Rad: Champions haben die Geschichte der Tour geschrieben

publiziert: Freitag, 27. Jun 2003 / 18:54 Uhr

Ob in früheren Zeiten oder in der Gegenwart: Zufallssieger hat es in der Tour de France kaum gegeben. Überdurchschnittliche Leistungen, Wille und Ehrgeiz führten nebst einer Prise Glück zum Erfolg in der grössten Rundfahrt der Welt.

Miguel Indurain (mitte) gewann 1995 seine letzte Tour de France.
Miguel Indurain (mitte) gewann 1995 seine letzte Tour de France.
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Es bestehen kaum Zweifel, dass in diesem Jahr Lance Armstrong mit seinem fünften Tour-Triumph zu den Vorgängern Jacques Anquetil (1957 - 1964), Eddy Merckx (1969 - 1974), Bernard Hinault (1978 - 1985) und Miguel Indurain (1991 - 1995 in Folge) aufschliessen wird. Die "grande boucle" hat bei 89 Austragungen -- in den beiden Weltkriegen kam es zu Unterbüchen -- 50 verschiedene Sieger hervorgebracht. In die Herzen der Zuschauer haben sich aber wie kaum sonst woanders auch Verlierer gefahren, wie etwa Raymond Poulidor, der einer der populärsten Sportler Frankreichs wurde.

Ein episches Duell

Der Ausdruck "ewiger Zweiter" war unzutreffend, denn "Poupou" hat beachtliche Erfolge erzielt wie beispielsweise bei Mailand - San Remo (1961), der Flèche Wallonne (1963) oder in der Vuelta (1964). Aber bei 14 Tour-Teilnahmen resultierte kein einziger Gesamtsieg; Poulidor wurde dreimal Zweiter und fünfmal Dritter.

Mit Pech lässt sich nicht alles erklären. So spurtete der Franzose 1955 in Monaco eine Runde zu früh, was ihn eine Minute Zeitgutschrift kostete. Am Puy-de-Dôme kam es zum faszinierenden Duell mit Anquetil. Die beiden Franzosen fuhren Seite an Seite, bis Anquetil "groggy" war und Poulidor sich auf den letzten 1100 m absetzen konnte. 14 Sekunden trennten "Poupou" im Ziel vom Maillot jaune. 55 Sekunden waren es in der Schlussabrechnung in Paris, weil "maître tic-tac" Anquetil im folgenden Zeitfahren schneller war.

Apropos Zeitfahren: 1989 schien Laurent Fignon mit 50 Sekunden Vorsprung vor seinem dritten Gesamtsieg zu stehen. Die abschliessende Prüfung gegen die Uhr führte über 24,5 km von Versailles nach Paris. Greg LeMond -- erstmals mit einem Triathlon-Lenker am Rennvelo -- liess den Franzosen um 58 Sekunden hinter sich und sicherte sich mit acht Sekunden Vorsprung oder der kleinsten Differenz in der Geschichte der Tour seinen dritten Triumph.

Der unbekannteste und unerwartetste Sieger hiess Roger Walkowiak. Als Mitglied eines Regionalteams gehörte der Franzose 1956 zwischen Lorient und Angers einer 30 Fahrer starken Fluchtgruppe an, die beinahe 20 Minuten Vorsprung auf die Favoriten herausholte. In den Bergen widerstand Walkowiak insbesondere dem Kletterer Charly Gaul (Lux). 1:25 Minuten betrug am Endziel Paris die Differenz zu Gilbert Bauvin (Fr), der ohne einen Sturz in den Pyrenäen Walkowiak hätte bedrängen können.

Erstes Double

1949 hatte Fausto Coppi mit 23:47 Minuten Reserve auf Gino Bartali den Giro für sich entschieden. Trotzdem wurde innerhalb der italienischen Mannschaft für die Tour Bartali als Teamcaptain bestimmt. Als Coppi auf dem Weg nach St. Malo stürzte und später noch einen Defekt erlitt, war für den Campionissimo alles klar. Er wollte nur noch die Heimreise antreten.

