Tennis: Kratochvil auf der Suche nach der Topform

Auch in Key Biscayne fand der 24-jährige Berner nicht raus aus der Krise. 1:6, 4:6 unterlag Kratochvil dem 21 Ränge schlechter klassierten Brasilianer Fernando Meligeni. Die Erklärung? Kratochvil: "In Indian Wells holte ich mir eine Grippe. Ich musste Antibiotika schlucken und konnte die letzten Tage kaum trainieren. ¨

Dann bin ich nach Florida geflogen, als ich noch krank war. Die Grippe wurde wieder schlimmer. Gegen Meligeni fehlte mir bei über 30 Grad dann schlicht die Kraft. Ich hatte einfach keinen Jus. Ich überlegte mir zu Beginn des zweiten Satzes aufzugeben -- aber als ich aufgeben wollte, unterliefen Meligeni plötzlich Fehler." Die Fehler des Brasilianers verhalfen Kratochvil noch zu einem ehrenvollen Satzergebnis, aber nicht mehr zur Wende.

Absturz von 38 auf 78

Anfang Februar, als er Martin Verkerk im entscheidenden Einzel besiegte, war Michel Kratochvil in Arnheim gegen Holland noch der gefeierte Davis-Cup-Held. Dieser Sieg hätte die Wende zum Guten sein sollen, war es aber nicht. Seit dem Davis-Cup hat Kratochvil auf der Tour bloss drei von acht Einzeln gewonnen: Er verlor gegen Karol Kucera (ATP 42/zweimal) sowie gegen Lee Hyung-Taik (ATP 65), Arnaud Clément (ATP 43) und nun Meligeni (ATP 99). Nach Wimbledon 2002 belegte Kratochvil Platz 38 im Ranking und schielte nach vorne in die Regionen von Roger Federer; mittlerweile ist er jedoch auf Position 78 abgestürzt.

Kratochvil: "Es ist frustrierend! Tennismässig fühle ich mich gut, körperlich aber überhaupt nicht. Der Davis-Cup war zweifellos einer der schönsten Momente meiner Karriere. Sowas hilft -- zum Beispiel zwei Wochen nach Arnheim, als ich in Kopenhagen gegen Kenneth Carlsen antreten musste. Da war die Stimmung fast wie im Davis-Cup. Aber ich konnte mir sagen: ´Ich habe schon Schlimmeres erlebt...´ Und ich gewann das Spiel."

Ist Karbacher der Richtige?

Generell gewinnt der Berner aber zu selten. Bloss acht Siege feierte er seit dem Wimbledon-Exploit vor acht Monaten. Als Folge davon trennte er sich von Coach Vojko Fersch. Der Deutsche Bernd Karbacher (35), der seine Aktiv-Laufbahn vor drei Jahren beendete, soll Kratochvil nun wieder nach vorne führen.

Karbacher ist ein Coach noch ohne Leistungsausweis. Zuletzt tranierte er seinen Landsmann David Prinosil (30), der seit Anfang 2001 von Platz 38 im Ranking aus den Top 200 herausfiel. Warum Karbacher? Kratochvil: "Er spricht deutsch. Und ich habe ihn als angenehme Person kennen gelernt. Er war die Nummer 20 der Welt und hat viel Erfahrung. Ich kann einiges von ihm lernen."

Tipps und Ratschläge nimmt Kratochvil aber weiter auch von seinem Freund Jakob Hlasek entgegen, der in Miami auf der Tribüne sass. Karbacher fehlte in Key Biscayne; nach einer zweiwöchigen Testphase (Delray Beach, Indian Wells) beginnt die Zusammenarbeit nach dem Davis-Cup beim Turnier in Monte-Carlo so richtig.

Vielleicht kann Karbacher seine Trainer-Laufbahn mit Kratochvil so richtig lancieren. Auch seine Erfolge als Tennisspieler waren schliesslich mit Schweizern liiert. Karbacher erreichte zweimal die Viertelfinals an Grand-Slam-Turnieren. 1994 am US Open besiegte er auf dem Parcours dorthin Marc Rosset; am French Open ´96 scheiterte er im Viertelfinal nach 2:0-Satzführung an Rosset. Und den einzigen Karrierensieg auf Rasen in Wimbledon feierte Karbacher 1995 gegen Jakob Hlasek.

Kratochvil: "Bleibe geduldig"

Auf Kratochvil kommen hektische Zeiten zu. Bis Wimbledon steht praktisch jede Woche ein Turnier auf dem Programm. Der Berner weiss, dass er dringend ATP-Punkte braucht, sonst fällt er erstmals seit drei Jahren aus den Top 100 und muss noch mehr Qualifikationen bestreiten. In Indian Wells, wo er letzte Saison in der Startrunde Andre Agassi besiegte, musste er heuer durch die Qualifikation.

In Monte Carlo unmittelbar nach dem Davis-Cup gegen Frankreich wird es nicht anders sein. Kratochvil: "Erneut sind die Vorzeichen alles andere als ideal. Wir spielen gegen Frankreich in der Halle auf Hartplatz, am darauffolgenden Wochenende muss ich draussen auf Sand die Monte-Carlo-Qualifikation bestreiten. Aber ich bleibe geduldig. Ich will unbedingt in der Weltrangliste wieder dorthin zurück, wo ich letzten Sommer war."

(Si)

(bert/sda)