Saddam - eine Erfindung verschwindet

publiziert: Freitag, 11. Apr 2003 / 15:01 Uhr / aktualisiert: Dienstag, 15. Apr 2003 / 09:51 Uhr

 

In arabischen Zeitungen wird geschrieben, was sich immer mehr als unglaubliche Realität herausstellt. Saddam Hussein scheint nichts als eine Idee gewesen zu sein. Ein Vehikel der Machtausübung. Und in dem Moment, als die Idee aufgegeben wurde, war er auch schon verschwunden. Die Auflösung Saddams begann nicht erst mit dem ersten Enthauptungsschlag sondern damit, dass es von ihm offenbar nur noch Doppelgänger gab. Wo immer er auftauchte, wann immer er eine Rede hielt, wurde als erstes die Frage gestellt, ob es nun der echte oder ein falscher Saddam (davon soll es ja bis zu fünfzehn Stück gegeben haben) gewesen sei. Und es sei ja auch nicht möglich, den Echten wirklich zu identifizieren, da es keine Fingerabdruckdatei oder Gendatenbank mit Gewebeproben von Saddam gibt. Die Leute, die ihn aus der Kindheit kennen, sind Verwandte von denen jetzt sicher keinem mehr daran gelegen ist, als Freund des grossen Führers zur Identifizierung aufzutreten. Und selbst bei den 'echten' Bildern Saddams kann niemand so genau sagen, ob sie wirklich IHN zeigen. Das Verschwinden von ihm und seiner ganzen Regierung hat surreale Züge und je länger hingeschaut wird, desto mehr verschwinden die Umrisse dieses Überdiktators und werden ersetzt durch einen anonymen, mordenden Apparat, der von einer Partei getragen, die Macht im Namen eines seit Monaten nicht mehr wirklich erschienen Gespenstes ausgeübt hat. Auch das Verhalten der irakischen Armee deutet darauf hin, dass hier niemand wusste, wofür man kämpfen sollte. Saddam war überall in Form von Statuen, Monumentalgemälden und Plakaten aber nirgends in der Form einer Idee, die für etwas Kämpfenswertes stand. So konnte selbst die strategisch lausige Offensive der Amerikaner nicht ernsthaft durch die Iraker gefährdet werden. Zur Verblüffung aller marschierten die Amis selbst in Bagdad durch. Nicht einmal Rumsfeld hatte sich dies erträumt. Die Baath-Partei hatte die Nationalidentität durch einen Führerkult ersetzt. Doch als der Führer nicht an der Front auftauchte (und nicht einmal der Propagandaminister hat dies behauptet), war auch die letzte Loyalität weggeblasen. In Deutschland wurde im April 1945 immerhin noch gelogen, dass 'der Führer im Verteidigungskampf' um Berlin gefallen sei. Doch in Bagdad 2003 war dies selbst für die Profilügner des Informationsministeriums zu viel. Der irakische UNO-Botschafter Mohammed al-Douri sagte mit seinem Kommentar zum Fall Bagdads mehr als ihm Lieb sein konnte: 'Das Spiel ist aus.' So irr es auch tönen mag, scheint der Irak ein blutiges Spielfeld gewesen zu sein, regiert von einer potemkinschen Diktatur. Egal, ob am Ende keiner oder 25 Saddams auftauchen, es hat ihn eigentlich nie gegeben. Sein ganzes Interesse war die Macht – ohne Ideen oder Ideale. Und darum wird er schneller vergessen werden, als es Zeit brauchen wird, seine Denkmäler zu beseitigen.

(Patrik Etschmayer/news.ch)

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