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Aussergewöhnliche Menschen
Manuel Rieder: Urban Tarzan
publiziert: Dienstag, 30. Jun 2015 / 17:58 Uhr
Welcome to the Jungle - we've got fun and games! Im Viadukt des Zürcher Kreis 5 ist der «Urban Jungle» los. Und mittendrin ein Label, das nicht besser in dieses Treiben passen könnte: Tarzan Street Fashion. Manuel Rieder und Caesar von Däniken steuern ein ökologisch nachhaltiges Businessmodell, pflegen mit ihrem indischen Lieferanten eine langjährige Freundschaft und unterstützen Street Art.
Dass ihnen der Topkünstler und Grafiker Redl (Frontmann der mittlerweile aufgelösten Kultband Radio 200'000) ein Stück tropischen Regenwald in 3D vor die Hütte zaubert (s. Bild), kommt nicht von ungefähr. Die Tarzan-Labelchefs unterstützen seit 2001, als die Marke das Licht der Welt erblickte, Strassenkunst aus Spraydosen und sonstigem Materialgemisch. Sie sorgten bei ihrer Ankunft im Viadukt Zürich als erste für richtig Leben an der erst etwas unterkühlten Promenade, die mittlerweile gerade am Wochenende ne beliebte Flaniermeile ist.
«Wir produzieren ökologisch und nachhaltig in höchster Qualität - keine seelenlose Massenware!» spriesst es aus Manuel Rieder heraus. «Zu 100% Bio Cotton». Hier steht nicht nur ein weiterer Ladenbesitzer, der sich mit ein bisschen Erb-Geld im Detailhandel verirrt hat, sondern einer, der das, was er tut, lebt - und liebt. Tarzan lassen in europäischen und indischen Familienbetrieben produzieren, pflegen mit ihnen nicht nur eine Businessbeziehung, sondern kümmern sich um ihr Wohl.
Geliefert wird auf dem Wasser- und Schienenweg, bedruckt werden die Kleidungsstücke in einem Baselbieter Wohn- und Werkheim, das Männer mit psychischen und sozialen Problemen Kost, Logie und Tagesstruktur bietet.
Ein Fashionlabel, das sich soziale Verantwortung, Nachhaltigkeit und lokale Kunstförderung auf die Fahne schreibt, ist selten - und darum spannend. Wir sprachen mit Geschäftsführer Manuel Rieder über die hässlichsten Hosen der Geschichte, besetzte Häuser, berufliche Niederlagen und das Geheimnis seines Erfolges.
Woher kommst Du eigentlich?
Baselland.
Wie bist Du aufgewachsen?
Auf dem Lande, bis die Stadt rief...
... und Du Deine ersten Fashion-Faux-Pas produziert hast, richtig?
Ja, das war Mitte der 80er Jahre, Marcel-Scheiner-Hosen und weisse Socken...
Schrecklich! Es gab ja die Hose mit dem weissen Streifen ... und noch schlimmer: die mit dem weissen Seitenblitz! Was hat uns damals bloss geritten? Dann hast Du deinen Businesspartner Caesar also in so ner kessen Scheiner-Blitz-Hose kennengelernt?
Ziemlich sicher ... Wir haben uns in einem besetzten Haus kennengelernt. Wie's dann so geht, sprachen wir dieselbe Sprache und fingen an, abgefahrene Parties im Keller dieses Hauses zu organisieren. Wir drehten auch Kurzfilme mit der Super 8 ...
... wer Filme drehen kann und vor der hässlichsten Jeans der Geschichte nicht zurückschreckt, der bedruckt locker auch eigene T-Shirts ...
Ja! Caesar hatte schon immer T-Shirts mit eigenen Designs für Freunde produziert. Ich fand, daraus könnte man ein Business machen. So haben wir über eine Bekannte bei einem indischen Lieferanten 1000 Shirts bestellt und in meiner Küche mit Siebdruck bedruckt. Der indische Lieferant ist übrigens immer noch unser Partner, und daraus hat sich sogar eine Freundschaft entwickelt. Wir besuchen ihn ab und zu. T-Shirts bedruckten wir aber nicht mehr selber.
