Töten ohne Skrupel und Gewissen

publiziert: Montag, 16. Jul 2012 / 12:50 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 18. Jul 2012 / 09:55 Uhr
X-47B: Gute Nachrichten für die Zivilluftfahrt - schlechte fürs Schlachtfeld
X-47B: Gute Nachrichten für die Zivilluftfahrt - schlechte fürs Schlachtfeld

Wenn Kampfjet-Designer gefragt werden, was sie bei der Konstruktion ihrer Waffensysteme am meisten behindert, ist die Antwort vielfach: der Pilot. Denn Piloten müssen atmen, sollten nicht erfrieren, brauchen einen schweren, komplizierten Schleudersitz und ein Cockpit. Wie schön, dass dieser Ärger womöglich schon bald der Vergangenheit angehört.

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Kennen sie die X-47B? Müssen Sie auch nicht, aber dieses aus einem Science Fiction Film entsprungen scheinende Flugzeug wird Anfang nächsten Jahres eine neue Ära der Luftfahrt einläuten, wenn es - und die Chancen stehen gut - eines der schwierigsten Landemanöver, die es gibt, machen wird: die Landung auf einem Flugzeugträger. Dabei wird kein Pilot an Bord sein, niemand wird mit einer Fernbedienung steuern und kontrollierend Eingreifen können. Die Landung wird, wie schon der Start an Land, völlig autonom erfolgen, das Flugzeug dabei den Anweisungen des Deckpersonals Folge leisten und die Landung notfalls auch abbrechen und nochmals versuchen werden. Deshalb wird die X-47B auch keine Drohne sein, obwohl das Flugzeug als solche einst bekannt geworden ist.

Die X-47B ist das erste Roboterflugzeug, das solche Fähigkeiten hat und dabei auch noch sehr wendig und schnell in der Luft ist. Trotzdem wird dieser Flugroboter niemals auf den Kriegsschauplätzen der Welt auftauchen, sondern soll, kurz nach Abschluss der Landetests, in einem Hangar der US-Navy verstaut werden.

Doch die Richtung ist vorgezeichnet: Die hier verwendete Technik wird ihren Weg in andere Flugzeuge - militärisch und zivil - finden. In Verkehrsflugzeugen könnte dies - selbst wenn es einem bei dem Gedanken unwohl sein mag - einen enormen Sicherheitsgewinn bringen. Hätte ein Roboterpilot 2009 beim Air France Flug AF447 von Rio nach Paris, bei dessen Absturz 228 Menschen ihr Leben im Atlantik verloren, eingegriffen, es wäre vermutlich mit einem Schrecken abgegangen, da ein solches Gerät die Alarme, im Gegensatz zu den Piloten, sicher nicht falsch interpretiert hätte.

In diesem Sinne eine für die Flugsicherheit positive Entwicklung, vor allem da man weiss, dass diese Technik bereits jetzt auch in andere Flugzeuge eingebaut werden kann. Doch es waren nicht diese Gedanken, welche die US-Navy und den Hersteller Northrop Grumman motivierten, diesen Flugroboter zu bauen. Es geht vor allem um die effektivere Führung eines Luftkrieges.

Eines der dystopischsten Szenarien, die es zum festen Bestandteil der Populärkultur geschafft haben, ist wohl die Anfangsszene von Terminator 2, wo mordende Roboter - humanoid, als rollende Panzer oder als Flugzeuge - ihre menschlichen Gegner jagen. Soweit wird es wohl noch nicht kommen, aber in den nächsten zwanzig Jahren ist es gut möglich, dass - im Gegensatz zu den ferngesteuerten Drohnen, bei denen, wenn auch in weiter Ferne, immer noch ein Mensch am Abzug und Steuerknüppel sitzt - Menschen gezielt und Autonom von Maschinen getötet werden.

Da die Roboterflugzeuge beim Manövrieren nicht auf die tiefen physischen Grenzen eines Piloten Rücksicht nehmen müssen, werden sie im Luftkampf dereinst jedes von einem Menschen gelenkte Flugzeug ausmanövrieren können. Im Ernstfall sind auch riskanteste Flugmanöver möglich und da Gewicht, Grösse und bei einer entsprechenden Fertigungsskalierung auch der Preis wesentlich tiefer als bei herkömmlichen Kampfflugzeugen sein dürfte, läutet die X-47B womöglich auch ein neues Zeitalter der Kriegsführung ein: eines, bei dem auf der einen Seite nur noch Material, auf der anderen Seite hingegen Leben verloren geht und jene die töten von keinem Gewissen oder Skrupeln gebremst werden.

Natürlich werden früher oder später auch die Gegner nachrüsten. Doch dies macht die Sache auch nicht wirklich besser. Bei Bodenangriffen werden - wie auch heute, immer noch vor allem die Zivilisten bluten und sterben, während jener grausige Faktor, der Regierungen immer wieder dazu zwingt, sich um einen Frieden zu bemühen, wegfallen wird: Die Särge der gefallenen Soldaten. Und da diese auch ein wichtiger Faktor sind, wenn es darum geht, einen Krieg NICHT zu beginnen, steht zu befürchten, dass die «Nachkommen» dieses ziemlich hässlichen Experimentalflugzeugs die Beisshemmungen von Politikern wesentlich herabsetzen werden, wenn es darum geht, Konflikte von Zaun zu reissen.

(Patrik Etschmayer/news.ch)

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