Nationalrat kommt Pharmaindustrie entgegen
Bern - Der Nationalrat will bei der Festsetzung der Medikamentenpreise der Pharmaindustrie entgegenkommen. Er hat am Donnerstag eine Motion angenommen, die den Bundesrat verpflichten will, erneut mit den Pharmafirmen und den Krankenkassen über die Festsetzung der Medikamentenpreise zu verhandeln.
Der Bundesrat hatte im Frühling beschlossen, sich bei der Festlegung der kassenpflichtigen Medikamente nur noch am Auslandpreis der Medikamente zu orientieren - sofern die betreffenden Mittel dort im Handel sind. Entsprechend wichtig ist es, nach welchem Wechselkurs die Schweizer Preise umgerechnet werden dürfen.
Medikamente dürfen teurer sein als im Ausland
Gemäss den alten Verordnungen wäre nun zur Umrechnung für neue Medikamentenpreise ein Wechselkurs von 1.23 Franken pro Euro zur Anwendung gekommen. Gesundheitsminister Alain Berset wollte aber den Pharmafirmen entgegenkommen und beschloss eine Toleranzmarge von 5 Prozent statt wie bisher 3 Prozent.
Das heisst, die Krankenkassen müssen seit letztem Mai auch für Medikamente aufkommen, die in der Schweiz 5 Prozent mehr kosten als im Ausland - konkret in den Ländern Deutschland, Dänemark, Frankreich, den Niederlanden, Österreich und Grossbritannien. Anders ausgedrückt: Die Pharmafirmen dürfen für die Medikamente in der Schweiz bis zu fünf Prozent Währungsgewinne einstreichen.
Weil das Bundesamt für Gesundheit die Preise jedes Jahr jeweils nur für ein Drittel der Medikamente neu bestimmt, gilt für den Rest der Medikamente noch bis 2013 respektive 2014 der alte, am aktuellen Kurs gemessen viel zu hohe Wechselkurs von 1.55 Franken pro Euro.
Kritik der Pharmaindustrie
Die Pharmaindustrie zeigte sich dennoch mit dieser Lösung unzufrieden und kritisierte, dass sich der Bundesrat zu stark am Auslandpreis der Medikamente orientiere.
Die Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK) hatte ein offenes Ohr für diese Anliegen und arbeitete nach einer Anhörung verschiedener Interessengruppen eine Motion aus, die den Bundesrat beauftragen will, «zusammen mit den Versicherern und der Pharmaindustrie eine einvernehmliche Lösung zu finden».
Jacqueline Fehr (SP/ZH) kämpfte vergeblich gegen das Ergebnis «eines beeindruckenden Lobbyings der Pharmaindustrie».
Gesundheitsminister Alain Berset stellte sich ebenfalls gegen die Motion. Sein Departement stehe mehrmals in der Woche in Kontakt mit den Krankenkassen wie auch mit der Pharmaindustrie. Eine solche einvernehmliche Lösung, die allen in den Kram passe, könne man mit einer Motion sowieso nicht verordnen.
(bg/sda)
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