Zur Enttäuschung der mehrheitlich französischsprachigen
Fankulisse von über 20'000 Zuschauern scheiterte im an Spannung
nicht mehr zu überbietenden Showdown erst Pierre-Alain Frau
kläglich, ehe Julien Escudé, der Bruder des französischen Tennis-
Stars Nicolas, ebenso an Cech scheiterte. Dem gewaltigen Druck,
treffen zu müssen, war dann Verteidiger Boumsong nicht mehr
gewachsen und drosch den Ball an die Latte.
Die Tschechen lagen sich längst in den Armen; der Nawuchs des
Welt- und Europameisters weinte, hatte eine weitere Gelegenheit
versäumt, den ersten Titelgewinn seit der goldenen Generation um
Eric Cantona zu feiern.
Um die internationale Klasse des tschechischen Hüters Petr Cech
wussten auch die Franzosen. Als hätte der Stammkeeper des Champions-
League-Teilnehmers Sparta Prag den Beweis seiner schon jetzt
vorzüglichen Reputation erbringen wollen, vereitelte der Hüne zwei
glänzende Kopfballchancen von Péguy Luyindula. Ihm und die
erheblichen Leistungssteigerung seiner eine Hälfte lang
überforderten Kollegen ermöglichte dem Aussenseiter ein 0:0-Remis
in der regulären Spielzeit.
Je länger die Partie dauerte, war richtiggehend zu spüren, wie
die Kräfte beidseits zu schwinden begannen. Die fünfte Partie
innerhalb von nur 13 Tagen erwies sich für manch einen als eine
zuviel. Im Verlaufe der zweiten Hälfte häuften sich die Passfehler
vor allem in den Reihen der Franzosen. Angesichts der Tatsache,
dass die meistgenannten Favoriten in der Vorrunde fast ihren
gesamten Kaderbestand einsetzte, mochte ihr offensichtliches
Nachlassen erstaunen.
Eine knappe Stunde lang waren die Tschechen vornehmlich mit der
Aufgabe beschäftigt gewesen, dem permanenten Druck der Franzosen zu
widerstehen, sich im Wortsinn mit Haut und Haaren zu wehren. Es
schien, als würden sie trotz dem verblüffenden 3:2-Halbfinalcoup
gegen Titelhalter Italien, an ihren eigenen Qualitäten zweifeln.
Erst als die Osteuropäer ihre zögerliche Haltung ablegten und
selber die Initiative ergriffen, glich sich das Geschehen aus. Dem
schussgewaltigen Rudolf Skacel boten sich gar zwei ausgezeichnete
Möglichkeiten, den zuvor kaum beschäftigten Mickaël Landreau zu
überwinden. Und die Abwehr um den in der Champions League erprobten
Hübschman hielt die Offensivabteilung Frankreichs, die in den
vorangehenden vier Spielen neun Treffer produziert hatte, ohne
Tadel in Schach.
Frankreichs Aufwand
Mit vier Siegen in Folge hatten sich «Les Bleuets» für den Final
qualifiziert. Doch die Bestätigung ihrer unbestrittenen Klasse
erbrachte die Equipe von Raymond Domenech aber ausschliesslich vor
der Pause. In jener Phase dominierten die Franzosen unübersehbar;
sie gruppierten sich derart geschickt, dass man im einen oder
anderen Moment einen Tschechen weniger auf dem Terrain wähnte.
Gemessen am beträchtlichen Aufwand, den die Franzosen bis zur
Pause betrieben hatten, musste das Resultat für sie zumindest bis
zur spät erfolgten Reaktion Tschechiens wie ein Hohn wirken. Doch
die beiden Sprinter Sydney Govou und Péguy Luyindula zeigten sich
im Umgang mit den Skore-Möglichkeiten allzu fahrlässig. Ihrem
Renommée blieben die beiden Meister-Stürmer aus Lyon jedenfalls
einiges schuldig. Auch der im rechten Couloir anfangs auffällige
Künstler Steed Malbranque nutzte den ihm gewährten Raum bis zu
seiner Auswechslung zu wenig.
Frankreich - Tschechien 0:0 n.V.
Tschechien 3:1-Sieger im Penaltyschiessen
St-Jakob-Park, Basel. -- 20 400 Zuschauer. -- SR Ovrebo (No).
Penaltyschiessen: Meriem 1:0, Pospisil 1:1; Frau scheitert an Cech,
Grygera 1:2; Escudé scheitert an Cech, Skacel 1:3; Boumsong
schiesst an die Latte.
Frankreich: Landreau; Réveillère, Boumsong, Bréchet, Escudé;
Malbranque (64. Meriem), Pedretti, Berson (87. Sable), Sorlin;
Govou (76. Frau), Luyindula.
Tschechien: Cech; Hübschman, Jiranek (23. Kovac), Rozehnal,
Grygera; Pitak, Zelenka (81. Polak), Vorisek, Skacel; Baros (38.
Pospisil), Vachousek.
Bemerkungen: Frankreich u.a. ohne Cissé (im WM-Kader),
Tschechien ohne Rosicky (verzichtete auf EM-Teilnahme).
Verwarnungen: 33. Réveillère (Foul), 77. Berson (Foul), 89. Pitak
(Foul), 113. Escudé (Foul), 117. Skacel (Foul), 122. Pedretti
(Foul).
(Sven Schoch, Basel /news.ch)