Sterbehilfe

Menschenrechtsgericht: Sterbehilfe für Koma-Patienten

publiziert: Mittwoch, 7. Jan 2015 / 16:53 Uhr
Jemandem den erwünschten Tod ermöglichen.
Jemandem den erwünschten Tod ermöglichen.

Strassburg - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sich mit der Frage befasst, ob passive Sterbehilfe für einen 38-jährigen querschnittsgelähmten Franzosen mit dem Grundrecht auf Schutz des Lebens vereinbar ist. Der Entscheid wird frühestens in einem Monat erwartet.

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Die 17 Richter der Grossen Kammer in Strassburg prüften die Klage der strenggläubigen, katholischen Eltern von Vincent Lambert, die eine Sterbehilfe für ihren Sohn verhindern wollen. Die Eltern wehren sich gegen eine Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichts Frankreichs.

Dieses hatte im Juni passive Sterbehilfe für den seit einem Verkehrsunfall im Jahr 2008 mit schweren Hirnverletzungen im Wachkoma liegenden Franzosen bewilligt. Der so genannte Staatsrat gab damit einem Antrag der Frau und mehrerer Geschwister sowie der Ärzte Lamberts statt.

Der Rechtsvertreter der Pariser Regierung verteidigte diese Entscheidung. Der Zustand des 38-Jährigen habe sich seit dem Jahr 2011 deutlich verschlechtert, sagte der Leiter der Rechtsabteilung des Pariser Aussenministeriums, François Alabrune. Lambert befinde sich in einem vegetativen Zustand, es gebe keine Anzeichen für eine Verbesserung.

Ohne Bewusstsein und Willen

Unter diesen Umständen die künstliche Ernährung fortzusetzen, wäre «nicht zumutbar», sagte der Jurist. Lambert habe nach Angaben seiner Frau und anderer Angehöriger lebensverlängernde Massnahmen um jeden Preis abgelehnt.

Sollten die Strassburger Richter die Klage der Eltern abweisen, könnten die französischen Behörden die Entscheidung des Staatsrats umsetzen und die künstliche Ernährung beenden.

Die Rechtsvertreter der Frau und mehrerer Geschwister Lamberts forderten ein Ende «dieser juristischen und therapeutischen Versessenheit». Der 38-Jährige sei nicht bei Bewusstsein, er habe keinen Willen mehr, sagte die Anwältin Madeleine Munier-Apaire.

Niemand, auch nicht ein Vater oder eine Mutter, könne über das Leben eines anderen Menschen entscheiden. «Es ist Zeit, Vincent Lambert gehen zu lassen.»

Nicht unumkehrbar?

Im Namen der Eltern sagte deren Anwalt Jean Paillot, auch Kranke in einem vegetativen Zustand seien menschliche Wesen, deren Rechte geachtet werden müssten. Dies gelte genauso für die rund 1700 Patienten, die sich in Frankreich in einer ähnlichen Lage befänden.

Es gehe um die Würde aller Behinderten. Vincent Lambert sei zwar schwer behindert, aber sein Zustand sei nicht zu 100 Prozent unumkehrbar. Mit Einstellung der künstlichen Ernährung würde er getötet. «In Wahrheit geht es um Euthanasie.»

Der Fall Vincent Lambert gab in Frankreich der Debatte über Sterbehilfe neue Nahrung. Am 21. Januar soll die Pariser Nationalversammlung über das Thema diskutieren.

Dabei geht es um Reformvorschläge, die zwei Abgeordnete - ein Sozialist und ein Konservativer - im Auftrag von Staatschef François Hollande erarbeiteten. Sie sprechen sich gegen aktive Sterbehilfe aus, etwa durch das Verabreichen einer tödlichen Dosis von Medikamenten.

Der Verlust des Bewusstseins

Zugleich fordern die Autoren aber für todkranke Patienten das Recht auf eine dauerhafte, zum Bewusstseinsverlust führende Medikamentenbehandlung bis zum Tod. Bei Kranken etwa mit künstlicher Ernährung soll dies mit der Abschaltung der Maschinen einhergehen. Solche Massnahmen werden als indirekte Sterbehilfe eingestuft. Nach der Debatte will die Pariser Linksregierung einen Gesetzentwurf erarbeiten. Eine Frist gibt es dafür nicht.

(awe/sda)

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