Rad: Von Charles Laeser bis Rubens Bertogliati

publiziert: Mittwoch, 2. Jul 2003 / 23:43 Uhr

In der 100-jährigen Geschichte der Tour de France haben 29 Schweizer insgesamt 50 Etappensiege erzielt. Den Auftakt machte bei der Erstauflage Charles Laeser. Vorläufig Letzter in der Serie war vergangenes Jahr mit seinem Überraschungscoup in Luxemburg Rubens Bertogliati.

Bertogliati ging mit dem gelben Trikot sogar ins Bett.
Bertogliati ging mit dem gelben Trikot sogar ins Bett.
Nach den heutigen Reglementen hätte Charles Laeser vor 100 Jahren nicht die 4. Tour-Etappe von Toulouse nach Bordeaux (268 km) gewinnen können. Der Schweizer Stehermeister hatte nämlich vier Tage vorher in der ausserordentlich harten 3. Etappe Marseille - Toulouse (423 km) aufgegeben. Die damaligen Bestimmungen liessen eine Weiterfahrt zu, allerdings ohne Wertung für das Gesamtklassement.

Laeser brachte die Fahrt nach Bordeaux bei drückender Hitze in 8:46 Stunden hinter sich. Vor Laesers Ankunft war der Belgier Samson als Sieger gefeiert worden. Weil die ausgeschiedenen Fahrer separat starteten, mussten zuerst die Fahrzeiten ausgewertet werden, bis der Schnellste feststand. Laesers Leistungen in der allerersten Tour de France trugen ihm ein Preisgeld von 700 Francs ein -- eine für die damalige Zeit beachtliche Summe.

"Dieser Mann ist wie ein Wildfang. Seine Ausdauer verdient Komplimente." Mit diesen Worten würdigte Tour-Patron Henri Desgrange Michel Frédérick, dessen wirklicher Name Fred Michel lautete. Als Dritter von Paris - Roubaix 1897 sowie Vierter und Zweiter von Bordeaux - Paris 1901 und 1902 hatte sich der Wahl-Pariser einen gewissen Namen geschaffen. Als Vierter des ersten Tagespensums (467 km in 17:43 Stunden) der Tour 1904 erfuhr Frédérick erst mit fünfmonatiger Verzögerung von seinem Sieg. Erst im Dezember jenen Jahres entschied die Jury, die drei vor ihm klassierten Fahrer wegen Vertössen gegen das Reglement zu disqualifizieren.

Oscar Egg, Berufsfahrer von 1912 bis 1926, zählte zu den vielseitigsten Athleten seiner Zeit. Auf der Bahn bewährte er sich als Sechstage-Spezialist und als Rekordjäger (Weltrekorde von 500 m bis zur Stunde), auf der Strasse beeindruckte er durch seine Ausdauer. Mit dem Wohlwollen des für die gleiche Fabrikmarke fahrenden Gesamtsiegers Philippe Thys (Be) gewann Oscar Egg 1914 die 4. und 5. Etappe.

Der Eklat folgte sechs Tage später. Egg stürzte bei der Einfahrt ins Stadion Prado in Marseille. Er beschuldigte den Sieger Octave Lapize, am Vorfall schuld zu sein. Eggs Protest wurde abgelehnt, worauf der Schweizer die Nerven verlor und einen Kommissär ins Gesicht schlug.

Paul Egli ging als erster Schweizer Träger des Maillot jaune in die Geschichte ein. Der Zürcher Oberländer, der spätere Lehrmeister von Ferdi Kübler, gewann am 7. Juli 1936 im Dauerregen den Sprint der 1. Etappe Paris - Lille gegen Maurice Archambaud. Eglis Freude dauerte nur 24 Stunden. Der von ihm geschlagene Franzose jagte ihm das Leadertrikot anderntags ab.

Als erster Schweizer stand Leo Amberg 1937 als Dritter auf dem Podium der Tour. Der Luzerner, Mentor von Hugo Koblet, entschied vor Tausenden von begeisterten Zuschauern den dritten Teil der 5. Etappe Champagnole - Genf für sich, indem er sich in der Abfahrt vom Col de la Faucille absetzte. Amberg setzte sich auch im Zeitfahren der 19. Etappe Vire - Caën durch, bei dem die Strasse erstmals hermetisch für die Rennfahrer abgesperrt war.

Im zweiten Teil der 12. Etappe hatte in Montpellier René Pedroli 30 Gegner im Spurt geschlagen. Fünf Jahre vorher wäre Pedroli beinahe belgischer Amateur-Meister geworden. Erst später entschloss er sich, die Schweizer Nationalität seiner Eltern anzunehmen.

Für Karl Litschi begann die einzige Tour-Teilnahme im Jahre 1939 schlecht. Der Bäcker aus dem Thurgau erlitt am ersten Tag einen spektakulären Hungerast, der ihn weit zurückwarf. Mit seinem Triumph im Zeitfahren Salies-de-Béarn - Pau bestätigte Litschi seine Qualitäten als robuster Fahrer. Seine Aufgabe am anderen Tag zog allerdings einige Kritiken nach sich.

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzten Ferdi Kübler und Hugo Koblet wie bereits berichtet die Serie fort. Etappensieger wurde aber auch Pietro Tarchini (1947) als Letzter des Gesamtklassementes. Giovanni Rossi entschied 1951 im Spurt gegen fünf Fluchtgefährten die 1. Etappe für sich und trug für 24 Stunden das Leadertrikot. Ein Jahr später setzte sich Walter Diggelmann im Alter von 37 Jahren in Lausanne gegen sechs Flüchtlinge durch.