Es bedurfte aller Überredungskunst des Teamleiters Alfredo Binda, um Coppi zur Weiterfahrt zu bewegen. Dieser hielt sich weiterhin loyal an die Abmachung und unterstützte Bartali. Die Wende kam im Verlaufe der 17. Etappe, als Bartali über den Kleinen St. Bernhard Defekt verzeichnete und später noch stürzte. Drei Minuten Rückstand veranlassten Binda, Coppi grünes Licht zu geben. Der Athlet mit den fragilen Knochen nützte diese Gunst und feierte das erste Double Giro/Tour der Geschichte.

Die gleiche Leistung gelang Coppi 1952. Da war er dermassen überlegen, dass die Veranstalter das Preisgeld für die Etappen-Zweiten verdoppelten. 28:17 Minuten Vorsprung auf Stan Ockers (Be) bedeuten für die Nachkriegszeit Rekord.

Bobet wie Thys

Im sechsten Anlauf landete Louis "Louison" Bobet 1953 seinen ersten Tour-Triumph. Er eroberte damit die Herzen seiner Landsleute im Sturm. Mit Überlegenheit (1954) und Mühe (1955) gelang dem Franzosen das Triple. Erwartet in Paris wurde Bobet von einem zu diesem Zeitpunkt 65-jährigen Belgier, der ihn auf den drei Ehrenrunden begleitete.

Dieser Belgier hiess Philippe Thys. 1913 und 1914 hatte er die Tour de France im Solde einer französischen Automarke gewonnen. 1920 gelang dem Brüsseler als erstem Fahrer der dritte Erfolg. Da gehörte er einer Mannschaft an, die 28 Fahrer und 20 Betreuer (!) umfasste, die alle 15 Etappen gewann und im Gesamtklassement die ersten elf Plätze belegte.

von Toni Nötzli

Die stillen Helden der Tour

In der Geschichte der Tour de France haben sich unzählige Episoden und ein paar skurrile Geschichten ereignet. Die darin verwickelten Fahrer standen im Schatten der Sieger, trugen aber zur Bildung um die Legende der Tour bei.

- 1913 galt Eugène Christophe als Anwärter auf den Gesamtsieg. In der ersten Pyrenäen-Etappe (Bayonne - Luchon, 326 km) brach zu Beginn der Abfahrt vom Tourmalet die Vordergabel seines Rennvelos. Christophe ging zu Fuss ins Tal hinunter und fand in Sainte-Marie-de-Marsan eine Schmiede. Nachdem er die Gabel selber und ohne fremde Hilfe repariert hatte, setzte Christophe seine Fahrt über Aspin und Peyresourde fort und traf noch vor Kontrollschluss im Ziel ein.

- der gleiche Christophe, der die Tour nie gewann, erlitt 1922 in der 11. Etappe (Briançon - Genf, 260 km) über den verschneiten Galibier einen irreparablen Schaden am Velo. Erneut ging der Franzose zu Fuss. In Valloire behändigte er das Velo des Pfarrers, das er in Saint-Michel gegen ein besseres Modell eintauschte. Erst in Saint-Jean-de-Maurienne fand Christophe wieder ein Rennvelo. Als 33. im Ziel rutschte der Franzose auf den 10. Gesamtrang ab.

- 1983 hatte Pascal Simon in Bagnères-de-Luchon nach einer grossen Pyrenäen-Etappe das Maillot jaune erobert. Anderntags stürzte der Gesamterste wegen einer Lappalie und zog sich einen Bruch der linken Schulter zu. Beinahe eine Woche lang hielt der Franzose durch. Dann wurde der Schmerz unerträglich. Im gelben Trikot des Gesatmersten verliess Pascal Simon die Rundfahrt.

(bert/Si)

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