Milosevic attackiert Westen und UNO-Tribunal

Ins Visier des 63-Jährigen gerieten auch die Richter in Den Haag: Während die Ankläger zu Prozessbeginn im Februar 2002 drei Tage erhielten, um ihre Standpunkte darzulegen, habe er nur vier Stunden Zeit. Auf sein Drängen hin gewährten ihm die Richter weitere eineinhalb Stunden am Mittwoch.

Wie schon zu Beginn des Prozesses wies Milosevic den Vorwurf zurück, der serbische Grossmacht-Anspruch habe die Kriege im Kosovo, in Kroatien und Bosnien-Herzegowina verursacht. Die Verantwortlichen für die blutigen Konflikte seien vielmehr Deutschland, der Vatikan und die USA.

Der deutsche Aussenminister Genscher war der Hauptkriminelle bei der Zerstörung Jugoslawiens, betonte Milosevic. Zusammen mit seinem Nachfolger Klaus Kinkel und Kanzler Helmut Kohl habe Genscher alles getan, um die nach Abtrennung strebenden Kräfte in Kroatien und Slowenien zu fördern. Auch der Vatikan und die USA hätten diese Politik verfolgt, behauptete er.

Am ersten Verhandlungstag nach halbjähriger Prozesspause warf er vor allem der US-Regierung und der NATO vor, durch Verdrehung von Fakten und falscher Darstellung der Vorgänge im Kosovo 1999 eine Aggression mit Bombenangriffen vorbereitet zu haben.

Das anschliessende Aufzwingen einer UNO-Verwaltung für das Gebiet habe zu einem Pogrom von Albanern gegen Serben im Kosovo geführt.

Vor den drei Richtern unterstrich Milosevic erneut, er halte das Tribunal für illegal. Der Schweizer Chefanklägerin Carla Del Ponte hielt er vor, ihre Anklage stecke voller skrupelloser Lügen gegen ihn und das serbische Volk.

Der Prozess wurde wegen Milosevics angeschlagener Gesundheit bereits mehrfach vertagt. Für seine Verteidigung hat das Tribunal 150 Tage angesetzt.

Milosevic möchte aber mehr als 1600 Zeugen aufrufen, darunter den deutschen Kanzler Gerhard Schröder, den britischen Premier Tony Blair und den früheren US-Präsidenten George Bush. Milosevic droht eine Verurteilung zu lebenslanger Haft.

(fest/sda)