In der Etappen-Siegerliste der Tour durften die Namen der talentiertesten zwei Schweizer während und nach der Aera Kübler/Koblet nicht fehlen. Die Rede ist von Fritz Schär, der 1953 -- also beim Jubiläum des 50-jährigen Bestehens der "grande boucle" -- die ersten beiden Teilstücke gewann, und der insgesamt sechs Tage lang das Maillot jaune trug. Zudem wartete Rolf Graf 1959 und 1960 mit beeindruckenden Leistungen auf. Zwischen St. Vincent und Annecy setzte er sich nach einer 123-km-Flucht durch, im Zeitfahren Pontarlier - Besançon über 83 km liess er die Gegner um zweieinhalb Minuten und mehr hinter sich.

Von den Schweizer Tour-Etappensiegern der jüngeren Vergangenheit entzückte Beat Breu 1982 die Beobachter. Der "Floh aus St. Gallen" erwies sich in Saint-Lary-Soulan und auf L´Alpe-d´Huez als stärkster Kletterer, musste die Bergpreiswertung aber Bernard Vallet (Fr) überlassen. 1983 gewann Gilbert Glaus dank einem frühen Antritt den wichtigsten aller Spurts, jenen am Schlusstag auf den Champs-Elysées in Paris. Der von der Aktion überraschte Sean Kelly kam mit seinem Konter zu spät.

Laurent Jalabert träumte vom Maillot jaune, Erik Zabel vom Etappensieg. Rubens Bertogliati trickste sie und alle anderen letztes Jahr in Luxemburg auf den letzten 1000 m der 1. Etappe aus und übernahm von Prolog-Sieger Lance Armstrong für 48 Stunden das Leadertrikot. Der Tessiner ist vorläufig der letzte Schweizer, der in der bedeutendsten Radrundfahrt der Welt eine Etappe gewann und das Maillot jaune trug.

von Toni Nötzli

Die 50 Schweizer Etappensiege

1903 4. Toulouse - Bordeaux 268 km Charles Laeser 1904 1. Paris - Lyon 467 km Michel Frederick 1914 4. Brest - La Rochelle 470 km Oscar Egg 5. La Rochelle - Bayonne 379 km Oscar Egg 1936 1. Paris - Lille 258 km Paul Egli 1937 5c. Champagnole - Genf 93 km Leo Amberg 12b. Nîmes - Montpellier 51 km René Pedroli 19b. ZF Vire - Caën 59 km Leo Amberg 1939 8b. ZF Salie de Béarn - Pau 68 km Karl Litschi 1947 1. Paris - Lille 236 km Ferdi Kübler 5. Strassburg - Besançon 248 km Ferdi Kübler 18. Le Sable - Vannes 236 km Pietro Tarchini 1949 5. Rouen - St. Malo 293 km Ferdi Kübler 1950 6. ZF Dinard - St. Briec 78 km Ferdi Kübler 16. Menton - Nizza 96 km Ferdi Kübler 20. ZF St. Etienne - Lyon 98 km Ferdi Kübler 1951 1. Metz - Reims 185 km Giovanni Rossi 7. ZF La Guerche - Angers 85 km Hugo Koblet 11. Brive - Agen 177 km Hugo Koblet 14. Tarbes - Luchon 142 km Hugo Koblet 16. Carcassonne - Montpellier 192 km Hugo Koblet 22. ZF Aix-les-Bains - Genf 97 km Hugo Koblet 1952 9. Mülhausen - Lausanne 238 km Walter Diggelmann 1953 1. Strassburg - Metz 195 km Fritz Schär 2. Metz - Lüttich 227 km Fritz Schär 1954 5. Caën - St. Brieuc 224 km Ferdi Kübler 14. Tolosa - Millau 225 km Ferdi Kübler 1959 12. St. Gaudens - Albi 184 km Rolf Graf 19. St. Vincent - Annecy 251 km Rolf Graf 1960 11. Pau - Luchon 161 km Kurt Gimmi 19. ZF Pontarlier - Besançon 83 km Rolf Graf 1967 22a. Fontainebleau - Versailles 104 km René Binggeli 1981 7. Pau - Bordeaux 227 km Urs Freuler 1982 9b. Plumelec - Nantes 138 km Stefan Mutter 13. Pau - Pla d´Adet 122 km Beat Breu 16. Orcières - L´Alpe-d´Huez 123 km Beat Breu 1983 4. Roubaix - Le Havre 300 km Serge Demierre 22. Alfortville - Paris 195 km Gilbert Glaus 1986 13. Luchon - Blagnac 154 km Niki Rüttimann 20. St. Etienne - Py-de-Dôme 190 km Erich Mächler 1989 15. Gap - Briançcon 175 km Pascal Richard 1992 12. Dôle - St. Gervais 267 km Rolf Järmann 1993 10. Villard-de-Lens - Serre Ch. 203 km Tony Rominger 11. Serre Ch. - Isola 2000 Tony Rominger 19. ZF Brétigny - Montlhéry 48 km Tony Rominger 1995 6. Le Grand-Bornand - La Plagne 160 km Alex Zülle 1996 Prolog ´s-Hertogenbosch 9,4 km Alex Zülle 12. Valence - Le Puy-en-Velay 143 km Pascal Richard 17. Argèles - Pamplona 262 km Laurent Dufaux 2002 1. Luxemburg - Luxemburg 192 km Rubens Bertogliati

(bert/Si)

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