Problemlösungen

Reallabore für Wissenschaft und Gesellschaft

publiziert: Dienstag, 2. Dez 2014 / 14:00 Uhr

Wie kann die Wissenschaft über Problemanalyse und eine Beratungsfunktion für die Politik hinausgehen und enger mit der Gesellschaft zusammenarbeiten? Das Konzept der Reallabore ermöglicht in konkreten gesellschaftlichen Kontexten zu Problemlösungen beizutragen.

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Auch im Zukunftsblog beschränkt sich die Wissenschaft oft auf die Problemanalyse und das Ziehen von Schlussfolgerungen für die Politik. Vor dem Hintergrund der grossen globalen Herausforderungen, zum Beispiel dem Umbau der Energiesysteme und dessen Umsetzung durch die Gesellschaft, müssen wir uns fragen, ob Analysieren und Beraten genügt. Sollten wir nicht mehr tun? Und wie können wir mehr tun? Gefragt sind konkrete gesellschaftliche Experimente, die testen, ob vorgeschlagene Massnahmen auch realisierbar sind und sich bewähren. Beispiele in diese Richtung sind sicherlich Zernez Energia 2020 oder die geplanten Projekte zur Tiefengeothermie.

Reallabore zur Verstärkung der Zusammenarbeit

Auch in Deutschland wird lebhaft diskutiert, welche Beiträge die Wissenschaft zur «grossen Transformation» leisten kann. Ein Expertenbericht hat dem Land Baden-Württemberg empfohlen, sogenannte Reallabore einzurichten, in denen die Wissenschaft in enger Zusammenarbeit mit der Gesellschaft Experimente definiert, diese umsetzen hilft und auch beforscht. Dies geht natürlich nur, wenn die Direktbetroffenen sowie Entscheidungsträger von Beginn weg und über den gesamten Projektverlauf einbezogen werden und auch mitentscheiden können, was ausprobiert, getestet und experimentiert wird. Wissenschaftliche Analyse und gesellschaftliches Handeln sollen so eng aufeinander abgestimmt bleiben.

Anfang Oktober hat das Land Baden-Württemberg sieben Reallabore mit einer Gesamtprojektsumme von 6 Millionen Euro bewilligt. Die Themen haben dabei eine grosse Bandbreite - Mobilität, Stadtentwicklung, Nationalpark, Textilwirtschaft - was zeigt dass die Idee auf breites Interesse gestossen ist. Verschiedene gesellschaftliche Akteure aus Politik, Verwaltung, Industrie und Zivilgesellschaft haben aktiv zu den Projekteingaben beigetragen. Ermöglicht wurde dies durch ein zweistufiges Verfahren: Die in der ersten Runde erfolgreichen Forschungsgruppen erhielten finanzielle Unterstützung, um in Workshops mit gesellschaftlichen Akteuren zusammen die Projekte auszugestalten. Spannend ist zu sehen, dass sich sowohl Exzellenz-Universitäten wie auch Fachhochschulen beworben haben.

Praxisnahes Lernen

Ein grosses Potenzial stellen diese Reallabore auch für die Ausbildung von Studierenden dar, da sie forschendes Lernen im realen, gesellschaftlichen Kontext erlauben. Dies erfordert, dass die Studierenden Verantwortung übernehmen und fortlaufend kritisch reflektieren, unter anderem zur eigenen Rolle wie auch den Möglichkeiten und Grenzen wissenschaftlichen Arbeitens. Dadurch lernen sie nicht nur kritisches Denken, sondern wenden es auch direkt praktisch an. An der ETH organisieren wir seit zwanzig Jahren ähnliche Projekte unter dem Namen «transdisziplinäre Fallstudien» im Department Umweltsystemwissenschaften. Ein Reallabor bildete dabei die Gemeinde Urnäsch, wo wir mehrere Fallstudien zu Themen der Landschaftsentwicklung, der Zukunft von Milch-, Sägerei und Textilwirtschaft sowie zu lokalen Energieversorgung durchführten. So haben wir zusammen mit der Gemeinde Urnäsch eine Methode zur Entwicklung von Energiestrategien erarbeitet. Dies hat die Bevölkerung für das Thema Energie sensibilisiert und verschiedene Diskussionen zum Thema angestossen. Urnäsch hat sich damit gezielt für das Label «Energiestadt» vorbereitet und dieses inzwischen auch erhalten.

Reallabore wären sicher auch in der Schweiz möglich, zum Beispiel im Rahmen der Nationalen Forschungsprogramme, um einen grösseren Beitrag der Wissenschaft zur Lösung aktueller gesellschaftlicher Probleme zu leisten. Die ETH mit ihren Kompetenzen sowohl in den Ingenieur-, Natur- wie Sozialwissenschaften ist dabei perfekt aufgestellt, um entsprechende Projekte zu entwickeln und durchzuführen. Gefragt sind dazu nicht alleine technologische Innovationen sondern auch soziale an der Schnittstelle von Wissenschaft und Gesellschaft.

( Dr. Michael Stauffacher/ETH-Zukunftsblog)

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