Keine Ohrfeige für Bush

publiziert: Donnerstag, 17. Apr 2008 / 11:47 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 17. Apr 2008 / 19:17 Uhr

4 Meldungen im Zusammenhang
Die Schlagzeilen lesen sich für Bush-Gegner sehr erfreulich: Der Papst gibt Bush verbale Ohrfeigen, kritisiert ihn mit klaren Worten, manche finden, der Papst watscht Bush regelrecht ab. Doch es soll sich niemand täuschen: Hier haben sich Zwei gefunden, die auf der gleichen Basis stehen – dem Glauben, dass Vernunft und die Welt wie sie ist hinter den Glauben an eine Welt, wie man sie gerne hätte, zurücktreten muss.

Diese Einigkeit zeigte sich darin, dass George W. Bush in seiner Begrüssung einen Kernsatz des Papstes aufnahm, indem er betonte, dass es wichtig sei, dessen Botschaft «der Diktatur des Relativismus entgegenzutreten», in seiner Nation anzuwenden. Im Endeffekt heisst dies, dass sowohl Bush als auch der Papst dafür plädieren, auf einen absoluten Gottesglauben zurück zu fallen, was Glaubensvielfalt nur noch in dem Sinn zulässt, als dass Andersgläubige eine zu bekehrende Masse sind.

Die kleinere Ironie daran ist wohl, dass der Relativismus, den beide so leidenschaftlich bekämpfen, schon in der anderen Person beginnt, ist Bush doch Mitglied der Methodisten während der Papst bekanntlich Top-Katholik ist. Seine Meinung zu den Protestanten hat der Papst ja schon deutlich Kund getan und bei den ökumenischen Organisationen ziemliches Entsetzen ausgelöst, als er befand, dass die protestantischen keine richtigen Kirchen seien.

In diesem Licht ist die Kritik an George W. Bushs Irak-Politik doppelt interessant und kurios. Man macht es sich vermutlich zu einfach, wenn man Bushs Drang in den Irak nur mit den Ölvorkommen zu erklären versucht. Diese waren sicher mit motivierend aber es dürfte auch die Hoffnung dabei gewesen sei, mit einem Sieg dieser «christlichen» Armee über den zum islamischen Fanatiker hoch stilisierten Saddam Hussein ein Zeichen zu setzen, welches durchaus eine religiöse Komponente beinhaltete.

Als Bush anfangs von einem Kreuzzug redete, erschien dies vielen einfach als eine ungeschickte Wortwahl. Doch wer wendet diesen Ausdruck heute noch in einem militärischen Kontext an? Es ist durchaus möglich, dass er dies tatsächlich im Wortsinn gemeint hat: Wer ständig betont, im Auftrag Gottes zu wirken, zieht für seinen Herrn auch in den Krieg.

Und es soll niemand glauben, dass der Irak-Krieg wirklich so hoch auf der Skala des Papstes steht: Als es um die Empfehlung des heiligen Stuhles für die letzte Präsidentschaftswahl ging, war es dem damaligen Chefinquisitor und heutigen Papst wichtiger, den Kandidaten, der gegen die Legalität der Abtreibung in den USA kämpfte, zu unterstützen als jenen, der gegen den Krieg war. Es heisst, dass Bush diese Unterstützung eine Million Stimmen bescherte, die sonst an Kerry gegangen wären. Bush ist sozusagen ein Präsident von Benedikts Gnaden.

So sind sich beide darin einig, dass der Säkularismus vermutlich die grösste Bedrohung der Menschheit ist und der Papst schafft es tatsächlich, den Kindsmissbrauch durch katholische Priester mit den üblen Einflüssen eines weltlichen Lebensstils zu relativieren.

Die Kritik des Papstes an Bush war keineswegs die schallende Ohrfeige, die viele – vor allem säkulare Medien – gerne gehört hätten. Es war ein sanfter Schlag auf die Finger, so unspezifisch formuliert, dass er ebenso gut als Kritik an den Gegnern von Bush verstanden werden könnte. Erst recht, wenn man seine Haltung zu heissen Themen in den US-Wahlen wie Abtreibung, Homo-Ehen und einer generellen, liberalen Grundeinstellung in Betracht zieht.