Das gibt's ja selten, solche Lieferantenbeziehungen.
Stimmt. Es ist auch wegen solchen Gegebenheiten alles organisch gewachsen. Nach den Shirts kamen Hoodies dazu, später Jacken, Hemden, etc. Wir haben das produziert, was wir tragen wollten.
Spätestens mit der Professionalisierung musstest Du ein zuverlässiges grösseres Produzentennetzwerk haben.
Das ist in der Tat ein Knackpunkt, wenn man ein Label startet. Wir hatten ein gutes Netzwerk, das uns an die richtigen Produzenten vermittelte.
Die mussten auch eure Vorgabe der Nachhaltigkeit einhalten, welche sich - sprichwörtlich - wie ein roter Faden durch den Marktauftritt von Tarzan zieht. Marktchance oder Überzeugung?
Überzeugung, von Anfang an. Unsere Bio Cotton Shirts haben wir seit über zehn Jahren im Sortiment. Lange vor dem ganzen Hype. Bedruckt werden unsere Artikel seit Beginn in einem Wohn- und Werkheim im Baselbiet für alkoholkranke Männer.
Das viele schon gar nicht betreten würden - aus Angst oder Unsicherheit. Umso mehr Gewicht hat euer Engagement in der Sache. A propos Bio: was sind die Ökotrends der Stunde?
Produktion vor Ort. Sprich: wenn möglich, in der Schweiz - wie unsere Druckerei. Oder sonst eine Produktion in Europa, wir haben hervorragende Lieferanten in Portugal. Auch Materialien wie Leinen gewinnen an Wichtigkeit. Ihre Ökobilanz gegenüber Baumwolle ist sehr viel besser, und Flachs wächst in Europa.
Ihr habt Läden in Basel und Zürich. Welches ist der immer so gross diskutierte Unterschied dieser Städte? Gibt's einen modischen?
Klar. Und sorry an alle Basler: aber Zürich ist einfach modischer, mutiger, offener und trendiger. Wir passen unser Sortiment den Läden an. Auch unser Shop in Grindelwald wurde auf die lokalen Bedürfnisse angepasst.
Wer verkauft mehr? Zürich oder Basel?
Zürich.
Bist Du allgemein zufrieden mit der Performance?
Der Detailhandel ist zur Zeit kein Zuckerschlecken. Einkaufstourismus, vor allem in Basel, macht auch uns zu schaffen. Die grossen Online-Ketten haben ein breites Angebot, da wandern manche Kunden ab ins Netz. Aber wir bleiben dran, suchen ständig neue Brands und Lifestyle-Artikel für unsere Shops. Man muss dem Markt immer eine Nasenlänge voraus sein, dann ist das Einkaufen im Laden für den Kunden auch ein Erlebnis.
Gibt's Tarzan bald auch wieder im Ausland zu kaufen? In Berlin vielleicht?
Das war früher so. Wir belieferten ca. fünfzig Stores in Europa - bis wir eines Tages eine Schadenersatzklage von einer halben Million Euro am Hals hatten. Da wir «Tarzan Street Fashion» nur für die Schweiz registriert hatten, nicht aber für Europa. Somit mussten wir uns umgehend zurückziehen. Das war hart.
Logisch. Start-Up-Lehrgeld halt ... Was würdest Du heute einem jungen Textilunternehmer raten?
Es ist schwieriger geworden, der Textilmarkt ist enorm umkämpft. Aber probieren kann man es alleweil. Nach dem Umfallen immer wieder aufstehen - beim 31. Mal klappt es dann.
Und eitel sollte man dabei auch nicht sein - bist Du eitel?
Ne.
Weshalb gibt?s Tarzan trotz den Rückschlägen heute in einer derart vitalen Form noch? Was ist dein Erfolgsgeheimnis?
