TV-Debatte überzeugt Franzosen nicht

Eine solche Angst bei jungen Menschen, das ist nicht natürlich, wunderte sich Chirac. Der Auftritt des Präsidenten war als Rettungsaktion für das Referendum am 29. Mai gedacht, das zu scheitern droht.

Chirac schliesst Rücktritt aus

Sie werden 24 Länder haben, die mit Ja stimmen, und dann das schwarze Schaf, das alles blockiert, warnte Chirac mit Blick auf die jüngsten Umfragen, die eine Ablehnung der Verfassung durch 55 Prozent der Befragten ergaben. In Europa werden wir dann nicht mehr viel zählen, betonte Chirac.

Einen Rücktritt im Falle eines Neins zur Verfassung schloss der Staatschef aus. Bei der Volksabstimmung gehe es nicht um die innerfranzösische Machtverteilung, sondern ausschliesslich um die EU-Verfassung.

Viele Fragen, keine Antworten

Die von ihm herausgehandelten Agrarsubventionen für die französischen Landwirte wären nach einer Ablehnung der Verfassung in Gefahr, warnte Chirac. Ein einiges und starkes Europa sei im Interesse Frankreichs, betonte der Präsident. Frankreich muss seine Interessen, seine Arbeitsplätze und seine Macht verteidigen.

Mit Blick auf die Verfassungsgegner aus dem linken politischen Spektrum betonte er, die EU-Verfassung verhindere ein liberales Abdriften Europas.

Auf viele konkrete Fragen der jungen Leute zu den Folgen der Verfassung für ihr tägliches Leben gab der Präsident allerdings keine Antwort. Vor allem die darin aufscheinenden Ängste schienen Chirac zu überraschen: Das ist ein Gefühl, das ich nicht verstehe.

Debatte war ein Reinfall

Die Presse beurteilte die Fernsehdebatte fast einhellig als Reinfall. Chirac rudert, fasste die Tageszeitung Le Parisien zusammen.

Der Kommentator der Regionalzeitung La Provence vermutete den Grund dafür in Chiracs eigener Zurückhaltung gegenüber Europa: Als Europäer aus Vernunft und nicht aus Leidenschaft hat der Staatschef nicht viele Menschen mitgerissen oder umgestimmt.

(rp/sda)