Streit verschiedener Welten

publiziert: Donnerstag, 3. Sep 2009 / 11:48 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 3. Sep 2009 / 12:13 Uhr

11 Meldungen im Zusammenhang
OK. Man kann sich verschätzen - sei man nun Bundespräsident oder Kolumnist. Wobei sich hier der Autor vor allem in der Dimension der pubertären Verblödung des libyschen Diktators Muammar al Gaddafi getäuscht hat. Dabei hätte es klar sein sollen, dass es sich bei Gaddafi um eine ganz spezielle Sorte eines Operetten-Diktators handelt.

Der Plan Gaddafis, an der UNO-Hauptversammlung die Verteilung der Schweiz an die Nachbarstaaten zu fordern, ist dabei bezeichnend für die schizoide Veranlagung dieses Kindskopfs aus der Wüste, der sich andauernd wieder selbst in den Weg kommt, bei dem Versuch, als echter Staatsmann und nicht nur als Rabauke anerkannt zu werden.

Die Beispiele für diese Neigung sind zahlreich. Da fordert er mehr Selbstverantwortung der afrikanischen Staaten bei der Lösung ihrer Probleme und beschuldigt gleichzeitig Israel, all diese verursacht zu haben. Oder der pompöse Empfang des begnadigten Lockerbie-Attentäters Al-Megrahi in Tripolis.

Dies, nachdem Libyen bereits Milliarden an Entschädigungen an die Familien der Opfer der diversen in den 80er Jahren verübten Terroranschläge, die von Gaddafi veranlasst worden waren, gezahlt hat. Viel vom durch die Entschädigungen erkauften Goodwill verdampfte im Anschluss an Megrahis Empfang wieder, und Gaddafi bestätigte von Neuem, dass er seine alte Rolle nicht ablegen kann oder will.

Gaddafi akzeptiert für sich keine Regeln und seine impulsive Art machen ihn ziemlich unberechenbar, auch wenn er seit Jahren daran arbeitet, vom Westen akzeptiert zu werden. Zumindest vor grossen Mächten hat er unterdessen Respekt und weder die EU noch die USA müssen noch grosse Dinge von ihm befürchten. Im Grossen und Ganzen ist Gaddafi domestiziert worden.

Diese Domestizierung seiner muss schmerzhaft für ihn sein, der sich unablässig selbst inszenieren muss. Sein Ego und seine Ambitionen sind um vieles grösser als seine tatsächliche Macht und sein wirklicher Einfluss in der Welt und in Afrika.

Von dem her muss der Streit mit der Schweiz für ihn wie ein Geschenk des Himmels gekommen sein. Die Vorgabe der Genfer Polizei war dabei natürlich entscheidend - ganz egal was an den Vorwürfen dran war oder ist - es wurde hier einer seiner Söhne in seiner Ehre verletzt und somit auch er selbst. Und diese Infamie (in seinen Augen) ging von einem Land aus, dass sich international momentan in der tiefsten Isolation seit Jahrzehnten befindet. Steuerstreit, Bankgeheimnis und der UBS-Skandal haben die Position der Schweiz, die lediglich in der UNO dabei ist, stark geschwächt.

Als der Mist richtig am Dampfen war, gab es keinen Verbündeten, keine Freunde, an die sich die Schweiz hätte wenden können. Irgendwelche Sanktionen scheinen sinnlos zu sein und auch ein Militärschlag nicht mal im Entferntesten eine Option. Die Schweiz hat keine Druckmittel und Libyen besitzt immer noch die beiden Geschäftsleute als Faustpfand.

Aber wofür? Was will Gaddafi denn eigentlich? Mittlerweile sollte es eigentlich klar sein - es geht vor allem darum, die «Ehre» wieder her zu stellen. Die Familie Gaddafis fühlt sich ganz klar immer noch gedemütigt. Merz' Canossagang war offensichtlich noch nicht genug. Gaddafi will scheinbar, dass die Schweiz, die sich so ungebührlich verhalten habe, sich vor Pein windet und um Gnade winselt.

Dass auch Gaddafi selbst fast kein Druckmittel besitzt, zeigt sich daran, wie stur er sich an den beiden Schweizern fest klammert. Die UNO-Initiative ist einfach ein weiterer Versuch, der Schweiz eine Demütigung zuzufügen, egal wie lächerlich das Ansinnen ist.

Am Ende handelt es sich um einen Zusammenprall eines modernen Bundesstaates mit einem archaischen Despoten, dem Konflikt eines abstrakten Staatsgebildes mit einem Familienclan. Wie dieser Streit unterschiedlicher Welten beigelegt werden kann, ist momentan noch offen. Vielleicht könnten die Schweizer ja den Schwingerkönig zu einem Wettkampf mit dem besten Ringer in Libyen schicken... absurder als das momentane Theater wäre auch dies sicher nicht.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

Machen Sie auch mit! Diese news.ch - Meldung wurde von einer Leserin oder einem Leser kommentiert.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Bern - Bundespräsident Hans-Rudolf ... mehr lesen 8
Bundesrat Hans-Rudolf Merz glaubt, dass Muammar Gaddafi die Schweiz demütigen will. (Archivbild)
Bern - Die Schweiz hofft weiterhin auf ... mehr lesen 2
Eine Freilassung der Geiseln wäre auch für das Ansehen von Bundespräsident Hans-Rudolf Merz wichtig.
Bern - Ein Antrag Libyens, im Rahmen der kommenden ... mehr lesen 4
Dass sich die UNO überhaupt mit so einem Antrag befassen muss. Bild: Hauptsitz in New York.
Weitere Artikel im Zusammenhang
 
