Schweizer bereits ausgeschieden

publiziert: Sonntag, 29. Jan 2006 / 18:16 Uhr / aktualisiert: Sonntag, 29. Jan 2006 / 23:08 Uhr

Mit einem Debakel gegen die Ukraine endete für das Schweizer Handball-Nationalteam die EM in der Gruppenphase. 24 Stunden nach dem Coup gegen die Polen (31:31) unterlag die chancenlose SHV-Auswahl in St. Gallen der Ukraine 30:37.

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Am wichtigsten Handball-Event seit 20 Jahren scheiterten die Schweizer ungünstig früh. Sie verpassten nicht nur die attraktive Hauptrunde mit Weltmeister Spanien, Titelhalter Deutschland und Frankreich, sondern auch die unbezahlbare Chance, eine Woche lang zur TV-Primetime ins nationale Rampenlicht zu rücken. Den Schweizern entglitten gegen die Ukraine mehr als nur zwei Punkte, sie blieben am Rand der öffentlichen Wahrnehmung.

WM rückt in weite Ferne

Die 3500 Zuschauer in der zum dritten Mal ausverkauften Kreuzbleiche-Halle wähnten sich im falschen Film. Obschon es sich bei den Schweizern um die gleichen Darsteller handelte wie tags zuvor beim (einzigen) Programmhöhepunkt gegen den Favoriten Polen, waren sie kaum mehr wieder zu erkennen. Die Ukraine degradierte die hilflose Auswahl Ehrets zum Statisten - mit der mittelfristigen Konsequenz, dass auch die WM in Deutschland in weite Ferne rückte, weil die Schweizer im Playoff im Sommer nun auf einen Gesetzten der oberen Tableauhälfte (z.B. Frankreich) treffen.

Extreme Schwankungen

Ungebremst schlitterte die Mannschaft von Arno Ehret ins Verderben. Es passierte, was in der Schweizer Szene zwar befürchtet worden war, aber nach dem starken Auftritt gegen den Gruppenfavoriten nicht mehr unbedingt zu erwarten war. Innerhalb von 24 Stunden begeisterte und enttäuschte das kaum zu berechnende Ensemble der vielen Unerfahrenen gleichermassen. Die Schwankungen waren extrem und ohne den verletzten Robbie Kostadinovich in keiner Weise zu beheben.

Impulse ausgeblieben

Erreicht die Tagesform aller Beteiligten zum identischen Zeitpunkt den Höchststand, ist die aktuelle Ausgabe der nationalen Handball-Elite durchaus zu einer Ehrenmeldung befähigt. Für den Ausnahmefall sind die Schweizer indes auf eine überragende Goalieleistung und eine überdurchschnittliche Quote der Rückraumachse angewiesen. Diese Vorgaben erfüllte Keeper Pascal Stauber zweimal, im entscheidenden Einsatz blieben seine Impulse hingegen aus.

Gleiches liesse sich zur Angriffsabteilung um Regisseur Andy Schmid sagen. Die beeindruckende Vorstellung gegen Polen war nichts mehr als eine Momentaufnahme ohne Wert. Als es wirklich ernst galt, versagten mit Ausnahme von Martin Engeler sämtliche Aufbauer. Schmid wägte das Risiko permanent unzureichend ab, der Orientierungslosigkeit der Nebenspieler wirkte der 22-jährige Luzerner nicht einmal ansatzweise entgegen. Die schwierige Aufgabe, den verletzten Mittelmann und Captain Robbie Kostadinovich zu ersetzen, überforderte den Luzerner.

Druck nicht standgehalten

In der kursweisenden Partie gegen die Ukraine wurden die Limiten der Schweizer schonungslos aufgedeckt - oder je nach Sichtweise bestätigt. Einige werden sich mit dem Fakt beschäftigen müssen, unter Druck regelmässig die Nerven zu verlieren. Wer belastbare Kräfte fürs sportliche Krisenmanagement sucht, wäre mit der Wahl eines Schweizer Aufbauers gewiss schlecht beraten. Die Einschätzung ist durchaus mit Zahlen zu belegen. Thomas Gautschis desaströse Bilanz im «Entscheidungsspiel» gegen die Ukraine liest sich wie folgt: zwölf Fehler und drei Tore, als die Würfel längst aufs Parkett gefallen waren.

Das Versagen der Angreifer dokumentierte sich am Sonntag zwischen der 11. und 17. Minute, als den Schweizern keine gewinnbringende Aktion mehr gelang und die Osteuropäer den Vorsprung innert Kürze auf sechs Treffer erhöhten. An eine Korrektur brauchten die Gastgeber keinen Gedanken zu verschwenden, weil sie offensiv partout die falsche Variante wählten und die Ukrainer in der ersten Hälfte eine Angriffseffizienz von gegen 80 Prozent erreichten. «Da blieb für uns nie Raum, auch nur etwas Zuversicht zu schöpfen. Die Ukraine strahlte eine unglaubliche Sicherheit aus», stellte Ehret desillusioniert fest.

Absturz liess sich nicht vermeiden

Er habe in der Pause der Mannschaft vermitteln wollen, der Weg aus der Umklammerung sei am ehesten noch mit einer Steigerung der Deckung zu finden. Der Deutsche erkannte aber auch in der zweiten Hälfte keine Fortschritte. Ebenso vergeblich hatte Ehret gehofft, Antoine Ebinger, die vermeintliche Nummer 1 im Tor, würde «ein grosses Spiel gelingen». Ebinger bekam auch im dritten Spiel von Beginn weg keinen schwierigen Ball zu fassen und musste früh Stauber weichen. Doch selbst mit dieser zwingenden Massnahme liess sich der Absturz nicht mehr vermeiden.

Die desolate Vorstellung auf dem Abweg ins EM-Niemandsland ist nicht nur eine Frage der Routine, sondern primär das Thema der offenkundig mangelnden Klasse. Pascal Jenny, der eine zufriedenstellende Euro bot, nahm kein Blatt vor den Mund: «Vielleicht fehlt uns die Qualität, ja. Wir sind einfach zu wenig abgebrüht. Wir konnten hier auf diesem Niveau nicht mehr reagieren, waren physisch nicht bereit.»

Wer muss gehen?

Damit zu rechnen, dass die Schweizer Equipe in den kommenden Jahren in unveränderter Besetzung reifen wird, wäre ziemlich naiv. Schweizer Handballer setzen in der Regel früher als die internationale Konkurrenz auf die Karte Ausbildung/Beruf. Innenblocker Martin Stettler wird sich in absehbarer Zeit zurückziehen, Linksaussen Jenny überlegt sich, ob er im WM-Playoff noch zur Verfügung steht. Gautschi dürfte Ähnliches in Betracht ziehen.

Die Entscheidungsträger beim Verband müssten sich rasch ein Bild davon verschaffen, mit wem künftig noch zu planen ist. Zu besprechen wäre auch die weitere Zusammenarbeit mit Arno Ehret. Das erklärte Ziel wurde in St. Gallen verpasst -- wie im vorletzten Sommer die WM-Teilnahme gegen die Griechen. Ehret selber mochte sich nach unmittelbar nach dem Out nicht konkret zu seiner Zukunft äussern: «Ich werde mir Zeit lassen, ehe ich für mich eine Analyse mache.» Zum richtigen Zeitpunkt gelte es «die richtigen Erkenntnisse auszutauschen».

(Sven Schoch/Si)

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