Immer etwas flexibel bleiben, dann überlebt man auch den argsten Sturm.
Wie ist eigentlich die Kooperation mit Redl entstanden? Er malte Dir ja ein solides Tropenloch vor die Ladentüre.
Redl ist ein toller Künstler. Sein 3D-Bild vom Dschungel passt perfekt zu Tarzan, zu unserer Verbindung mit Street Art und dem Sommerfestival «Urban Jungle» im Viadukt. Das Bild muss man gesehen haben ... eine Wucht!
Man kann sich nun auf dem 3D-Kunstwerk fotografieren lassen - ein Farbtupfer auf jedem Facebook-Account.
«Wir produzieren ökologisch und nachhaltig in höchster Qualität - keine seelenlose Massenware!» spriesst es aus Manuel Rieder heraus. «Zu 100% Bio Cotton». Hier steht nicht nur ein weiterer Ladenbesitzer, der sich mit ein bisschen Erb-Geld im Detailhandel verirrt hat, sondern einer, der das, was er tut, lebt - und liebt. Tarzan lassen in europäischen und indischen Familienbetrieben produzieren, pflegen mit ihnen nicht nur eine Businessbeziehung, sondern kümmern sich um ihr Wohl.
Geliefert wird auf dem Wasser- und Schienenweg, bedruckt werden die Kleidungsstücke in einem Baselbieter Wohn- und Werkheim, das Männer mit psychischen und sozialen Problemen Kost, Logie und Tagesstruktur bietet.
Ein Fashionlabel, das sich soziale Verantwortung, Nachhaltigkeit und lokale Kunstförderung auf die Fahne schreibt, ist selten - und darum spannend. Wir sprachen mit Geschäftsführer Manuel Rieder über die hässlichsten Hosen der Geschichte, besetzte Häuser, berufliche Niederlagen und das Geheimnis seines Erfolges.
Woher kommst Du eigentlich?
Baselland.
Wie bist Du aufgewachsen?
Auf dem Lande, bis die Stadt rief...
... und Du Deine ersten Fashion-Faux-Pas produziert hast, richtig?
Ja, das war Mitte der 80er Jahre, Marcel-Scheiner-Hosen und weisse Socken...
Schrecklich! Es gab ja die Hose mit dem weissen Streifen ... und noch schlimmer: die mit dem weissen Seitenblitz! Was hat uns damals bloss geritten? Dann hast Du deinen Businesspartner Caesar also in so ner kessen Scheiner-Blitz-Hose kennengelernt?
Ziemlich sicher ... Wir haben uns in einem besetzten Haus kennengelernt. Wie's dann so geht, sprachen wir dieselbe Sprache und fingen an, abgefahrene Parties im Keller dieses Hauses zu organisieren. Wir drehten auch Kurzfilme mit der Super 8 ...
... wer Filme drehen kann und vor der hässlichsten Jeans der Geschichte nicht zurückschreckt, der bedruckt locker auch eigene T-Shirts ...
Ja! Caesar hatte schon immer T-Shirts mit eigenen Designs für Freunde produziert. Ich fand, daraus könnte man ein Business machen. So haben wir über eine Bekannte bei einem indischen Lieferanten 1000 Shirts bestellt und in meiner Küche mit Siebdruck bedruckt. Der indische Lieferant ist übrigens immer noch unser Partner, und daraus hat sich sogar eine Freundschaft entwickelt. Wir besuchen ihn ab und zu. T-Shirts bedruckten wir aber nicht mehr selber.
Das gibt's ja selten, solche Lieferantenbeziehungen.
Stimmt. Es ist auch wegen solchen Gegebenheiten alles organisch gewachsen. Nach den Shirts kamen Hoodies dazu, später Jacken, Hemden, etc. Wir haben das produziert, was wir tragen wollten.
Spätestens mit der Professionalisierung musstest Du ein zuverlässiges grösseres Produzentennetzwerk haben.
Das ist in der Tat ein Knackpunkt, wenn man ein Label startet. Wir hatten ein gutes Netzwerk, das uns an die richtigen Produzenten vermittelte.
Die mussten auch eure Vorgabe der Nachhaltigkeit einhalten, welche sich - sprichwörtlich - wie ein roter Faden durch den Marktauftritt von Tarzan zieht. Marktchance oder Überzeugung?
Überzeugung, von Anfang an. Unsere Bio Cotton Shirts haben wir seit über zehn Jahren im Sortiment. Lange vor dem ganzen Hype. Bedruckt werden unsere Artikel seit Beginn in einem Wohn- und Werkheim im Baselbiet für alkoholkranke Männer.
Das viele schon gar nicht betreten würden - aus Angst oder Unsicherheit. Umso mehr Gewicht hat euer Engagement in der Sache. A propos Bio: was sind die Ökotrends der Stunde?
Produktion vor Ort. Sprich: wenn möglich, in der Schweiz - wie unsere Druckerei. Oder sonst eine Produktion in Europa, wir haben hervorragende Lieferanten in Portugal. Auch Materialien wie Leinen gewinnen an Wichtigkeit. Ihre Ökobilanz gegenüber Baumwolle ist sehr viel besser, und Flachs wächst in Europa.
Ihr habt Läden in Basel und Zürich. Welches ist der immer so gross diskutierte Unterschied dieser Städte? Gibt's einen modischen?
Klar. Und sorry an alle Basler: aber Zürich ist einfach modischer, mutiger, offener und trendiger. Wir passen unser Sortiment den Läden an. Auch unser Shop in Grindelwald wurde auf die lokalen Bedürfnisse angepasst.
Wer verkauft mehr? Zürich oder Basel?
Zürich.
Bist Du allgemein zufrieden mit der Performance?
Der Detailhandel ist zur Zeit kein Zuckerschlecken. Einkaufstourismus, vor allem in Basel, macht auch uns zu schaffen. Die grossen Online-Ketten haben ein breites Angebot, da wandern manche Kunden ab ins Netz. Aber wir bleiben dran, suchen ständig neue Brands und Lifestyle-Artikel für unsere Shops. Man muss dem Markt immer eine Nasenlänge voraus sein, dann ist das Einkaufen im Laden für den Kunden auch ein Erlebnis.
Gibt's Tarzan bald auch wieder im Ausland zu kaufen? In Berlin vielleicht?
Das war früher so. Wir belieferten ca. fünfzig Stores in Europa - bis wir eines Tages eine Schadenersatzklage von einer halben Million Euro am Hals hatten. Da wir «Tarzan Street Fashion» nur für die Schweiz registriert hatten, nicht aber für Europa. Somit mussten wir uns umgehend zurückziehen. Das war hart.
Logisch. Start-Up-Lehrgeld halt ... Was würdest Du heute einem jungen Textilunternehmer raten?
Es ist schwieriger geworden, der Textilmarkt ist enorm umkämpft. Aber probieren kann man es alleweil. Nach dem Umfallen immer wieder aufstehen - beim 31. Mal klappt es dann.
Und eitel sollte man dabei auch nicht sein - bist Du eitel?
Ne.
Weshalb gibt?s Tarzan trotz den Rückschlägen heute in einer derart vitalen Form noch? Was ist dein Erfolgsgeheimnis?
Immer etwas flexibel bleiben, dann überlebt man auch den argsten Sturm.
Wie ist eigentlich die Kooperation mit Redl entstanden? Er malte Dir ja ein solides Tropenloch vor die Ladentüre.
Redl ist ein toller Künstler. Sein 3D-Bild vom Dschungel passt perfekt zu Tarzan, zu unserer Verbindung mit Street Art und dem Sommerfestival «Urban Jungle» im Viadukt. Das Bild muss man gesehen haben ... eine Wucht!
Man kann sich nun auf dem 3D-Kunstwerk fotografieren lassen - ein Farbtupfer auf jedem Facebook-Account.
(Sascha Plecic/news.ch)
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