Technoide Prosa im Zürcher Grandhotel Dolder

publiziert: Samstag, 27. Sep 2003 / 00:31 Uhr

Der US-Bestseller-Autor Don DeLillo reduziert in seinem neusten Roman "Cosmopolis" das Ende der Dot-Com-Euphorie der Neunziger auf einen Tag. Am Freitagabend trug er zusammen mit dem Übersetzer der deutschen Ausgabe, Frank Heibert, im Zürcher Grandhotel Dolder daraus vor.

Der Autor Don DeLillo las im Zürcher Grandhotel Dolder aus seinem neuen Roman "Cosmopolis" vor.
Der Autor Don DeLillo las im Zürcher Grandhotel Dolder aus seinem neuen Roman "Cosmopolis" vor.
Der mittlerweile dreizehnte Roman von Don DeLillo, Star-Autor der amerikanischen postmoderne Literatur, erzählt das Leben und das Scheitern des Vermögensverwalters Eric Packer.

Der mehrfache Milliardär steht eines Morgens auf, blickt auf die Stadt und hat keine Idee, was er mit dem Tag anfangen soll.

Schliesslich fasst er den Plan, durch halb New York zu fahren, um sich bei seinem Jugendcoiffeur, die Haare schneiden zu lassen.

Ende der Dot-Com-Euphorie

Beinahe die gesamte Erzählung spielt in der weissen Stretchlimousine auf der 47sten Avenue von New York City.

Packer verlässt dabei seinen Wagen nur, um Sex zu haben, in eine Bücherei zu gehen und um sich zwischen 300 nackten Filmstatisten auf eine Strassenkreuzung zu legen.

Im Verlaufe des Tages verspekuliert Packer sein gesamtes Vermögen an der Börse und liefert sich schliesslich selber seinem eigenen Mörder aus.

Don DeLillo erzählt in "Cosmopolis" das Ende der Dot-Com Zukunftseuphorie der Neunzigerjahre und deutet dabei den Beginn der neuen Ära des globalen Terrors an.

Nach eigener Aussage beendete Don DeLillo den Roman "Cosmopolis" nur kurze Zeit vor den Anschlägen auf das World Trade Center in New York.

Rhythmus vor Sinn

Der amerikanische Autor verlangt bei den Übersetzungen seiner Romane stets, sich im Zweifelsfall von der vollkommen sinngemässen Übersetzung zugunsten von Ton und Rhythmus zu trennen.

Frank Heibert, der schon das epische Werk "Underground" übersetzte, setzte dies in der deutschen Ausgabe von "Cosmopolis" sehr gut um.

Auf den ersten Blick wirken manche Passagen möglicherweise prätentiös, doch im Kontext gewinnen sie an Qualität und können den technoiden Statacco-Stil DeLillos in "Cosmpolis" erfassen.

In der Lesung am Freitagabend war Heibert bei der Beachtung von Ton und Rhythmus weniger erfolgreich.

Während Don DeLillo den Text in einem eigenwilligen und aufdringlichen Fluss vortrug - er sog die Zuhörer richtiggehend in den Bann -, setzte Heibert zu viel Gewicht auf eine Inszenierung der ausgewählten Sequenzen.

Heiberts Lesung war unterhaltsam, doch fehlte Tiefgang; seine vorgetragenen Textpassagen standen im starken Kontrast zum Fluss der Sequenzen, die sich DeLillo aussuchte.

Don DeLillo wurde 1936 als Sohn von italienischen Immigranten in New York geboren. Den ersten grossen kommerziellen Erfolg erreichte er mit dem Roman "White Noise" im Jahr 1987.

Vom gleichen Author sind "Libra", ein Roman über den Mörder von US-Präsident John F. Kennedy, und "Mao II", ein Roman über die Paranoia des Terrors in den Vereinigten Staaten.

Weitere Informationen
Die deutsche Ausgabe von "Cosmopolis" erschien Ende August im Kiepenheuer & Witsch Verlag.

Die Lesung wurde in einer Gemeinschaftsproduktion der Eventagentur Swissandfamous und der Credit Suisse organisiert.

(bsk/news.ch)

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