Kuh oder Hai?

publiziert: Freitag, 17. Jun 2011 / 16:13 Uhr
Kühe töten jedes Jahr ein vielfaches mehr Menschen als Haie...
Kühe töten jedes Jahr ein vielfaches mehr Menschen als Haie...

Dass wir unserem Hirn nicht trauen sollten, wenn es denkt, haben wir ja schon realisiert. Doch noch mehr wie die als Denkvorgänge getarnten Automatismen, können uns unsere Emotionen in die irre Leiten. Vor allem die Angst bringt uns andauernd dazu, Risiken, die keine sind, zu meiden und solche zu ignorieren, die unser Leben in Gefahr bringen.

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Wovor haben Sie mehr Angst: vor Kühen oder vor Haien? Vor den «effizientesten Fress-Maschinen» welche die Evolution hervor gebracht habe, oder vor den sprichwörtlich kuhäugigen Wiederkäuern?

Auch wenn sie wissen, worauf es raus kommt: Vor einem Hai haben sie viel grössere Angst. Obwohl sie vermutlich noch nie einem begegnet sind. Und obwohl weltweit jedes Jahr viel mehr Menschen von Kühen als von Haien getötet werden. Trotzdem gab es nie den Film «Die weisse Kuh». Das passt nicht mit der Wahrnehmung zusammen.

Der Anblick eines zähnestarrenden Kiefers lässt unsere Amygdala, einen kleinen Bereich des Hirns, der für unsere unbewusste Angstreaktion zuständig ist, auf Hochtouren laufen. Der Anblick einer widerkäuenden Kuh hingegen vermag niemanden in Furcht zu versetzen. Selbst wenn Mutterkühe Wanderer Angreifen und die Viecher mit ihren Fürzen das Weltklima belasten, während Haie zum Teil am Rande der Ausrottung durch den Menschen stehen.

Oder ein weiteres Paar: Spinne gegen Fliege. Während es vielfach reicht, eine Spinne in einem Raum zu haben um unter einem Gutteil der Anwesenden eine Hysterie auszulösen, wird eine Fliege nur als etwas lästiges betrachtet ganz einfach, weil wir uns zwar intellektuell aber nicht emotional der Infektionsgefahr, die von einer Fliege, die eben noch auf einem Hundehaufen schmauste und sich jetzt auf unseren Spaghetti, die wir in einem Gartenrestaurant essen, niederlässt, bewusst sind.

Es lässt sich unmöglich sagen, wie viele Leute wegen Fliegen an Durchfall erkranken und womöglich sogar sterben. Aber es sind in jedem Falle viel mehr, als von Spinnenbissen verletzt werden oder gar sterben.

Doch die Spinne zeigt noch ein weiteres Problem der Angst: Angst wird auch durch das Umweltverhalten erzeugt: Arachnophobie ist eine anerzogene Angst, die an vielen Orten unbekannt ist.

Angst ist vor allem eines: Ein Mechanismus, der dazu dient, das Leben eines Tieres zu retten, wenn es in Gefahr ist oder es davon abzubringen, sich in Gefahr zu begeben. Höhenangst ist für einen Menschen recht vernünftig denn er kann nicht fliegen und wird sich bei einem Fall ab einer bestimmten Höhe verletzen oder gar sterben. Flugangst ist eine logische Folge von Höhenangst.

Kommen dann noch traumatische Ereignisse, wie zum Beispiel jene von 9/11 dazu, die zudem noch Wochenlang non stop im Fernsehen gezeigt werden, werden zum Teil tödliche Entscheidungen getroffen, wie zum Beispiel, auf das Flugzeug zu verzichten und das «sichere» Auto zu nehmen. Diese wahrgenommene Risikominimierung hat in Tat und Wahrheit über 2000 Menschen das Leben gekostet - Terror- und Angstopfer, die praktisch nirgends als solche wahrgenommen werden.

Einzelne Todesopfer im alltäglichen Umfeld werden von der Öffentlichkeit nicht wirklich wahr genommen. Es sind die grossen Katastrophen oder Dinge, die uns unheimlich sind (wie Handystrahlen, Gentechnisch veränderte Organismen, Atomkraftwerke), während die Natur und unser tägliches Verhalten (Medikamentenmissbrauch, unsafe Sex, Alkohol am Steuer, Rauchen) als harmlos betrachtet wird.

Vor Handystrahlung Angst zu haben, ist idiotisch. Viel gefährlicher ist es, mit einem Handy am Ohr Auto zu fahren... und nicht wegen der Strahlung. Hingegen sollte sich jeder, der im Tessin, im Jura oder im Bogen Klosters-Bergün-Puschlav wohnt und Angst vor Strahlen hat, überlegen, ob er nicht mal die Radon-Werte in seinem Haus messen lassen und allenfalls eine Entlüftung installieren oder den Boden versiegeln lassen will, denn im Gegensatz zu den Handys erzeugt das dort in grosser Menge vorkommende Radon nachgewiesenermassen Krebs durch Radioaktivität.

Doch dies ist eine Gefahr die einfach existiert, natürlich, still und ohne jemanden, der daran schuld ist. Eine Gefahr, für die wir kein Sensorium haben, eine, bei der Ursache und Effekt sich im Zusammenhang ebenso wenig auf einer emotionalen Ebene erschliessen, wie beim Klimawandel.

Dieser ist - obwohl jedes Jahr neue Beweise für seine Existenz aufgehäuft werden - beinahe wieder aus dem Bewusstsein verschwunden. Nicht zuletzt, weil diverse Lautstark, durch Politiker und Aktivisten (kaum je durch Wissenschaftler), verkündeten Horrorszenarien eingetroffen sind. Auch ist es in unserem innersten aus urmenschlichen Zeiten immer noch tief verankert, dass wir dem Wetter, dem Klima ausgeliefert sind und wir dies nicht beeinflussen können.

So werden nun für die Zeit nach dem Atomausstieg fleissig neue Kohle- und Gaskraftwerke geplant, während konservative Politiker meinen, dass das Klima warten könne und wir keinen Grund hätten, Angst zu haben. Solange es keine Haie regnet, ist alles in Ordnung.

(Patrik Etschmayer/news.ch)

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