SCB zieht wieder die Reissleine

Am Wochenende fiel der SCB in alte Muster zurück und hinterliess bei den Niederlagen in der kapitalen Spielen gegen Lausanne (1:3) und in Lugano (0:4) einen bedenklich schwachen Eindruck. Wenig überraschend zogen der Verwaltungsrat und CEO Marc Lüthi deshalb zum zweiten Mal in dieser Saison die Reissleine. Leuenberger, der den Trainerjob erst im November als interimistischer Nachfolger des entlassenen Finnen Antti Törmänen übernommen hatte, rückt wieder ins zweite Glied zurück.

Mit Guy Boucher übernimmt ein Kandidat den SCB, der bereits im Herbst als einer der Favoriten auf den Job beim grössten Eishockey-Unternehmen Europas gegolten hatte. Der Kanadier erhielt nun mit Verzögerung jedoch nicht nur die (undankbare) Aufgabe, den in die Krise geratenen Meister in den verbleibenden sechs Runden noch in die Playoffs zu führen. Boucher unterschrieb gleich einen Vertrag bis Ende der Saison 2015/2016. Zur Seite steht ihm dabei nicht nur Leuenberger, sondern auch der im Herbst engagierte Assistent Gary Sheehan. Boucher wird heute Dienstag in Bern eintreffen und das erste Training leiten.

Der Entscheid, zum zweiten Mal in dieser Saison den Trainer zu wechseln, sei nach eingehender Analyse der aktuellen Situation getroffen worden, schrieb der SCB in seiner Medienmitteilung. Lars Leuenberger habe sich gegenüber der Klubleitung in die Richtung geäussert, dass die Mannschaft nochmals einen neuen Schub brauche, um zum Erfolg zurückzufinden. «Nicht ich brauche Hilfe, die Mannschaft braucht Hilfe», liess sich Leuenberger gestern von der Onlineausgabe der Berner Zeitung zitieren.

Unter Leuenberger war es dem SCB im Herbst vorerst glänzend gelaufen. Nach der Entlassung von Meistertrainer Törmänen gewann der SCB bis zum Jahreswechsel neun von elf Partien. Seit Anfang Januar jedoch vermochte die hoch eingeschätzte Equipe der Berner nur noch selten zu überzeugen. Sechs der neun letzten Spiele gingen verloren; nach den beiden schweren Niederlagen am Wochenende liegt der SCB nur noch auf Platz 9 der Tabelle, einen Zähler hinter Aufsteiger Lausanne und dem punktgleichen Genève-Servette.

Die Schuld an der Misere Lars Leuenberger, dem Bruder von SCB-Sportchef Sven, anzulasten, wäre unfair. Der ehemalige Spieler, der 1997 mit Bern Meister geworden war, galt ohnehin nur als Übergangslösung; als Cheftrainer war er von seinen Vorgesetzten offiziell nie bestätigt worden. In der Verantwortung stehen die vielen hochdekorierten Spieler, die teilweise überhaupt nicht mehr auf Touren kommen. Sinnbildlich für den Fall des SCB steht Ivo Rüthemann. Vor einem Jahr gehörte er auf dem Weg zum Titelgewinn noch zu den Leistungsträgern, zuletzt war der Rheintaler (erst zwei Treffer in dieser Saison) oftmals nur noch 13. Stürmer.

An der Bande soll dem SCB mit Boucher nun ein renommierter Trainer neue Impulse verleihen. Der 42-Jährige hatte zuletzt von 2010 bis 2013 Tampa Bay Lightning betreut. Beim NHL-Klub wurde er jedoch Ende März entlassen. Davor hatte Boucher in der AHL und mit kanadischen Nachwuchs-Auswahlen Erfolge gefeiert. Viermal - dreimal mit der U18 und einmal mit der U20 - gewann er WM-Gold. 2010 erhielt er als Trainer der Hamilton Bulldogs die Auszeichnung zum AHL-Coach des Jahres. 2012 amtete er zudem im Trainerstab Kanadas bei der Elite-WM in Helsinki und Stockholm.

Das erste Meisterschaftsspiel unter Boucher bestreitet der SCB am Freitag in der PostFinance-Arena gegen Ambri-Piotta. Es ist für die Berner das erste von sechs «Cupspielen». Dass er unter Druck in der Lage ist zu reagieren, hatte der SCB bereits in den letztjährigen Playoffs bewiesen, als er Rückstände in den Playoff-Serien gegen Servette (Viertelfinal) und Zug (Halbfinal) drehte und sich zum Schluss gegen Fribourg souverän den 13. Meistertitel sicherte.

 

(fest/Si)