Unbewusstes lernen

Menschliches «Sprachgen» macht Mäuse schlauer

publiziert: Mittwoch, 17. Sep 2014 / 08:23 Uhr
Die Mäuse mit der menschlichen Version von FOXP2 lernten das Futter schneller zu finden als die anderen Tiere. (Symbolbild)
Die Mäuse mit der menschlichen Version von FOXP2 lernten das Futter schneller zu finden als die anderen Tiere. (Symbolbild)

Cambridge - MIT-Forscher haben Mäusen die menschliche Version des «Sprachgens» FOXP2 verabreicht. Mäuse, die über das Gen verfügten, konnten eine Aufgabe automatisch oder unbewusst erlernen.

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Ein derartiges Lernen ist zum Beispiel erforderlich, um sich den neuen Weg zur Arbeit zu merken. Laut dem Team um Ann Graybiel legen diese Ergebnisse gemeinsam mit anderen Studien nahe, dass das Gen hilft, Tätigkeiten als Kind zu erlernen - und zwar über eine unbewusste Kontrolle der Lippen und Zunge.

Einbau bei Schimpansen fraglich

FOXP2 gilt als das im Zusammenhang mit der Entwicklung des Gehirns am besten erforschte Gen. Es wurde in den 1990er-Jahren in einer britischen Familie entdeckt, deren Mitglieder aufgrund einer Mutation unter schweren Sprachbehinderungen litten. Es zeigte sich, dass FOXP2 einen Transkriptionsfaktor kodiert, also ein Protein, das die Aktivität anderer Gene reguliert und das während der embryonalen Entwicklung im Gehirn aktiv ist.

Der Vergleich des Genoms von Menschen und Schimpansen hat ergeben, dass seit der Spaltung der Entwicklung der beiden zwei entscheidende Mutationen dieses Gens stattgefunden haben. Die Forscher nehmen an, dass diese Mutationen eine Rolle bei der Sprachentwicklung des Menschen gespielt haben. Die grosse Frage ist, was passieren würde, wenn die menschliche Version dieses Gens Schimpansen verabreicht wird.

Auch wenn sich durch diesen Eingriff womöglich die stimmlichen Möglichkeiten verändern würden, ist diese Frage bis auf Weiteres nicht zu beantworten, da ethische Vorbehalte ein derartiges Forschungsvorhaben nicht zulassen. Die menschliche Version des Gens wurde jedoch Mäusen verabreicht. Es verändert ihre Gehirne auf vielfache Weise. Betroffen sind vor allem die neuronalen Netzwerke, die beim Lernen eine Rolle spielen. Bis jetzt war allerdings unklar, welche Folgen es auf das Verhalten und die Intelligenz geben könnte.

Mäuse finden schneller Futter

Die Wissenschaftler führten für die aktuelle Studie Tests durch, bei denen Mäuse ein T-förmiges Labyrinth durchqueren mussten, um eine Belohung in Form von Futter zu erhalten. Das Labyrinth konnte verändert werden, um unbewusstes und bewusstes Lernen abzutesten. Manchmal wurde das Futter so platziert, dass die Tiere immer in die gleiche Richtung laufen mussten, um es zu finden.

Dieser Vorgang wird mit einem automatischen Lernen in Zusammenhang gebracht. In anderen Fällen wurde das Futter an anderen Stellen positioniert. Visuelle Anhaltspunkte lieferten Hinweise auf das jeweilige Versteck. Zumindest beim Menschen erfordert das Finden dann bewusste Gedankenarbeit.

Die Mäuse mit der menschlichen Version von FOXP2 lernten das Futter schneller zu finden als die anderen Tiere. Sie brauchten dafür nur acht Tage. Die anderen Mäuse lernten es in zwölf Tagen. Das Labyrinth war dabei so ausgerichtet, das bewusstes und unbewusstes Lernen kombiniert werden konnten. War es nur möglich, eine der beiden Strategien einzusetzen, so liessen sich keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen feststellen.

Rätsel um FOXP2 bleibt bestehen

Laut Faraneh Vargha-Khadem vom University College London ist gerade das Erlernen von Sprache ein Vorgang, der bewusstes Denken erfordert. Es hängt aber auch davon ab, dass komplexe Bewegungen der Lippen und der Zunge automatisch erfolgen. FOXP2 könnte einem NewScientist-Bericht nach eine Rolle beim Übergang gespielt haben, als die Menschen erstmals die Fähigkeit zu sprechen erlangten. Trifft das zu, würde das Gen auch eine Rolle beim Spracherwerb von Kindern spielen.

Vargha-Khadem betont allerdings auch, dass FOXP2 in vielen Bereichen des Gehirns aktiv ist und dass die aktuellen Forschungsergebnisse daher nicht unbedingt seine Bedeutung für die Sprache erklären müssen. «Man darf nicht zu viel in diesen Ergebnisse hineininterpretieren», unterstreicht die Expertin. Die Forschungsergebnisse wurden im Fachmagazin PNAS veröffentlicht.

(flok/pte)

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