McCain stimmt in Obamas Schlachtruf ein

publiziert: Freitag, 5. Sep 2008 / 10:05 Uhr / aktualisiert: Freitag, 5. Sep 2008 / 10:24 Uhr

St. Paul - Als John McCain seine Rede beendet hatte, zog die Parteitagsregie alle Show-Register - 300 Pfund Glitzer-Konfetti entluden sich von der Decke in St. Paul, 300'000 Luftballons schwebten herab.

Politischer Spagat mit 72 Jahren: Konservative Politik, aber Abgrenzung von George W. Bush; Neubeginn und Wandel, obwohl Politikveteran.
Politischer Spagat mit 72 Jahren: Konservative Politik, aber Abgrenzung von George W. Bush; Neubeginn und Wandel, obwohl Politikveteran.
8 Meldungen im Zusammenhang
Doch das Party-Beiwerk passte nicht so recht zu der nüchternen, nachdenklich vorgetragenen Rede, mit der sich der Senator eben seinen Republikanern als Präsidentschaftskandidat vorgestellt hatte.

Ohne jedes Pathos präsentierte sich McCain als Reformer, der einen politischen Neubeginn will. «Der Wandel wird kommen», versprach McCain. Es klang wie ein leiser Widerhall seines Gegners Barack Obama, der «Wandel» zum beherrschenden Schlagwort des Jahres gemacht hatte.

McCain war unter dem Druck eines doppelten Dilemmas ans Rednerpult getreten: Er musste sich von seinem unpopulären Parteifreund George W. Bush abgrenzen, ohne dessen verbliebene Anhänger zu verprellen. Und er musste - obwohl Politikveteran - auch den ausgeprägten Wunsch vieler Wähler nach einem Neubeginn bedienen.

«Das Vertrauen verloren»

McCain versuchte dies mit ehrlicher Kritik an der Bilanz seiner eigenen Partei: «Wir haben das Vertrauen der Amerikaner verloren», sagte er. «Wir waren gewählt worden, um Washington zu ändern, doch Washington hat uns geändert.»

Die strenge Worte liessen es einen Moment ganz still im Saal werden. Anders als Obama redete McCain leise, so als halte er direkte Zwiesprache mit dem Wähler. Anders als seine Vizekandidatin Sarah Palin am Vorabend brachte McCain damit den Saal aber nicht wirklich zum Kochen.

Klage über Establishment

Von der Bürde der Unbeliebtheit Bushs versuchte sich McCain zu befreien, indem er in die Klagen vieler Wähler über das politische Establishment in Washington einstimmte. Dort werde eine Politik praktiziert, die «alt, verschwenderisch, untätig, eigennützig» sei.

Mit Parteiengezänk und Filzskandalen werde er Schluss machen, versprach McCain. Seine Rede sei als «Vorwarnung an die Washingtoner Meute» zu verstehen, dass bald ein anderer Wind wehe.

Für McCain ist es ein argumentativer Balanceakt, über dessen Gelingen auch nach dieser Nacht noch nicht entschieden ist: Obwohl seit Jahren einer der bekanntesten Washingtoner Politiker, gibt sich McCain als Aussenseiter.

«Eigener Rhythmus»

Immer wieder betonte er in seiner Rede seinen Ruf als Querdenker. «Ich marschiere zu meinem eigenen Rhythmus», sagte er. «Ich arbeite nicht für eine Partei, sondern für Sie.»

Die Republikaner präsentierten sich auf dem viertägigen Konvent denn auch wie eine Partei, die Distanz zu sich selbst suchte. McCain erwähnte den Namen George W. Bush kein einziges Mal.

In seiner Rede schnitt der Kandidat viele Themen an. Die Wirtschaftsflaute, laut Umfragen das wichtigste Thema der Wähler, erwähnte er aber nur kurz. Wie genau er sich als Präsident von Bush unterscheiden würde, führte er nicht aus.

Applaus für Vietnam-Erinnerungen

McCains machtvollstes Argument für seine Person war auch an diesem Abend möglicherweise die Erinnerung an seine fünfjährige Kriegsgefangenschaft in Vietnam. «Ich habe mein Land lieben gelernt, als ich in einem anderen gefangen war» sagte er.

Die Geschichte ist hinlänglich bekannt, doch hat sie immer noch das Potenzial, stehene Ovationen hervorzurufen. Mit einem Schlachtruf verabschiedete sich der alte Krieger von seinem Parteitag: «Steht auf und kämpft mit mir!» Die Delegierten bedankten sich mit dem lautesten Beifall des Abends.

