Thurgauer Obergericht spricht 72-Jährigen von Mordvorwurf frei

publiziert: Dienstag, 24. Dez 2002 / 12:19 Uhr

Frauenfeld - Es bleibt beim Freispruch für einen heute 72 Jahre alten ehemaligen Käser, dem vorgeworfen worden war, vor sieben Jahren seine Ehefrau mit Salmiak erstickt zu haben. Das Thurgauer Obergericht bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz.

In seinem Urteil beruft sich das Obergericht auf den Grundsatz in dubio pro reo (Im Zweifel für den Angeklagten). Es meldet in seiner Begründung des Freispruchs zwar diverse Vorbehalte gegen einzelne Aussagen des Angeklagten an, rügt aber gleichzeitig die Untersuchungsbehörden.

Sie hätten einseitig zu Lasten des Beklagten ermittelt und es dadurch beispielsweise unterlassen, einen Zeugen rechtzeitig zu vernehmen. Später sei dann nicht mehr zu klären gewesen, ob dessen Beobachtung eines Besuchs bei der Ermordeten tatsächlich am Mordabend oder womöglich bereits am Vortag stattfand.

In dem Fall ging es darum, dass 1995 die damals 71-jährige Ehefrau des Käsers ermordet aufgefunden wurde. Sie war mit einem Salmiak getränkten Lappen erstickt worden.

Strittig war dabei vor allem der Todeszeitpunkt der Frau: Starb sie nach 19.30 Uhr konnte der Mann nicht der Täter gewesen sein, weil er bei einer Chorprobe war. Anschliessend besuchte er eine Prostituierte.

Mehrere rechtsmedizinische Gutachten konnten den genauen Zeitpunkt nicht eindeutig ermitteln. Das letzte Gutachten ging davon aus, dass die Frau mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit kurz vor 20 Uhr nicht mehr gelebt hat.

Der Gutachter gab aber selbst an, die Aussage beruhe auf einer sehr kleinen Versuchszahl, die eine grosse Streubreite bei der Aussage zur Wahrscheinlichkeit zulasse. Das Obergricht reichte das nicht für eine Verurteilung. Es bleibe die Möglichkeit, dass tatsächlich ein Dritter die Frau umgebracht habe, nachdem der Mann bereits aus dem Haus gewesen sei.

(bert/sda)

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