Verstösse gegen die
Menschenrechte seien keineswegs auf
Krisengebiete beschränkt, sondern
geschähen täglich in mindestens 144
Ländern. In Europa kritisierte ai unter
anderem die russische Offensive in
Tschetschenien. In Westeuropa sei das
Vorgehen gegen Asylbewerber härter
geworden. amnesty rügte unter anderem
die Behandlung von Asylsuchenden in
Grossbritannien, der Schweiz, Belgien,
Ungarn und Deutschland.
Amnesty International (AI) kritisiert die
Schweiz auch im neuesten Jahresbericht wegen der Verletzung von
Menschenrechten. Angeprangert werden unter anderem die
Misshandlungen an Straftatverdächtigen durch Polizeibeamte.
Mehrere ausländische Staatsangehörige sollen bei ihrer
zwangsweisen Abschiebung grausamen und gefährlichen
Zwangsmassnahmen ausgesetzt gewesen sein, schreibt AI in dem am
Mittwoch veröffentlichten Jahresbericht 2000.
Lebensgefährliche Atembeschwerden
Abgeschobene berichteten gemäss AI in der ersten Jahreshälfte
von Atembeschwerden. Diese seien eingetreten, nachdem man ihnen den
Mund mit Klebeband verschlossen, eine Art Motorradhelm über den
Kopf gestülpt und diesen ebenfalls rundherum mit Klebeband
befestigt hatte, um ihre Unterkiefer zu fixieren.
Erwähnt wird auch der Palästinenser Khaled Abu Zarifeh, der bei
seiner Ausschaffung auf dem Flughafen Zürich-Kloten im März 1999
mit verklebtem Mund und auf einen Rollstuhl geschnallt ums Leben
kam.
Die Organisation wandte sich gegen die Anwendung von
Zwangsmittel oder Zwangsmassnahmen wie beispielsweise die
Verwendung von Klebeband. Trotz mehreren Nachfragen lagen AI bis
Ende Jahr keine Kopien etwaiger schriftlicher Richtlinien für
Polizeibeamte der Zürcher Kantonalbehörden zur Verfügung, wie es
weiter heisst.
Lob und Kritik im Fall Niyonteze
Positiv erwähnt wird der Prozess gegen den ehemaligen
ruandischen Regierungsbeamten Fulgence Niyonteze. Im März 1999
hatte ihn ein Militärgericht in Lausanne im Zusammenhang mit dem
Völkermord in Ruanda im Jahre 1994 unter anderem des Mordes, der
Anstiftung zum Mord und der Begehung von Kriegsverbrechen für
schuldig befunden.
Das Gerichtsverfahren Niyontezes war gemäss AI in der Geschichte
der Rechtssprechung bisher einmalig, da zuvor sämtliche Verbrechen
in diesem Zusammenhang entweder von ruandischen Gerichten oder vor
dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal für Ruanda verhandelt
wurden.
AI begrüsste den Präzedenzfall grundsätzlich, kritisierte aber
gleichzeitg, dass während des Prozesses die Anonymität der Zeugen
nicht ausreichend gewährt wurde. Viele von ihnen hätten aus Gründen
der eigenen Sicherheit darum gebeten.
(klei/sda)