Istanbul/Moskau - Im Streit über den Abschuss eines russischen Kampfflugzeuges durch die Türkei ist der Versuch einer Deeskalation misslungen. Der russische Präsident Wladimir Putin verweigerte bisher einen direkten Kontakt zu seinem Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan.
Erdogan warnte die Regierung in Moskau am Freitag in einer Rede vor einem «Spiel mit dem Feuer». Er sei dagegen, den Konflikt auf andere Gebiete der zwischenstaatlichen Beziehungen auszudehnen, sagte er.
Zugleich betonte Erdogan aber, er wolle die Beziehungen zu Russland nicht beschädigen. Er habe «einige Zeit» nach dem Abschuss des Jets im Kreml angerufen, aber keinen Rückruf erhalten. Möglicherweise werde er mit Putin auf dem Klimagipfel in Paris am Montag sprechen.
Visafreiheit ab 2016 aufgehoben
Russland verschärfte derweil die Massnahmen gegen die Türkei. Aussenminister Sergej Lawrow kündigte an, die Visafreiheit mit der Türkei vom 1. Januar 2016 an aufzuheben. Russische Bürger seien in der Türkei gefährdet, so Lawrow. Die Regierung in Moskau wollte am (morgigen) Samstag weitere Sanktionen gegen Ankara bekanntgeben.
Die russische Regierung hatte zuvor bereits gedroht, den Türkei-Tourismus einzuschränken, was für das Land am Bosporus teuer werden dürfte. Der visafreien Reiseverkehr zwischen beiden Ländern war im April 2011 in Kraft getreten und vor allem von Touristen genutzt worden. Zuletzt reisten jährlich etwa vier Millionen Russen in die Türkei. Eine Eskalation gegenseitiger Wirtschaftssanktionen dürfte aber beide Schwellenländer hart treffen.
Angriffe auf IS ausgesetzt?
Die Beziehungen zwischen beiden Ländern waren bereits vor dem Abschuss angespannt, weil Russland ein wichtiger Verbündeter des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad ist. Erdogan will ihn dagegen stürzen.
Der UNO-Sonderbeauftragte für Syrien, Staffan de Mistura, kritisierte, der Abschuss helfe nicht bei den internationalen Bemühungen um eine Friedenslösung für Syrien. «Wahrscheinlich wird es diese verkomplizieren», sagte er in Stockholm.
Ankara bestritt türkische Medienberichte, wonach die Türkei ihre Luftangriffe gegen den IS in Syrien «vorübergehend» aussetzte. Die Zeitung «Hürriyet» schrieb unter Berufung auf Sicherheitskreise, damit sollten «weitere Krisen» vermieden werden. Die Entscheidung sei in Abstimmung mit Russland getroffen worden.
Ein Regierungsvertreter sagte dagegen der Nachrichtenagentur AFP, als Teil der von den USA geführten Anti-IS-Koalition bleibe die Türkei ihrer bisherigen Politik «vollständig verpflichtet». Die Berichte seien deshalb falsch.
(nir/sda)
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