(Peter Wütherich/afp)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Das Rennen ums Weisse Haus ist völlig offen.
Washington - John McCain ist bekanntlich kein begnadeter Redner, mitunter verwechselt er Sudan mit Somalia. Im Vergleich dazu fiel die Rede des republikanischen ... mehr lesen 1
St. Paul - Zum Abschluss des ... mehr lesen
John McCain versuchte sich in seiner Rede von George W. Bush abzugrenzen.
Etschmayer Die Auswahl seines «Running Mate» überraschte alle. Als John McCain die alaskische Gouverneurin Sarah Palin als die Vizepräsidentin seiner Wahl vorste ... mehr lesen 
Barack Obama spricht im Internet besonders die jungen Wähler an.
Berlin - Der Kampf um die US-Präsidentschaft geht nicht nur in der realen politischen Welt in die entscheidende letzte Runde. Auch im Internet versuchen die Spitzenkandidaten für das ... mehr lesen
Weitere Artikel im Zusammenhang
St. Paul - Die US-Republikaner haben an ihrem Parteitag den 72-jährigen Senator ... mehr lesen
McCain erhielt mehr als die nötigen 1191 Delegiertenstimmen.
Das Programm stand unter dem Motto «Dienst (an unserem Land)».
St. Paul - Nach einem gedämpften Auftakt wegen des Hurrikans «Gustav» kommt der Wahlparteitag der US-Republikaner langsam in Schwung. Präsident George W. Bush würdigte den ... mehr lesen
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Usher hatte Hunger und griff zum Präsidentschaftskandidatenschokoriegel.
Usher hatte Hunger und griff zum ...
New York - Wer würde sich trauen Barack Obama einen Schokoriegel zu klauen? Usher! mehr lesen 2
Etschmayer Die Reaktionen auf die Amtseinführung von Barack Obama in Europa sind positiv und voller Hoffnung. Dies vor allem, weil George W. Bush weg ist und end ... mehr lesen   1
CNN-News Washington - Wir können es immer noch nicht glauben, langsam gewöhnen wir uns aber an den Gedanken, dass es einen afroamerikanischen US-Präsidenten ... mehr lesen  
Der 44. US-Präsident Barack Obama.
US-Präsident Barack Obama betonte in seiner Antrittsrede den amerikanischen Führungsanspruch in der Welt.
Washington - Vor Millionen begeisterten Menschen in Washington und Milliarden TV-Zuschauern rund um den Globus hat Barack Obama seinen Amtseid als ... mehr lesen  
Titel Forum Teaser
  • keinschaf aus Wladiwostok 2826
    belustigend peinlich Das kommt schon fast in die Nähe der Verwechslung von Oekonomie mit ... Mi, 28.12.16 01:21
  • Unwichtiger aus Zürich 11
    Grammatik? Wie kann Stoltenberg denn Heute schon wissen, welche Entscheidungen am ... Sa, 22.10.16 10:59
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Der phallophile Blick eines cerebrophoben Schäfleins! Frau Stämpfli schrieb am Ende ... Mo, 26.09.16 17:32
  • keinschaf aus Wladiwostok 2826
    phallophobe Geschichtsrückblicke "Und die grösste Denkerin des 21. Jahrhunderts? Verdient ihr Geld mit ... Sa, 13.08.16 17:48
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Alle Demonstranten gefilmt. Der Erdogan lässt doch keine Domo gegen sich zu! Die ... Di, 21.06.16 16:42
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Konzernrecht? Konzernpfusch! Was ist denn das? Konzerne werden vorwiegend von Vollidioten geführt. ... Fr, 10.06.16 17:49
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Das wird die Deutschen aber traurig machen. Wenn man keinen Flughafen und keinen Bahnhof ... Mi, 08.06.16 17:49
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Der... Daesh (IS) kommt immer mehr unter Druck. Davon sind inzwischen auch ... Do, 02.06.16 19:22
Jonathan Mann moderiert auf CNN International immer samstags, um 20.00 Uhr, die US- Politsendung Political Mann.
CNN-News Was würde «Präsident Trump» tatsächlich bedeuten? Noch ist absolut nichts sicher, doch es ...
 
Stellenmarkt.ch
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=0&col=COL_3_1
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Sa So
Zürich 4°C 19°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt
Basel 7°C 19°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig gewitterhaft wechselnd bewölkt
St. Gallen 4°C 19°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt
Bern 4°C 19°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wolkig, aber kaum Regen
Luzern 6°C 19°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt
Genf 10°C 21°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen trüb und nass
Lugano 8°C 12°C anhaltender Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig anhaltender Regen anhaltender Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten