Schlag gegen Meinungsfreiheit

Pussy Riot laut Amnesty politische Gefangene

publiziert: Freitag, 17. Aug 2012 / 13:38 Uhr / aktualisiert: Freitag, 17. Aug 2012 / 19:00 Uhr
Rowdytum - Protest von Pussy Riot in der Kirche.
Rowdytum - Protest von Pussy Riot in der Kirche.

Moskau - Die drei Frauen der russischen Punkband Pussy Riot sind am Freitag in Moskau zu je zwei Jahren Haft wegen Rowdytums verurteilt worden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nannte das Urteil einen harten «Schlag gegen die Meinungsfreiheit in Russland».

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«Das Urteil ist nicht nur der Versuch, die drei jungen Frauen zum Schweigen zu bringen. Es soll auch eine Warnung an alle anderen sein, die es wagen, Präsident Putin und seine Regierung zu kritisieren», erklärte die Russlandexpertin von Amnesty, Friederike Behr. Amnesty International stuft die drei Musikerinnen als gewaltlose politische Gefangene ein.

Richterin spricht von religiösem Hass

Die Angeklagten hätten in der bedeutendsten Kirche Russlands eine rechtswidrige religiöse Handlung ausgeführt, sagte Richterin Marina Syrowa bei der Urteilsverkündung. Tatmotiv sei «religiöser Hass» gewesen.

Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Haft gefordert für Nadjeschda Tolokonnikowa, Maria Alechina und Jekaterina Samuzewitsch. Sie hatten am 21. Februar bei ihrer spektakulären Protestaktion in der Christ-Erlöser-Kirche in Moskau in einem so genannten Punk-Gebet die Gottesmutter angerufen, Präsident Wladimir Putin zu verjagen.

Ausführlich schilderte die Richterin bei der Urteilsverkündung die Aktion. Dabei spielte sie insbesondere auf die aufreizend knappe Kleidung der Aktivistinnen und deren Tanz mit dem Rücken zum Altar an. «Insgesamt ist dieser Auftritt einzig als beleidigend für die Gläubigen zu sehen», sagte Syrowa. Dadurch sei «moralischer Schaden für die anwesenden Gläubigen entstanden».

Schuldspruch erwartet

Der Schuldspruch war erwartet worden, da sich sowohl die russisch-orthodoxe Kirche als auch Präsident Putin für die Bestrafung der Frauen ausgesprochen hatten. Vielleicht auch wegen der internationalen Kritik am Prozess erklärte Putin zuletzt, die Frauen sollten nicht zu hart bestraft werden. Möglich wären bis zu sieben Jahre Haft gewesen.

Gleich nach der Verurteilung bat die russisch-orthodoxe Kirche um Milde für die jungen Frauen - «im Rahmen des Gesetzes». Dies geschehe in der Hoffnung, dass die Künstlerinnen ihre «blasphemische» Aktion nicht wiederholten, teilte der Oberste Kirchenrat am Freitag der Agentur Interfax zufolge mit.

Gerichtsgebäude abgesperrt

Die Angeklagten verfolgten den im Fernsehen übertragenen Urteilsspruch aus einem von Polizisten bewachten Glaskasten im Gerichtssaal. Ein leichtes, zynisches Grinsen zeichnete sich um die Mundwinkel von Tolokonnikowa ab, während sie zuhörte. Ein Kopfschütteln deutete sich zeitweise an.

Vor dem Gebäude des Moskauer Chamowniki-Gerichts demonstrierten Hunderte Anhänger der Aktivistinnen gegen den Prozess. Die Polizei nahm nach Informationen der Nachrichtenagentur Interfax den linken Oppositionsführer Sergej Udalzow fest, als er eine Absperrung überschritt. Die russische Polizei hatte vor der Urteilsverkündung das Gerichtsgebäude abgesperrt.

In zahlreichen Grossstädten in Westeuropa und Nordamerika gingen Sympathisanten von Pussy Riot auf die Strasse. Auch Prominente wie Paul McCartney, Madonna und Björk hatten die Freilassung der Pussy-Riot-Mitglieder gefordert.

(bg/sda)

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