Beschwerde gutgeheissen

Schweiz gibt Ben-Ali-Gelder nicht vorzeitig zurück

publiziert: Mittwoch, 24. Dez 2014 / 14:29 Uhr
Das Bundesstrafgericht heisst die Beschwerde gut.
Das Bundesstrafgericht heisst die Beschwerde gut.

Bellinzona/Genf - Die Schweiz kann nicht wie geplant vorzeitig rund 40 Millionen Dollar an Tunesien zurückerstatten. Das Bundesstrafgericht hat die Beschwerde des Schwagers des gestürzten Präsidenten Zine al-Abidine Ben Ali gegen eine Verfügung der Bundesanwaltschaft gutgeheissen.

4 Meldungen im Zusammenhang
Das Gericht in Bellinzona sah das rechtliche Gehör von Belhassen Trabelsi durch die Bundesanwaltschaft (BA) verletzt. Dies erklärten sowohl der Sprecher des Bundesamts für Justiz, Folco Galli, als auch Trabelsis Anwalt, Jean-Marc Carnicé, auf Anfrage. Beide bestätigten damit einen Bericht der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Mittwoch.

Der Entscheid des Bundesstrafgerichts vom 9. Dezember ist gemäss Galli bereits rechtskräftig. Die Verfügung zur vorzeitigen Geldrückgabe an Tunesien hatte die BA im April dieses Jahres erlassen. Dabei hatte sie verneint, dass die eingefrorenen Vermögenswerte rechtmässig erworben worden waren.

Parallelen zum Fall Abacha

Ähnlich war die Schweiz in Zusammenhang mit der Rückgabe von Geldern des verstorbenen nigerianischen Diktators Sani Abacha vorgegangen. 2005 hatte das Bundesgericht im Fall des Abacha-Clans erstmals auch bei einem Rechtshilfefall auf die umgekehrte Beweislast erkannt.

Dabei muss nicht wie sonst der Staat die illegale Herkunft von Geldern beweisen, sondern eine kriminelle Organisation beweisen, dass die Gelder legalen Ursprungs sind. Ansonsten zieht der Staat die Gelder ein.

Der damalige Entscheid des Bundesgerichts ermöglichte die Rückgabe der Abacha-Gelder an Nigeria, ohne dass ein rechtskräftiges Urteil über die Einziehung der Gelder aus Nigeria abgewartet werden musste.

Zwei Verfahren gegen Trabelsi

Im Falle von Ben Alis Schwager Trabelsi laufen zwei Verfahren: Neben dem Rechtshilfeersuchen Tunesiens auch ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf Geldwäscherei. Qualifizieren die Schweizer Gerichte im Falle des Ben-Ali-Clans ebenfalls auf Bildung einer kriminellen Organisation, kann die Schweiz die hier blockierten Gelder an Tunesien zurückgeben.

Ob auch beim Ben-Ali-Clan die Beweislast umgekehrt wird, ist noch nicht entschieden. Gemäss seinem Anwalt hatte Trabelsi im Rahmen der beiden Verfahren gegen ihn umfangreiche Unterlagen über Projekte in Tunesien und dazu gehörende Transaktionen bei der BA eingereicht, die die legale Herkunft der Gelder beweisen sollen.

Prüfung oberflächlich

Das Bundesstrafgericht bemängelte laut Carnicé in seinem Entscheid, die BA habe sich zu diesen Unterlagen nur oberflächlich geäussert. Es kritisierte, die BA sei ohne vertiefte Prüfung zum Schluss gekommen, Trabelsis Unterlagen würden die legale Herkunft der Gelder nicht belegen.

Das Bundesstrafgericht entschied, damit sei Trabelsis Recht auf Gehör durch die Bundesanwaltschaft verletzt worden. Die Richter in Bellinzona gaben Trabelsi in diesem Punkt Recht und hoben die Verfügung auf vorzeitige Rückgabe auf, wie Anwalt Carnicé erklärte.

Die BA muss den Beschwerdeführern zudem eine Entschädigung in Höhe von rund 8000 Franken für die Verfahrenskosten zahlen. «Mein Klient hat lückenlose Erklärungen zur absolut rechtmässigen Herkunft der in der Schweiz deponierten Gelder geliefert», sagte Trabelsis Rechtsvertreter.

Gelder bleiben blockiert

Die Gelder Trabelsis bleiben nun in der Schweiz blockiert. Der Bundesrat hatte kurz nach Ben Alis Sturz im Januar 2011 die Sperrung von Geldern des Ben-Ali-Clans verfügt. Der Entscheid des Bundesstrafgerichts «stellt weder die rechtliche Möglichkeit noch den politischen Willen der Schweiz, die betreffenden Vermögenswerte an Tunesien zurückzuerstatten, in Frage», schrieb BJ-Sprecher Galli.

Bundesanwaltssprecherin Jeannette Balmer schrieb auf Anfrage, sowohl das Rechtshilfeverfahren als auch die Strafuntersuchung würden weitergeführt.

Sollte Trabelsi in der Schweiz rechtskräftig wegen Geldwäscherei verurteilt werden, können die Gelder eingezogen werden. Gleiches gilt auch, wenn ein rechtskräftiges Einziehungsurteil aus Tunesien vorliegt.

(bg/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Bern - Ein Dekret zur Einziehung ... mehr lesen
Ex-Präsidenten Ben Ali soll Gelder in der Schweiz gehortet haben.
Sani Abacha war der ehemalige Diktator.
Genf - Die Genfer Justiz wird 380 Millionen Dollar der Familie des ehemaligen Diktators Sani Abacha an Nigeria zurückerstatten. Damit findet ein jahrelanges juristisches ... mehr lesen
Die Gelder wurden nach dem Sturz des tunesischen Machthabers Zine Al-Abidine Ben Ali blockiert. (Archivbild)
Bern - Die Schweiz gibt erstmals blockierte Vermögenswerte an Tunesien frei. Das hat die Bundesanwaltschaft (BA) entschieden. Es handelt sich um Gelder in Höhe von 40 ... mehr lesen
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Der Jugendliche sammelt durch das Fahren mit dem eigenen Mofa frühzeitig viele Erfahrungen im Strassenverkehr.
Der Jugendliche sammelt durch das Fahren mit dem ...
Publinews Jugendliche schätzen Aktivität und Mobilität. Statt ständig auf Eltern oder öffentliche Verkehrsmittel angewiesen zu sein, lohnt es sich, über den Besitz eines eigenen Mofas nachzudenken. Schliesslich bietet es mehr Flexibilität und Unabhängigkeit. mehr lesen  
Musikstreaming-Apps im App Store  Brüssel hat Apple mit einer Geldstrafe in Höhe von 1,8 Milliarden Euro belegt. Laut einer Untersuchung ... mehr lesen  
Apple hatte Musikstreaming-Konkurrenten im App Store benachteiligt.
Für die Solarwirtschaft wurden die Berufe «Solarinstallateur/in EFZ», «Solarmonteur/in EBA» eingeführt.
Um den Anforderungen der Wirtschaft Genüge zu tun  Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat im Jahr 2023 insgesamt 50 neue oder überarbeitete Berufe genehmigt und ... mehr lesen  
Publinews In der sich ständig weiterentwickelnden Welt der Technik gewinnen Anwendungen oft schnell an Aufmerksamkeit, nur um später wieder von der Bildfläche zu verschwinden. Peppr, einst ein heisses Thema unter Technikbegeisterten, ist ein Beispiel für diesen Trend. Was zeichnete Peppr also aus, und welche Herausforderungen führten zu seinem Niedergang? mehr lesen  
Titel Forum Teaser
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Fr Sa
Zürich 3°C 11°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt freundlich
Basel 4°C 11°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt
St. Gallen 1°C 8°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich freundlich
Bern 1°C 11°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt wechselnd bewölkt
Luzern 3°C 11°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt freundlich
Genf 2°C 13°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt
Lugano 4°C 13°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass trüb und nass
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten