Tripolis: Dritter Schweizer in Botschaft

publiziert: Sonntag, 20. Jun 2010 / 18:46 Uhr
Gemäss Bundesrätin Micheline Calmy-Rey wurde bereits am Tag der Verhaftung von Hannibal Gaddafi eine Task Force eingesetzt. (Archivbild)
Gemäss Bundesrätin Micheline Calmy-Rey wurde bereits am Tag der Verhaftung von Hannibal Gaddafi eine Task Force eingesetzt. (Archivbild)

Bern - Nach der Verhaftung von Hannibal Gaddafi in Genf im Juli 2008 hatte neben Max Göldi und Rachid Hamdani ein dritter Schweizer in der Schweizer Botschaft in Tripolis Zuflucht gefunden. Er blieb wochenlang Gast der Schweizer Botschaft.

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Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigte entsprechende Berichte von «Tages-Anzeiger», «Bund» und «Le Matin Dimanche». Dank den Bemühungen des EDA habe der Mann schliesslich ein libysches Ausreisevisum erhalten und Libyen Ende Oktober 2008 verlassen, sagte EDA-Sprecher Adrian Sollberger.

Ausreise verweigert

Weitere Einzelheiten wollte das EDA nicht bekannt geben. Laut der Zeitung handelt es sich um einen 35-jährigen Schweizer, der in Libyen für ein deutsches Unternehmen beim Bau einer Pipeline arbeitete. Auf dem Flughafen von Tripolis sei ihm am 19. Juli 2008 die Ausreise verweigert worden.

Er sei aber - anders als Göldi und Hamdani - nicht in ein Gefängnis gebracht worden, sondern habe sich in die Schweizer Botschaft retten können. Dort fand er Zuflucht, bis er das nordafrikanische Land verlassen durfte.

Finanzdepartment nach Kräften unterstützt

Bundesrätin Micheline Calmy-Rey hat sich in einem Interview gegen den Vorwurf gewehrt, sie habe in der Affäre Gaddafi Hans-Rudolf Merz bei seiner Reise 2009 nach Tripolis ins Leere laufen lassen. «Die Zusammenarbeit in Merz' Präsidialjahr war intensiv», sagte sie den Zeitungen «Sonntag» und «SonntagsZeitung».

Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) habe das Finanzdepartement «nach Kräften unterstützt», fügte die Aussenministerin an.

Gerüchte über Befreiungsversuch

Hintergrund der Äusserungen sind die Gerüchte um Pläne über einen Befreiungsversuch der beiden damals in Libyen festgehaltenen Schweizer Max Göldi und Rachid Hamdani mit militärischen Mitteln.

Der damalige Bundespräsident Merz sei vor seiner Reise nach Tripolis im August vergangenen Jahres vom EDA nicht darüber informiert worden, wurde in verschiedenen Medien kolportiert. Merz liege nun deswegen mit Calmy-Rey im Streit.

Militäroperation: Calmy-Rey hält sich bedeckt

Am Samstag hatte Calmy-Rey gegenüber dem «Tages-Anzeiger» und dem «Bund» bestätigt, dass ihr Departement «sämtliche Optionen» geprüft habe. Sie wollte sich aber nicht zur Frage äussern, ob es konkrete Pläne für eine Militäroperation gegeben habe.

Calmy-Rey äusserte sich gegenüber «Sonntag» auch zu Merz' Entschuldigung beim Regime in Tripolis für die Verhaftung des Sohnes des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi Mitte Juli 2008 in Genf: «Die Entschuldigung für die Verhaftung hatte schon Herr Merz gemacht, und es stand für mich ausser Frage, dass wir uns erneut dafür entschuldigen. Es hat ja auch nichts genützt.»

Entschuldigung für Veröffentlichung der Fotos gerechtfertigt

Dagegen rechtfertigte sie die Entschuldigung der Schweiz für die Veröffentlichen der Polizeifotos von Hannibal Gaddafi in der «Tribune de Genève». Der Diebstahl der Fotos sei eine Straftat, sagte Calmy-Rey. «Es war also ein Gratisentschuldigung.»

Ferner wandte sie sich gegen Vorwürfe, ihr Departement habe die Krise zu Beginn unterschätzt: «Wir haben Genf sogar im Vorfeld vor den politischen Folgen gewarnt, welche eine Verhaftung von Hannibal Gaddafi haben würde. Dann haben wir im EDA noch am Tag der Verhaftung eine Task Force eingesetzt - also noch vor der Verhaftung der Herren Göldi und Hamdani», sagte Calmy-Rey.

(fest/sda)

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Max Göldi dürfte sich bereits wieder in der Schweiz befinden.
Lieber Jason Bond
Die Letzten Drei Sätze von Ihnen haben mich Tief Berührt, und zwar Emotional. Ich hatte dieses Wochenende nicht viel zu lachen......aber dank Ihnen doch einmal Herzhaft. Danke!
ochgott
Ach unter aller Sau bin ich, ach Ochgott, Sie tun mir leid. Menschen wie Sie, sollten das Land verlassen.
Calmy-Rey vs. Merz
Ich bin begeistert.
Von Ihrem Kommentar.
Nein, ehrlich.
Zum ersten mal haben Sie etwas geschrieben, dass gerade so gut von mir hätte sein können.
Ja, doch.

Was das warten auf BR Merz's Meinung betrifft, da kann ich gut darauf verzichten.
Nichts was der Mann jetzt noch sagen könnte wäre von Belang. Ausser natürlich "ich trete sofort zurück".
ochgott
Ich finde den Beitrag von Menschenrechte auch nicht sehr klug und schon gar nicht richtig, aber Sie sollten den anderen Beitrag von ihr lesen, zum Thema "Bundesrat prüfte auch Militär-Option zur Geiselbefreiung". Sie scheint eine ziemlich schwere Zeit hinter sich zu haben. Dann verstehen Sie vielleicht diese Ausbrüche.
Menschenrechte?
Ja stimmt ich schäme mich auch. Und zwar für Ihren Kommentar, der unter aller Sau ist.
Solche Menschenrechte wie Sie brauchen wir in der Schweiz nicht.
Kommen Sie doch einfach bei mir vorbei. Solchen Leuten wie Ihnen zahle ich das Auswandern äusserst gerne. Wenn sie unser Land verlassen haben, dann geht nur noch aufwärts.
kritik
Sehr geehrte Frau Calmy Rey. Wir Frauen wollten Frauen in der Regierung und Sie wurden auch von uns gewählt. Ein Riesenfehler. Warum bleiben Sie nicht einfach zu Hause und geniessen ihre Familie, anstatt uns Frauen noch mehr zu schändigen.
Anstatt sich wirklich um uns, das Schweizer Volk zu kümmern, werden wir immer aermer, Sozialbezüger, anständige Frauen, die ihr Lebenlang, Familie, und Arbeit hinter sich haben enden in der Armut usw.
Nein anstatt ihr Amt zu tun, kaufen Sie sämtliche Boutiquekleider, Schuhe, Reisen in der Weltgeschichte herum und wir müssen uns dies ansehen.
Möchte auch gerne wieder mal boutique kleider und esse auch gerne in einem tollen Restaurant usw. Nein für die normalen Frauen gibt es heute sowas nicht mehr. Wir dürfen zusehen, wie Sie unser Land verteidigen.
Muss sagen, ich schäme mich für Euch und schäme mich für unser Land und ich schäme mich für die momentane Regierung.
Gerangel
Gut, dass Calmy-Rey einiges klargestellt hat.
Es gab zum Zeitpunkt, als Merz nach Tripolis reiste keinen Grund, sich zu entschuldigen. Für was auch. Dafür, dass die Schweiz ein Rechtsstaat ist und diese Rechte auch durchgeknallten Diktatoren gegenüber durchsetzt? Die Polizeifotos waren zu dem Zeitpunkt, soweit ich mich erinnere noch nicht veröffentlicht.
Immer wieder, wenn Merz einen servilen Anfall hat, bekommt der Staat ein Problem.
Siehe UBS.
Dieses Verhalten war vielleicht gewinnbringend für den externen Berater, der Merz vor seiner Tätigkeit als Bundesrat war, für den Bundesrat sind andere Qualitäten erforderlich.
Standfestigkeit und das Verteten auch kontroverser Standpunkte, ohne nach Harmonie mit allen Beteiligten zu suchen. Er hat einseitig und ausschliesslich die Interessen der Schweiz zu vertreten, ohne das Gegenüber geradezu dazu einzuladen, an der Agenda mitzuschrauben.
Dass Calmy-Rey alle Optionen prüfte und auch die "Befreiung mit militärischen Mitteln" in die möglichen Massnahmen miteinbezog, ist richtig und ihre Pflicht. Damals befanden sich die Geiseln noch in der Botschaft und damit auf schweizerischem Hoheitsgebiet. Eine Militäroperation hat geheim zu sein, um dem Gegner keine Möglichkeit zu geben, diese zu vereiteln. Das man Plaudertasche Merz nicht einweihte, als er nach Tripolis reiste, kann ich soweit nachvollziehen.
Was mir Kopfzerbrechen bereitet, ist, wieso die Libyer auf einmal die Botschaft umstellten und drohten zu stürmen. Damit war die Option "überraschende Befreiungsaktion" obsolet geworden. Man hat diese Chance, für die es nur ein kurzes Zeitfenster gibt, vergeben. Scheint, dass wir doch nicht genügend Mittel haben, eine solche Aktion durchzuziehen. War da nicht mal die Idee, die AAD10 auch gegen Piraten in Somalia loszuschicken? Wenn wir nicht mal eine Geiselbefreiung und Botschaftsevakuation durchführen können, können wir die AAD10 auch gleich auflösen.

Nach Calmy-Rey's Interview warte ich nun auf die Meinung von BR Merz.
Momentan bin ich stark dafür, dass Merz sich endlich eine längere Auszeit nimmt und die Politik als Privatmann betreibt.
.
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