Zum ersten WM-Punkt fehlten Lüthi am Ende gut vier Sekunden. Ein
Platz unter den ersten 15 wäre vielleicht drin gelegen, hätte der
bald 16-Jährige ohne Zwischenfälle durchfahren können. In der
Statistik der schnellsten Rundenzeiten wurde er jedenfalls an 16.
Stelle geführt. Vorerst büsste Lüthi nach einem Ausritt neben die
Piste zwei Positionen ein und kehrte als 20. von der Startrunde
zurück. Auf dem finalen Umgang wäre er zudem beinahe gestürzt, als
ihm der Italiener Stefano Perugini in der Schikane am Knie
touchiert hatte.
Lucio Cecchinello kam vor dem Spanier Daniel Pedrosa und dem
Franzosen Arnaud Vincent zu seinem dritten Saisonsieg, seine
Titelchancen dürfte der Routinier aus Venedig mit seinen Stürzen in
Donington und auf dem Sachsenring indes verspielt haben. Auf den
führenden Titelverteidiger Manuel Poggiali weist Cecchinello als
Vierter 55 Punkte Rückstand auf. Dagegen sind die ersten drei des
Zwischenklassements weiter zusammengerückt. Poggiali, der gestern
nicht über den 5. Rang hinaus kam, liegt nur noch 2 beziehungsweise
11 Punkte vor Vincent und Pedrosa.
Rossis erster Nuller
Die Prüfung in der MotoGP-Klasse schien den gleichen Verlauf zu
nehmen wie viele andere Rennen zuvor. Valentino Rossi überliess die
Führung einmal mehr der Konkurrenz und reihte sich diesmal hinter
Biaggi als Zweiter ein. Aus der erwarteten Attacke des Weltmeisters
kurz vor Schluss wurde aber nichts. Weil sich Gummistücke vom
Hinterreifen der Honda gelöst hatten, musste Rossi in der
siebtletzten Runde die Box aufsuchen. Er kehrte mit neuem Pneu wohl
noch einmal auf die Strecke zurück. Ohne die Aussicht auf WM-Punkte
gab er das Rennen aber schliesslich auf. Den ersten
«Saisonnuller» -- nach acht Siegen und einem 2. Platz -- wird Rossi
verkraften können. Im Zwischenklassement weist er immer noch 80
Punkte Vorsprung auf.
Trotz Rossis Pech ist Biaggi ein verdienter Gewinner. Der Römer,
der zum 50. Mal in seiner Karriere aus der Pole-Position gestartet
war, beendete eine seit 13 Monaten und 16 Grands Prix währende
Durststrecke. Letztmals hatte er im Juli 2001 auf dem Sachsenring
triumphiert. Brünn zählt nicht nur zu Biaggis Lieblingsstrecken,
sondern auch seinen erfolgreichsten Destinationen. Von 1994 bis
1997 hatte er viermal bei den 250-ern, 1998 und 2000 bei den
500-ern gesiegt.
Melandri wie Spencer
Mit seinem sechsten Sieg in Folge hat Marco Melandri ein Stück
WM-Geschichte geschrieben. Als zuvor letztem Fahrer bei den 250-ern
war eine solche Erfolgsserie Freddie Spencer 1985 gelungen. Der
Amerikaner wurde in jenem Jahr Doppel-Weltmeister. «Fast Freddie»
holte sich die Krone nicht nur in der Viertelliter-, sondern auch,
zum zweiten Mal nach 1983, in der Halbliterklasse.
Mehr als die Historie dürfte Melandri jedoch der Rennverlauf in
Brünn gefreut haben, dank dem er einen weiteren Schritt Richtung
WM-Titel getan hat. Sein Landsmann Roberto Rolfo schied als
Drittplatzierter der WM-Zwischenwertung in der zweitletzten Runde
an zweiter Stelle liegend nach einem Sturz aus. Der Spanier Fonsi
Nieto, Melandris erster Verfolger im Gesamtklassement, musste sich
mit Rang 4 begnügen, nachdem er von der Piste abgekommen war und
den Umweg übers Kiesbett hatte in Kauf nehmen müssen. Melandri
weist vor den letzten sechs Grands Prix 37 Punkte Vorsprung auf.
Heierli verpasste GP-Debüt
Für Roger Heierli wurde es nichts mit dem Grand-Prix-Debüt. Der
in Elgg ZH wohnhafte Thurgauer verpasste mit der fünfjährigen (!)
Honda die Qualifikationslimite um eine Sekunde.
(ba/sda)