Benedikt XVI. ist ein Papst der Restauration und wenn er in einem Wahljahr die USA besucht, dann ist dies ein Symbol für eine Politik die anti-liberal ist und für seine Unterstützung des einzigen konservativen Kandidaten: John McCain.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass dieser davon geredet hat, notfalls auch zehntausend Jahre im Irak Krieg zu führen. Am Ende ist es einfach so, dass diesem Papst ein christlicher Gottesstaat, der blutige Kriege führt, um vieles lieber ist als ein liberaler, unchristlicher Staat, der sich von Konflikten fernhält.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
New York - Papst Benedikt XVI. hat ... mehr lesen
Papst Benedikt XVI. gedachte der 9/11-Terror-Opfer. (Archivbild)
Papst Benedikt XVI. hat vor etwa 20'000 jungen US-Katholiken an seine Jugend im Dritten Reich erinnert.
New York - Papst Benedikt XVI. hat ... mehr lesen
New York - Papst Benedikt XVI. hat am ... mehr lesen
Nicht diskutiert: Bekehrung der Juden als Konfliktpunkt.
Der Papst versprach, für die Opfer und ihre Familien zu beten.
Washington - Bei seinem Besuch in den USA hat Papst Benedikt XVI. sich überraschend mit Opfern pädophiler US-Priester getroffen. Das Oberhaupt der katholischen Kirche habe am Donnerstag ... mehr lesen
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
«Hier hätte ich noch eine ...
In den USA ist bei einer Frau mit Harnwegsinfektion zum ersten mal ein Bakterium aufgetaucht, das gegen das letzte Reserve-Antibiotikum resistent ist. Wer Angst vor ISIS hat, sollte sich überlegen, ob er seinen Paranoia-Focus nicht neu einstellen will. Denn das hier ist jenseits aller im Alltag sonst verklickerten Gefahren anzusiedeln. mehr lesen 4
Durch ungeschickte Avancen von SBB- und Post-Chefs, droht die Service-Public-Initiative tatsächlich angenommen zu werden. Von bürgerlicher Seite her solle laut einem Geheimplan daher ein volksnaher ... mehr lesen
Künftig mindestens 500'000.-- und die ganze Schweiz inklusive: SwissPass, der schon bald mal GACH heissen könnte.
Urversion von IBM's Supercomputer WATSON: Basis für 'ROSS'... und unsere zukünftigen Regierungen?
Eine renommierte US-Kanzlei stellt einen neuen Anwalt Namens Ross ein. Die Aufgabe: Teil des Insolvenz-Teams zu sein und sich durch Millionen Seiten Unternehmensrecht kämpfen. Und nein, ROSS ist kein armes Schwein, sondern ein ... mehr lesen  
In letzter Zeit wurden aus Terrorangst zwei Flüge in den USA aufgehalten. Dies, weil Passagiere sich vor Mitreisenden wegen deren 'verdächtigen' Verhaltens bedroht fühlten. Die Bedrohungen: Differentialgleichungen und ein Telefongespräch auf Arabisch. Sollten Sie also in nächster Zeit in den USA unterwegs sein, hier ein paar Tipps fürs problemlose Reisen. mehr lesen  
Typisch Schweiz Der Bernina Express Natürlich gibt es schnellere Bahnverbindungen in den Süden, aber wohl ...
Highlight der Kollektion: Eine Gibson Les Paul von 1959, die 300.000 bis 500.000 Pfund einbringen soll.
Shopping Mark Knopfler verkauft seine Gitarrensammlung Die Gitarrensammlung vom Dire Straits-Gitarristen Mark Knopfler wird am 31.01.2024 bei Christie's versteigert.
Erstaunliche Pfingstrose.
Jürg Zentner gegen den Rest der Welt.
Jürg Zentner
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: Alles könnte anders sein, aber nichts ändert sich.
Regula Stämpfli seziert jeden Mittwoch das politische und gesell- schaftliche Geschehen.
Regula Stämpfli
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
Patrik Etschmayers exklusive Kolumne mit bissiger Note.
Patrik Etschmayers
Obama in Hanoi mit der Präsidentin der Nationalversammlung, Nguyen Thi Kim Ngan auf einer Besichtigungstour: Willkommenes Gegengewicht zu China.
Peter Achten zu aktuellen Geschehnissen in China und Ostasien.
Peter Achten
Recep Tayyp Erdogan: Liefert Anstoss, Strafgesetzbücher zu entschlacken.
Skeptischer Blick auf organisierte und nicht organisierte Mythen.
Freidenker
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Fr Sa
Zürich 0°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt wolkig, aber kaum Regen
Basel 5°C 14°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
St. Gallen 1°C 9°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt
Bern 0°C 11°C starker Schneeregenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wolkig, aber kaum Regen
Luzern 1°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt wolkig, aber kaum Regen
Genf 5°C 13°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt wolkig, aber kaum Regen
Lugano 6°C 10°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig anhaltender Regen anhaltender Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten