Roma-Streit zwischen Paris und Brüssel

publiziert: Mittwoch, 15. Sep 2010 / 10:29 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 16. Sep 2010 / 07:49 Uhr
«Meine Geduld hat Grenzen, so richtet man sich nicht an ein grosses Land», sagte Pierre Lellouche. (Archivbild)
«Meine Geduld hat Grenzen, so richtet man sich nicht an ein grosses Land», sagte Pierre Lellouche. (Archivbild)

Paris - Der Streit zwischen Frankreich und der EU-Kommission um die Abschiebungen von Roma eskaliert: Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy reagierte mit neuer Polemik auf die Kritik von EU-Justizkommissarin Viviane Reding an der französischen Ausweisungspraxis.

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Die Luxemburgerin Reding solle die Roma doch in ihrem eigenen Heimatland aufnehmen, sagte Sarkozy. Er wandte sich nicht nur gegen den Ton der Justizkommissarin, sondern verteidigte auch den Roma-Kurs seiner konservativen Regierung vehement.

Vor Senatoren seiner Partei UMP sagte er nach Angaben von Teilnehmer Bruno Sido, dass es Frankreich «absolut nichts» vorzuwerfen gebe. Die Kritik aus Brüssel sei «skandalös».

Auch der französische Premierminister François Fillon verteidigte die Roma-Politik seiner Regierung erneut. Das Vorgehen respektiere die nationale Gesetzgebung ebenso wie EU-Recht, sagte Fillon am Mittwochabend am Rande eines Treffens der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) in der Nähe von Brüssel.

Zugleich kündigte Fillon an, Frankreich werde «in den kommenden Stunden» die Rechtmässigkeit dieser Politik darlegen

Nazi-Vergleich

Reding hatte Frankreich mit einem EU-Strafverfahren wegen Verstosses gegen die Freizügigkeitsregelungen gedroht. Dabei nannte sie das französische Vorgehen gegen die Roma eine «Schande» und verglich es sogar indirekt mit der Nazi-Zeit.

«Diskriminierung auf der Grundlage der ethnischen Herkunft oder der Rasse hat in Europa keinen Platz», sagte Reding am Dienstag. Sie habe angenommen, dass Europa eine solche Situation nach dem Zweiten Weltkrieg nicht noch einmal erleben müsse.

Besonders erzürnt zeigte sich die Grundrechte-Kommissarin über ein internes Rundschreiben des französischen Innenministeriums, in dem die vorrangige Räumung von Roma-Lagern verlangt wurde. Paris zeigte sich erst zu Wochenbeginn nach öffentlicher Kritik zur Streichung der strittigen Passagen bereit.

Reding entkräftet Aussagen

Am Mittwochabend relativierte Reding ihre Äusserungen leicht. Sie habe keinen Zusammenhang zwischen dem Vorgehen der französischen Regierung und den Geschehnissen während des Zweiten Weltkriegs herstellen wollen, teilte sie der Nachrichtenagentur AFP mit.

Sie bedauere Interpretationen ihrer Aussagen, die «die Aufmerksamkeit von dem Problem ablenken, das jetzt gelöst werden muss».

Die EU-Kommission werde ihre Bewertung der Lage in Frankreich «bis in zwei Wochen» abschliessen und die «angemessenen Massnahmen ergreifen», teilte Reding weiter mit. Der Kommission gehe es um die Anwendung des in der Union geltenden Rechts und um «das Prinzip der Nichtdiskriminierung».

Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn unterstützte Reding und warf Frankreich vor, das Ansehen der EU in der Welt zu schädigen. Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso stellte sich hinter Reding, wobei er allerdings auf Distanz zu der Wortwahl der Kommissarin ging.

(fkl/sda)

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