Rigorose Qualitätskontrollen beim neusten IPCC-Sonderbericht

publiziert: Donnerstag, 29. Mrz 2012 / 09:56 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 29. Mrz 2012 / 20:31 Uhr
Boris Orlowsky ist Oberassistentin in der Gruppe von Sonia Seneviratne, Professorin für Land-Klima-Wechselwirkung an der ETH Zürich. Sein Kollege Dr. Markus Gerber gehörte während der Arbeit am SREX zur technischen Unterstützungseinheit der Arbeitsgruppe I des IPCC an der Universität von Bern. Inzwischen arbeitet er für die SBB.
Boris Orlowsky ist Oberassistentin in der Gruppe von Sonia Seneviratne, Professorin für Land-Klima-Wechselwirkung an der ETH Zürich. Sein Kollege Dr. Markus Gerber gehörte während der Arbeit am SREX zur technischen Unterstützungseinheit der Arbeitsgruppe I des IPCC an der Universität von Bern. Inzwischen arbeitet er für die SBB.

Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) veröffentlicht etwa alle sechs Jahre einen umfassenden Bericht zum allgemeinen Wissensstand der Klimaforschung. Zwischen diesen Berichten initiiert das IPCC in unregelmässigen Abständen Sonderberichte («Special Reports»). Die Sonderberichte informieren Politik und Gesellschaft über ausgewählte Aspekte des Klimawandels und dessen Folgen.

1 Meldung im Zusammenhang
Weiterführende Links zur Meldung:

SREX
Special Report for Managing the Risks of Extreme Events and Disasters to Advance Climate Change Adaptation
SREX.com

SREX
Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger
SREX2.com

ETH Life, 29.03.12
«Wir haben nicht bei Null angefangen»
ethlife.ethz

Beim neusten Sonderbericht zu klimatischen Extremereignissen haben mein Kollege Markus Gerber und ich mitgearbeitet. Allen IPCC-Berichten gehen gründliche Beratungen zwischen IPCC, Regierungen und Wissenschaftlern voraus, in denen die Zielsetzung des Berichts diskutiert wird. Ausserdem wird in einem mehrstufigen Verfahren eine Gruppe verantwortlicher Autoren bestimmt aus verschiedenen Fachgebieten und Ländern.

Da Berichte des IPCC als Grundlage für politische Entscheide dienen, unterliegen sie einer rigorosen Qualitätskontrolle, die unter anderem mehrere Runden von Reviews durch Wissenschaftler und Nicht-Wissenschaftler umfasst.

In unserer Arbeit am dritten Kapitel des eben veröffentlichten Sonderberichts «SREX» (Special Report for Managing the Risks of Extreme Events and Disasters to Advance Climate Change Adaptation) entfiel ein entsprechend gewichtiger Anteil an Arbeitsstunden auf die sorgfältige Prüfung der zugrundeliegenden Forschungsergebnisse und ihrer korrekten Präsentation.

220 Autoren, 1'100 Publikationen, 19'000 Kommentare

Am «SREX» arbeiteten insgesamt 220 Autoren, die sich um neun verschiedene Kapitel kümmerten. Markus und ich gehörten zu den unterstützenden Autoren («contributing authors»), die unter anderem einzelne Unterkapitel redigierten oder in der Qualitätskontrolle mitarbeiteten. Gemeinsam mit 26 weiteren «contributing authors», zwölf Hauptautoren («lead authors») und zwei koordinierenden Hauptautoren («coordinating lead authors») arbeiteten wir am Kapitel zu den physikalischen Aspekten von Extremereignissen. Die beiden koordinierenden Hauptautoren waren Prof. Sonia Seneviratne (ETH Zürich) und Prof. Neville Nicholls (Monash University, Australien).

Zum «SREX» trafen insgesamt 19'000 Kommentare ein von Gutachtern verschiedenster Herkunft, Klimawissenschaftlern und politischen Vertretern. Beinahe 5'000 Kommentare gingen in zwei Runden an unser Kapitel.

Die Arbeit, die sich aus diesen Kommentaren ergab, war reichhaltig und teilweise mühevoll. Ein Beispiel: Wesentliche Aussagen unseres Kapitels werden in zwei Tabellen zusammengefasst. Eine der Tabellen beschreibt die Trends ausgewählter Extremereignisse in den Beobachtungen ab dem 20. Jahrhundert, die andere deren zukünftige Projektionen. Allein in diesen beiden Tabellen werden etwa 150 wissenschaftliche Publikationen zitiert; dem ganzen Kapitel liegen rund 1'100 Publikationen zugrunde. Eine wichtige Aufgabe bestand darin, die korrekte Verwendung der Quellen und die aus den Quellen abgeleiteten Schlussfolgerungen zu überprüfen. Einschliesslich der daraus folgenden Korrespondenz mit den anderen Autoren unseres Kapitels füllte das mehrere Arbeitswochen.

Qualitätskontrolle: Verifikation wichtiger Ergebnisse durch unabhängige Wissenschaftler

Zu jedem IPCC-Bericht erscheint eine Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger («Summary for Policymakers»). Diese erfährt vom gesamten Bericht die grösste Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Den IPCC-Vertretern und Kapitel-Autoren war es daher ein besonderes Anliegen, das in ihr verwendete Material auf Herz und Nieren geprüft zu wissen.

Sie beauftragten Markus Gerber und mich, unabhängig voneinander eine Abbildung zu zukünftigen Trockenheitstrends zu reproduzieren. Zeitgleich, jedoch unabhängig von uns beiden, arbeiteten auch Wissenschaftler in Kanada und den Niederlanden an derselben Reproduktion. Wir wendeten Skripte verschiedener Programmiersprachen auf die Klimamodelldaten an, tauschten 137 Emails mit mehreren hundert Abbildungen und gegitterten Datensätzen aus und erarbeiteten so im Laufe von zwei Monaten jeder eine Version der Abbildung. Anfangs existierende kleine Abweichungen zwischen unseren Abbildungen liessen sich in den meisten Fällen auf uneindeutige Daten zurückführen und damit klären. Am Ende lagen die Unterschiede im numerischen Rauschen. Zu unserer grossen Befriedigung konnten wir zeigen, dass die ursprüngliche Abbildung zu den zukünftigen Trockenheitstrends ohne fundamentale Fehler ist.

Wertvolle Erfahrung

Rückblickend bleibt uns das Gefühl, Teil eines wichtigen Projekts gewesen zu sein. Dies gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern, die sich mit ernsthafter Konsequenz bemühten, das gegenwärtige Wissen zu den klimatischen Extremereignissen korrekt und umfassend zusammenzutragen. Die meisten der Autoren nahmen diese enorme Arbeitsbelastung zusätzlich zu ihrer normalen Arbeit auf sich. Wir beide gehörten zu den wenigen Ausnahmen.

Die Arbeit am Bericht hat uns einmal mehr die Notwendigkeit bestätigt, wissenschaftliche Ergebnisse so gut als irgend möglich zu prüfen und zu verifizieren. Immerhin für unser SREX-Kapitel sowie für die Abbildung in der Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger können wir mit gutem Gewissen sagen, dass dies geschehen ist.

Literaturhinweis

«SREX»: Special Report for Managing the Risks of Extreme Events and Disasters to Advance Climate Change Adaptation >siehe weiterführende Links

Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger >siehe weiterführende Links

Lesetipps

Lesen Sie das Interview mit der koordinierenden Hauptautorin Prof. Sonia Seneviratne, ETH Zürich, in ETH Life >siehe weiterführende Links.

Interessiert es Sie, wie IPCC im generellen funktioniert und was seine Aufgaben sind? Antworten werden Sie im Blogbeitrag von nächstem Dienstag finden.

(Oberassistentin Boris Orlowsky/sda)

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