'Schweizer sind offener geworden'

publiziert: Mittwoch, 18. Aug 2004 / 09:06 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 18. Aug 2004 / 10:06 Uhr

Bern - Junge Secondos unterstützen die erleichterte Einbürgerung junger Ausländer der zweiten Generation. Sie haben den grössten Teil ihres Lebens in der Schweiz verbracht und sehen in ihrer Wahlheimat ihre Zukunft. Doch Europäer tauschen ihren Pass ungern ein.

Ältere Schweizer Dame im Gespräch mit jungem Immigranten.
Ältere Schweizer Dame im Gespräch mit jungem Immigranten.
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Wie eine kleine Umfrage der Nachrichtenagentur sda zeigt, haben viele junge EU-Bürgerinnen und -Bürger nur Interesse am roten Pass, wenn sie Doppelbürger werden können. In einigen Ländern der EU ist dies aber nicht möglich.

Eine Einbürgerung habe sie nie für nötig gehalten, und sie hätte sie viel Geld gekostet, sagt eine 22-jährige Spanierin. Sie lebt seit ihrer Geburt im Wallis, dem einzigen Kanton der französischen Schweiz, der keine erleichterte Einbürgerung für junge Ausländer kennt. "Für meine Arbeit reicht die Aufenthaltsbewilligung C."

Unnötige Schikanen abschaffen

Wie andere junge Europäer im Wallis bedauert die junge Frau, nicht abstimmen zu können. Genau das hat Latino Gustavo, einen 28-jährigen Spanier, dazu gebracht, im zürcherischen Dübendorf ein Einbürgerungsgesuch zu stellen. Seit seinem ersten Geburtstag lebt er in der Schweiz.

"Für Secondos ist es wichtig, den Schweizer Pass leichter zu erhalten", sagt er. "Ihre Zukunft liegt in der Schweiz, und sie sind vollständig in die Gesellschaft integriert." Doch das Verfahren sei voller Schikanen. In seiner Wohngemeinde Dübendorf hat Gustavo einen Kurs in Staatskunde besuchen müssen, obwohl er Unterricht dieser Art bereits am Gymnasium hatte.

Junge Menschen aus Nicht-EU-Staaten unterstützen die erleichterte Einbürgerung dezidierter. Mehrere Gesprächspartner wollen ein Gesuch stellen, wenn das Volk am 26. September die Einbürgerungsvorlagen gutheisst.

Mehr Reisefreiheit

Ihre Motive sind oft praktischer Natur. Geoffrey Gidudu, 23 und Ugander, kam als Vierjähriger nach Zürich. Er hofft, dass der rote Pass ihm bei der Suche nach Arbeit hilft. Zudem will er mehr Reisefreiheit.

"Neulich ist meine Freundin zum Einkaufen nach Deutschland gefahren", erzählt er. "Ich habe sie nicht begleiten können, weil es zu lange gedauert hätte, ein Visum zu bekommen." Den Militärdienst würde Gidudu absolvieren, wenn er Schweizer wäre. "Das ist eine Pflicht wie jede andere auch."

Die Kroatin Tatjana Situm (20), seit dem siebten Altersjahr in Zürich zu Hause, würde ein einheitliches Verfahren für die Einbürgerung begrüssen. "Vor vier Jahren habe ich die Formulare kommen lassen. Aber der Papierkrieg hat mich abgeschreckt."

Junge Ausländerinnen und Ausländer, deren Einbürgerungsgesuche an der Urne abgelehnt wurden, erwarten viel vom neuen Verfahren. "Ich bin guter Hoffung, dass die Gesetzesänderungen Vereinfachungen bringen, auch wenn es immer noch Urnenabstimmungen gibt", sagt Boris Jevremovic (20) aus Serbien-Montenegro.

Offenere Schweiz?

Er lebt seit 19 Jahren in der Schweiz und spricht perfektes Schweizerdeutsch. Aber sein Bürgerrechtsgesuch, das er kurz vor der Maturaprüfung in Ibach SZ stellte, wurde von der Gemeinde abgelehnt.

Der Tscheche Jakup Shefkiu ist 16, lebt seit seiner Geburt in Emmen LU und seine Eltern haben das Gleiche erlebt. Der Serbe und der Tscheche sind enttäuscht, weil sie sich als Schweizer fühlen und die Absicht haben, in der Wahlheimat zu bleiben.

Gibt es am 26. September ein Ja, will Jakup über ein neues Gesuch nachdenken. Aber ob er auf seinen europäischen Pass verzichten will, darüber ist er sich nicht sicher.

Auch wenn mehrere der befragten jungen Menschen den Inhalt der Vorlage nicht genau kennen, sind sie zuversichtlich über den Ausgang der Abstimmung. "Ich denke, dass die Schweizer gegenüber Secondos jetzt offener sind", sagt Tatjana Situm. Auch Latino Gustavo glaubt nicht, dass die erleichterte Einbürgerung in der Volksabstimmung erneut durchfällt.

(fest/sda)

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