Tiefstes Zins-Niveau seit drei Jahren

publiziert: Donnerstag, 20. Nov 2008 / 20:45 Uhr / aktualisiert: Freitag, 21. Nov 2008 / 00:02 Uhr

Zürich - Die Schweizer Wirtschaft droht in eine tiefe Krise zu stürzen. Die Nationalbank versucht Gegensteuer zu geben und nimmt den Leitzins überraschend um einen ganzen Prozentpunkt zurück - so stark wie noch nie.

Die Zinssenkung soll die Wirtschaft in Schwung bringen, Börsianer liess es eher kalt heute.
Die Zinssenkung soll die Wirtschaft in Schwung bringen, Börsianer liess es eher kalt heute.
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Die Schweizerische Nationalbank (SNB) will den Dreimonats-Libor, den sich die Geschäftsbanken untereinander für ungedeckte Kredite verrechnen, ab sofort bei 1,0 Prozent halten. Der Franken-Geldmarkt werde grosszügig versorgt, teilte die SNB am Donnerstag mit.

Die Währungshüter begründeten den Zinsschritt mit ihrer Sorge um die Konjunktur. Das Risiko eines markanten Rückgangs der wirtschaftlichen Entwicklung in der Schweiz habe sich erhöht. Für die Preisstabilität bestehe dagegen keine Gefahr, da die Preise für Energie und Rohwaren wieder gesunken seien.

Mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik will die Nationalbank Kredite für Unternehmen und Konsumenten verbilligen. Das soll die Wirtschaft wieder in Schwung bringen.

Die dritte Zinssenkung

Wegen der akuten Finanzkrise senkte die SNB den Leitzins innert weniger Wochen in drei Schritten um ganze 1,75 Prozentpunkte auf das tiefste Niveau seit drei Jahren. So schnell und so stark hatte die SNB die Geldzügel nicht einmal nach den Terroranschlägen in den USA im September 2001 gelockert.

Im Nachgang zu den Terroranschlägen hatte die SNB den Leitzins aber bis auf 0,25 Prozent gesenkt. Die Währungshüter haben in der gegenwärtigen Krise also noch nicht ihr ganzes Pulver verschossen, wie auch SNB-Präsident Jean-Pierre Roth am Schweizer Fernsehen sagte.

Ökonomen überrascht und erfreut

Ökonomen reagierten überrascht und erfreut auf die starke - und eigenständige - Zinssenkung der Schweizer Notenbank. Die SNB habe vorbildlich im Interesse der Realwirtschaft gehandelt, die seit vier Wochen weltweit einen regelrechten Absturz erlebe, sagte Julius-Bär-Ökonom Janwillem Acket.

Die SNB habe den Ernst der Lage erkannt, sagte UBS-Ökonom Felix Brill. Vor allem die Schweizer Exportwirtschaft dürfte etwas aufatmen. Denn «der Exportmotor stottert nicht nur, er droht abzuschmieren», sagte Acket. Kleine Schritte seien in einer solchen Situation sinnlos: «Man muss klotzen, nicht kleckern.»

Gegen Franken-Aufwertung

Der Zinsschritt ist auch als Reaktion auf den starken Franken zu sehen, der die Schweizer Exportwirtschaft weiter zu strangulieren drohte. Der Anstieg des Franken insbesondere zum Euro hatte die bisherigen Zinssenkungen der SNB praktisch neutralisiert.

Doch der Franken reagierte am Donnerstag nur wenig auf die Zinssenkung. Der Euro zog zwar für kurze Zeit an, notierte zum Schluss aber wieder fast unverändert bei 1.5280/84 Franken.

Börse nicht beeindruckt

Auch an der Börse verpuffte die Zinssenkung rasch. Der Swiss Market Index (SMI) verlor fast vier Prozent. Zu den grössten Verlierern gehörten einmal mehr UBS und Credit Suisse. Dabei könnten die Banken auf eine höhere Marge kommen, solange sie die tieferen Zinsen nicht an ihre Kunden weitergeben.

Das liess die Börsianer kalt. Sie spekulierten bereits darüber, dass die SNB im Rahmen ihrer routinemässigen geldpolitischen Lagebeurteilung am 11. Dezember den Leitzins ein weiteres Mal senken könnte.

Zuerst muss die SNB aber dafür sorgen, dass der Dreimonats-Libor auf den neu angestrebten Satz sinkt. Der Libor lag am Donnerstag bei 1,94 Prozent und damit knapp unter dem alten Zielwert von 2,0 Prozent. Die Nationalbank kann den Libor nur indirekt steuern, indem sie den Geschäftsbanken Kredite gewährt (Repo-Transaktionen).

(Iwan Lieberherr/sda)

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