Istanbul - Bei seinen bislang heftigsten Angriffen auf Nordsyrien hat das türkische Militär laut Beobachtern erneut Gebiete unter Kontrolle der Kurdenmiliz YPG beschossen. Auch auf dem eigenen Territorium gingen die Sicherheitskräfte weiter gegen die PKK-Rebellen vor.
Die Kurdenmiliz YPG und ihre arabischen Verbündeten waren in den vergangenen Tagen in der Region unweit der türkischen Grenze weiter vorgerückt. Die Regierung in Ankara will das verhindern und beschiesst die Kurden deswegen seit Tagen.
Bei der YPG handelt es sich um den bewaffneten syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die Kurden-Miliz hat im Norden und Osten des Landes bereits grosse Gebiete vom IS erobert und befindet sich im Grenzgebiet zum Irak weiter im Vormarsch. Zudem ist die Miliz in Syrien wichtigster Partner des Westens im Kampf gegen die Dschihadisten.
Die Türkei will hingegen beidseits seiner Grenze im Südosten Ansätze eine Autonomie von Kurden unterbinden. Vor allem soll die YPG nicht über ein von ihr kontrolliertes Gebiet verfügen, das als Basis für Angriffe von PKK-Kämpfern auf türkisches Territorium dienen könnte.
Vorwurf als Vorwand?
So machte die Türkei die YPG für den Selbstmordanschlag verantwortlich, bei dem am Mittwoch in Ankara 28 Menschen getötet wurden. Die Gruppe hat die Vorwürfe zurückgewiesen und als Vorwand für einen Einmarsch in Nordsyrien bezeichnet.
«Das erste, was sie nach dem Anschlag gemacht haben, war, uns wegen des Vorfalls zu beschuldigen», sagte YPG-Sprecher Redur Xelil am Freitag der kurdischen Agentur Firat. «Damit erfinden sie einen Vorwand, um in Rojava einzudringen.» Rojava ist die kurdische Bezeichnung für die Gebiete in Nordsyrien unter YPG-Kontrolle.
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan beharrte am Freitag darauf, dass die YPG für die Tat verantwortlich sei. Beweise legte er aber nicht vor.
Ankaras Kurdenpolitik belastet auch zunehmend die Beziehungen zum Westen. So sagte Erdogan, kurdische Milizen hätten im syrischen Bürgerkrieg von den USA gelieferte Waffen gegen Zivilisten eingesetzt. Er sei besorgt über die Weigerung des Westens, die syrische Kurdenpartei PYD und ihren bewaffneten Arm, die YPG-Miliz, zu Terrororganisationen zu erklären.
Armee geht weiter gegen PKK vor
Unterdessen gingen die Kämpfe zwischen kurdischen PKK-Rebellen und türkischen Soldaten weiter. In der südosttürkischen Kurden-Metropole Diyarbakir wurden bei Zwischenfällen mindestens zwei Soldaten und zwei Polizisten getötet, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Beim Einsturz eines Gebäudes während einer Operation in Sur kamen drei weitere Soldaten ums Leben.
Ein Waffenstillstand zwischen den für mehr Unabhängigkeit kämpfenden Kurden und der Armee platzte im vergangenen Sommer, nachdem die Kurdenpartei HDP erstmals ins Parlament eingezogen war und die regierende AK-Partei ihre absolute Mehrheit verloren hatte.
Seitdem gehen Armee und Polizei wieder gewaltsam gegen Kurden im Südosten des Landes vor. Die PKK antwortete mit Überfällen auf Sicherheitskräfte.
(cam/sda)
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