Polnischer Stolz, deutsche Schande

publiziert: Montag, 2. Aug 2004 / 14:20 Uhr

Warschau - Die Rede des deutschen Bundeskanzlers in Warschau ist auf Zustimmung gestossen. Er hatte sich zum 60. Jahrestag des Warschauer Aufstands zur deutschen Schuld bekannt und Entschädigungs-Ansprüche Vertriebener abgelehnt.

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In den polnischen Medien wurde dem Besuch von Gerhard Schröder am Montag viel Platz eingeräumt. Die eindeutige Rede Schröders habe alle Ängste zerstreuen können, hiess es in der konservativen "Rzeczpospolita".

Sie betonte die "Worte der Anerkennung der deutschen Schuld und Verantwortung für den Krieg, in dem Polen Opfer war." Die liberale "Gazeta Wyborcza" titelte mit "polnischer Stolz und deutsche Schande" - einem zentralen Zitat aus Schröders Rede.

Noch nicht vom Tisch?

Auch nach der deutlichen Absage Schröders gegenüber Entschädigungsforderungen deutscher Vertriebener an Polen ist das Problem nach Auffassung des polnischen Aussenministers Wlodzimierz Cimoszewicz nicht völlig vom Tisch.

Schröders Ausführungen seien für Polen "sehr wichtig" gewesen, hätten die Frage aber nicht "endgültig geklärt", sagte Cimoszewicz am Montag im öffentlichen Radiosender Jedynka. So sei es weiterhin durchaus denkbar, dass Vertriebene mit ihren Klagen vor europäische Gerichte ziehen könnten.

Individuelle Klagen

In seiner Rede zum 60. Jahrestag des Warschauer Aufstands hatte der Bundeskanzler am Sonntag Entschädigungsforderungen deutscher Alteigentümer an Polen klar abgelehnt.

Die deutsche Regierung werde ihre Haltung auch vor internationalen Gerichten deutlich machen. Der Bundeskanzler gab aber keine Garantie, Polen auch vor individuellen Klagen deutscher Vertriebener zu schützen.

Kritik vom Vertriebenen-Bund

Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, kritisierte Schröders Äusserungen zur Entschädigungsfrage scharf. Schröder wolle sich auf dem Rücken der eigenen Landsleute entlasten.

Seine Äusserungen seien auch halbherzig: Wenn er den Polen wirklich ihre Ängste vor Entschädigungsforderungen hätte nehmen wollen, hätte er anbieten müssen, dass Deutschland sie selbst bezahle, sagte Steinbach gegenüber der "Rheinischen Post". Schröders Würdigung des Aufstandes lobte sie hingegen.

Grosser Verbündeter

Schröder beendete am Montag seinen Polen-Besuch. Er war als erster deutscher Regierungschef zu den Gedenkfeiern des Warschauer Aufstands vom 1. August 1944 eingeladen worden.

"Wir beugen uns heute in Scham angesichts der Verbrechen der Nazi-Truppen", sagte Schröder am Sonntagabend auf der zentralen Gedenkfeier. "An diesem Ort des polnischen Stolzes und der deutschen Schande hoffen wir auf Aussöhnung und Frieden."

Polens Staatspräsident Aleksander Kwasniewski bezeichnete das gemeinsame Gedenken als "weiteres wichtiges Zeichen der Aussöhnung" und nannte Schröder einen "grossen Verbündeten im Kampf um die historische Wahrheit".

Knapp 200 000 Tote

Bei dem Aufstand der polnischen Untergrundarmee, der nach zwei Monaten von den deutschen Besatzern brutal niedergeschlagen wurde, starben rund 18 000 Widerstandskämpfer und 180 000 Zivilisten.

Auf Befehl Hitlers wurde Warschau fast vollständig zerstört, fast alle Überlebenden wurden aus der Stadt vertrieben. Als die Sowjetarmee die Stadt im Januar 1945 einnahm, lebten dort kaum mehr als 10 000 Menschen.

(bsk/sda)

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