Präzendenzfall in Zürich

Eine ungewöhnliche Szene im Nebenraum zum Zürcher Geschworenengerichtssaal: Um einen grossen Tisch sitzen der Angeklagte, flankiert von Verteidiger und Dolmetscher, dazu der Staatsanwalt, der Vertreter der Familie des Opfers sowie einige Medienleute. An einem elektronischen Gerät dreht ein Techniker der Kantonspolizei, zwei junge Polizisten haben sich im Hintergrund postiert.

Die Stimme des Zeugen erklingt verzerrt aus dem Lautsprecher; tief, ein wenig schleppend, monoton. Er fürchte um sein Leben, falls er sich zeigen würde, sagt er auf entsprechende Fragen und spricht von einer Bande - noch seien einige davon auf freiem Fuss. Er wolle nicht enden wie das Opfer.

Der Zeuge erzählt, was er am 15. Oktober 2001, kurz nach Mitternacht in Zürich-Schwamendingen beobachtet hat. Es ist die Beschreibung einer brutalen Mordtat, einer Hinrichtung, wie der Staatsanwalt es nennt. Und die der Angeklagte bestreitet. Befragt wird der Zeuge von Gerichtspräsident Hans Mathys.

In jener Nacht habe er mit dem späteren Opfer ein Treffen abgemacht, deshalb kam er zum Tatort. Allerdings versteckte er sich blitzschnell hinter Büschen, als er der Szene gewahr wurde, die sich gerade abspielte - gut beleuchtet von Leuchtreklamen.

Er sei sich hundertprozentig sicher, dass der Angeklagte - den er auf Fotos identifiziert hat - geschossen habe, sagte der Zeuge: Seinen Gesichtsausdruck werde ich nie vergessen.

Der Mordprozess hatte am Mittwoch mit der Befragung des Angeklagten begonnen. Bis kommenden Mittwoch werden weitere Zeugen einvernommen. Die Urteilsverkündung ist auf Freitagabend (6. Februar) vorgesehen.

(bsk/sda)