Die Ereignisse in der Affäre ... mehr lesen 6
Die Schweiz soll von der Landkarte ... mehr lesen 36
Der Libysche Diktator Gaddafi provoziert mit abwegigen Forderungen.
Bundesrätin Micheline Calmy-Rey und Hans-Rudolf Merz äussern sich an der Medienkonferenz im Anschluss an die Bundesratssitzung.
Bern - Bundespräsident Hans-Rudolf ... mehr lesen 1
Tripolis - Der libysche Staatschef ... mehr lesen 3
Muammar al-Gaddafi lässt sich bis heute nicht Präsident sondern «Revolutionsführer» nennen.
Collage: Strassenumfrage in St. Gallen zur Libyen-Affäre
Die beiden in Libyen festgehaltenen Schweizer werden wohl nicht so bald in die Heimat zurückkehren können. Laut dem Generalsekretär des libyschen Aussenministeriums, Khaled M. Kaim, werden sie ... mehr lesen 2
Bern - Bis Sonntag um Mitternacht ... mehr lesen
Bundespräsident Hans-Rudolf Merz hatte sich in Tripolis offiziell für die Festnahme entschuldigt.
OK. Man kann auch
zu viel reden!
Die Schweiz wir Gaddafi spielend überleben. Es wird sie noch gaben, wenn der ganze Clan Gaddafi von den eigenen Leuten in die "Wüste" geschickt worden ist.
Insofern lassen wir den Despoten spinnen und wenden wir uns dem Tagesgeschäft zu!
Das liegt ja nun wieder in den besten Händen!
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
«Hier hätte ich noch eine ...
In den USA ist bei einer Frau mit Harnwegsinfektion zum ersten mal ein Bakterium aufgetaucht, das gegen das letzte Reserve-Antibiotikum resistent ist. Wer Angst vor ISIS hat, sollte sich überlegen, ob er seinen Paranoia-Focus nicht neu einstellen will. Denn das hier ist jenseits aller im Alltag sonst verklickerten Gefahren anzusiedeln. mehr lesen 4
Durch ungeschickte Avancen von SBB- und Post-Chefs, droht die Service-Public-Initiative tatsächlich angenommen zu werden. Von bürgerlicher Seite her solle laut einem Geheimplan daher ein volksnaher ... mehr lesen
Künftig mindestens 500'000.-- und die ganze Schweiz inklusive: SwissPass, der schon bald mal GACH heissen könnte.
Urversion von IBM's Supercomputer WATSON: Basis für 'ROSS'... und unsere zukünftigen Regierungen?
Eine renommierte US-Kanzlei stellt einen neuen Anwalt Namens Ross ein. Die Aufgabe: Teil des Insolvenz-Teams zu sein und sich durch Millionen Seiten Unternehmensrecht kämpfen. Und nein, ROSS ist kein armes Schwein, sondern ein ... mehr lesen  
In letzter Zeit wurden aus Terrorangst zwei Flüge in den USA aufgehalten. Dies, weil Passagiere sich vor Mitreisenden wegen deren 'verdächtigen' Verhaltens bedroht fühlten. ... mehr lesen  
Sicherheitskontrolle in US-Airport: 95% Versagen, 100% nervig.
Typisch Schweiz Der Bernina Express Natürlich gibt es schnellere Bahnverbindungen in den Süden, aber wohl ...
Highlight der Kollektion: Eine Gibson Les Paul von 1959, die 300.000 bis 500.000 Pfund einbringen soll.
Shopping Mark Knopfler verkauft seine Gitarrensammlung Die Gitarrensammlung vom Dire Straits-Gitarristen Mark Knopfler wird am 31.01.2024 bei Christie's versteigert.
Erstaunliche Pfingstrose.
Jürg Zentner gegen den Rest der Welt.
Jürg Zentner
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: Alles könnte anders sein, aber nichts ändert sich.
Regula Stämpfli seziert jeden Mittwoch das politische und gesell- schaftliche Geschehen.
Regula Stämpfli
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
Patrik Etschmayers exklusive Kolumne mit bissiger Note.
Patrik Etschmayers
Obama in Hanoi mit der Präsidentin der Nationalversammlung, Nguyen Thi Kim Ngan auf einer Besichtigungstour: Willkommenes Gegengewicht zu China.
Peter Achten zu aktuellen Geschehnissen in China und Ostasien.
Peter Achten
Recep Tayyp Erdogan: Liefert Anstoss, Strafgesetzbücher zu entschlacken.
Skeptischer Blick auf organisierte und nicht organisierte Mythen.
Freidenker
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Sa So
Zürich 4°C 19°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt
Basel 7°C 19°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig gewitterhaft wechselnd bewölkt
St. Gallen 5°C 18°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt
Bern 4°C 18°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wolkig, aber kaum Regen
Luzern 6°C 19°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt
Genf 10°C 21°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt, Regen
Lugano 7°C 12°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig anhaltender Regen anhaltender Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten