«Mata Hari» auf der Musicalbühne

Nun tanzt, hurt, schwindelt, verführt und spioniert die angebliche Spionin Mata Hari (1876-1917) auch auf dem Musicalmarkt. Bei der Uraufführung am Theater im deutschen Heilbronn konnte das gleichnamige Werk um Leben und Sterben der Femme fatale zwar nicht von den Sitzen reissen.

Doch das knapp zweieinhalbstündige Musical nach dem Buch der jungen Hamburger Autorin Stefanie Taschinski fügt geschickt Witz, Wort, Gesang und Geschichte zu einem durchaus sehenswerten Werk zusammen. Für die angenehme Abwechslung zum alltäglichen Musical- Mischmasch erhielten Ensemble und Theaterteam am Samstagabend starken Applaus.

Spionage für Deutsche und Franzosen

Als egozentrisches und naives, lebenslustiges, verführendes und schliesslich verführtes Superweib stellt Taschinski ihre Mata Hari vor. Im chronologisch aufgebauten Stück liegt Mata Hari, die eigentlich Margaretha Geertruida MacLeod hiess, bereits in den ersten Szenen ganz Paris zu Füssen.

Der Erste Weltkrieg setzt diesem Aufstieg zunächst ein vorzeitiges Ende. Die Lebedame lässt sich vom Angebot der gut honorierten Spionage zunächst für die Deutschen, dann für die Franzosen verlocken.

Doch ihre Arbeit ist von Dilettantismus geprägt. Sie gerät zunehmend ins Fadenkreuz der Geheimdienste, wird schliesslich als Bauernopfer festgenommen, im Schnellprozess verurteilt und 1917 in Vincennes als Agentin «H 21» von einem Hinrichtungskommando erschossen - unschuldig, wie sich nach Freigabe der Untersuchungsakten beweisen liess.

Kitsch und Klamauk

Auch als Musical vermag die Geschichte ihre Spannung zu behalten. Eine Prise Witz darf bei Taschinski ebenso wenig fehlen wie Zynismus angesichts des elitären Lebensstils der opportunistischen Pariser Salons.

Die bewegende Zeitgeschichte wird im Textbuch mit den Auftritten von Zeitungsjungen verflochten, die Schlagzeilen zitieren, oder durch Kommentare in den Dialogen aufgerollt.

Die Musik von Andreas Thiele und Christoph Althoff, die den vornehmlich gesprochenen Abend begleitet, ist eingängig, rutscht aber musicaltypisch immer wieder ins Reich von Kitsch und leichtem Klamauk.

(Martin Oversohl/sda)