Klimapolitik – ein Auslaufmodell?

publiziert: Donnerstag, 10. Jun 2010 / 09:00 Uhr

Ein langer Winter, ein kaltes Frühjahr - da rückt die globale Erwärmung in weite Ferne, jedenfalls in der Wahrnehmung der Menschen. Dass dieser Winter global gesehen einer der wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war, lässt uns in Europa eher kalt.

Renate Schubert ist Professorin für Nationalökonomie an der ETH Zürich.
Renate Schubert ist Professorin für Nationalökonomie an der ETH Zürich.
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Und dann war da noch die Kopenhagener Klima-Konferenz im letzten Dezember - mit wenig greifbaren Ergebnissen. Viele Länder waren nicht bereit, massive Reduktionen der CO₂-Emissionen einzuleiten und hierfür auch erhebliche Finanzmittel zu aktivieren. Was im Fall drohender Bankenzusammenbrüche oder drohenden Staatsbankrotts geht, scheint im Zusammenhang mit dem globalen Klimawandel undenkbar zu sein.

Kurze Zeithorizonte der Entscheidungsträger

Setzt überhaupt noch jemand auf Klimapolitik? Diese würde uns Geld und Bequemlichkeit kosten, so die Befürchtungen mancher. Und ob sie überhaupt notwendig und wirksam sei, bezweifeln andere. Andererseits zeigen die Erhebungen des World Value Surveys, dass weltweit viele Menschen einer intakten Umwelt oder der Nachhaltigkeit ganz allgemein erheblichen Wert beimessen. Damit wäre eigentlich der Grundstein für die Akzeptanz und den Erfolg von Klimapolitik gelegt.

Nun bedeutet Klimapolitik vor allem die «Dekarbonisierung» unserer Länder, das heisst die Umstellung der Energiesysteme: weg von fossilen Energieträgern wie Öl und Kohle, hin zu erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie. Eine solche Dekarbonisierung würde enorm hohe Investitionen im nächsten Jahrzehnt erfordern, während mit Erträgen in Form einer abgeschwächten Erderwärmung erst viel später gerechnet werden könnte. Da Entscheidungsträgerinnen und -träger auf allen Ebenen in der Regel kurze Zeithorizonte haben, dominiert die Kostenperspektive — und so ist es nicht verwunderlich, dass Klimapolitik nicht sehr beliebt ist, zumal die künftige Erwärmung heute noch nicht sehr spürbar ist.

Ökonomische Krisen und Klimakrise

Die Spürbarkeit der aktuellen ökonomischen Krisen ist eine ganz andere: Sparer und Banken sind unmittelbar in ihrer Existenz bedroht. Da leuchtet es ein, dass die Politik sofort enorme Finanzbeiträge zu Rettung mobilisiert. Würde man einen Bruchteil dieses Geldes in die Dekarbonisierung stecken, wäre schon viel fürs Abbremsen des Klimawandels getan.

Klimapolitik als Mittel zum Zweck

Das Wissen um die gefährlichen Folgen des Klimawandels scheint für eine Mobilisierung von Klimapolitik nicht zu genügen. Eine geeignete Risikokommunikation muss hinzukommen, die die kurzfristigen und die lokalen Vorteile klimapolitischer Massnahmen betont (etwa zusätzliche Arbeitsplätze), die den erkennbaren Wertewandel aufgreift (weg von einer einseitigen Betonung von Wachstum um jeden Preis) und die die individuelle Mit-Verantwortlichkeit für den Zustand des Gesamtsystems unterstreicht.

Ökonomische Krisen scheinen den Wertewandel und den Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit zu forcieren. Dies kann die Klimapolitik stärken und den Effekt von Wetterbeobachtungen und Politikverdrossenheit überdecken. Je länger die ökonomischen Krisen dauern, desto wichtiger wird Klimapolitik zur Sicherung der Akzeptanz massiver staatlicher Ausgabenprogramme werden. Klimapolitik also als Mittel zum Zweck — da darf dann der nächste Winter ruhig wieder kalt sein.

(Renate Schubert/ETH-Zukunftsblog)

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