenten im App Store ...
Musikstreaming-Apps im App Store  Brüssel hat Apple mit einer Geldstrafe in Höhe von 1,8 Milliarden Euro belegt. Laut einer Untersuchung der EU-Kommission hat das US-Unternehmen seine dominante Stellung durch bestimmte Regeln im App Store missbraucht und Konkurrenten im Musik-Streaming-Geschäft behindert. Ein zentraler Punkt ist das allgemeine Verbot von Apple für Entwickler, in ihren Apps auf günstigere Kauf- oder Abonnementmöglichkeiten hinzuweisen. mehr lesen 
Um den Anforderungen der Wirtschaft Genüge zu tun  Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat im Jahr 2023 insgesamt 50 neue oder überarbeitete Berufe genehmigt und ... mehr lesen  
Für die Solarwirtschaft wurden die Berufe «Solarinstallateur/in EFZ», «Solarmonteur/in EBA» eingeführt.
Publinews In der sich ständig weiterentwickelnden Welt der Technik gewinnen Anwendungen oft schnell an Aufmerksamkeit, nur um später wieder von der Bildfläche zu verschwinden. Peppr, einst ein heisses Thema unter Technikbegeisterten, ist ein Beispiel für diesen Trend. Was zeichnete Peppr also aus, und welche Herausforderungen führten zu seinem Niedergang? mehr lesen  
Das KI-erzeugte Bild «A Recent Entrance to Paradise» (2018) ist «Public Domain».
Menschliche Beteiligung ist unerlässlich für KI-generierte Kunstwerke ohne US-Copyright  In zunehmend mehr Bereichen wird die KI-Technologie eingesetzt, jedoch hat ein US-Gericht bestätigt, dass Kunstwerke, die von dieser Technologie erstellt wurden, keinen ... mehr lesen  
Titel Forum Teaser
 
Stellenmarkt.ch
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=0&col=COL_3_1
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Mi Do
Zürich 4°C 17°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt, Regen
Basel 6°C 18°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wolkig, aber kaum Regen
St. Gallen 2°C 14°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt, Regen
Bern 4°C 17°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt, Regen
Luzern 4°C 17°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt, Regen
Genf 6°C 17°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wolkig, aber kaum Regen
Lugano 7°C 18°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt freundlich
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten