Von EU doppelt so viel Geld gefordert

Türkei überrascht EU-Chefs mit neuem Flüchtlings-Pakt

publiziert: Montag, 7. Mrz 2016 / 22:20 Uhr
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz.

Brüssel - Die Türkei hat der EU einen neuen Pakt zum Entschärfen der Flüchtlingskrise vorgeschlagen. Für ein Entgegenkommen bei der Rücknahme von Flüchtlingen stellte Ankara am Montag beim Gipfel in Brüssel mehrere Forderungen.

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Ob die 28 EU-Staats- und Regierungschefs das akzeptieren, ist noch unklar. Die neuen Vorschläge des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu brachten die gesamte Gipfelplanung durcheinander - das eintägige Treffen musste bis in die Nacht hinein verlängert werden.

Davutoglu sagte, das Ziel des neuen Vorschlags sei, "Leben von Flüchtlingen zu retten und diejenigen zu entmutigen, die die verzweifelte Lage der Flüchtlingen missbrauchen und ausnutzen wollen".

Im Gegenzug könnte die EU künftig alle illegal einreisenden Asylsuchenden wieder in die Türkei zurückschicken - also nicht nur Wirtschaftsflüchtlinge, sondern auch Syrer. Flüchtlingen soll so der Anreiz genommen werden, sich Schlepperbanden anzuvertrauen.

Damit die Türkei mit der Last nicht alleine bleibt, will sie aber für jeden zurückgebrachten Flüchtling und Migranten einen auf legalem Weg in die EU schicken. Diplomaten sprachen von der "Eins-zu-Eins"-Formel.

Weitere türkische Forderungen

Ausserdem fordert die Türkei nach Angaben aus EU-Kreisen auch mehr Geld für die Versorgung der Flüchtlinge im eigenen Land für die Zeit ab 2018. Gemäss EU-Parlamentspräsident Martin Schulz will Davutoglu nochmals drei Milliarden Euro.

Wie es in Ratskreisen hiess, soll das Geld zusätzlich zu den für zwei Jahren vorgesehenen und im letzten November beschlossenen drei Milliarden Euro fliessen. Denn nach Schätzungen der Vereinten Nationen leben heute 2,7 Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei - und es werden monatlich mehr.

Im Weiteren pocht die Türkei darauf, dass die in Aussicht gestellte Visa-Freiheit für türkische Bürger nicht erst im Oktober, sondern bereits in Juni kommt und weitere Beitrittskapitel auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft eröffnet werden.

Streit um "geschlossene" Balkanroute

Über Vereinbarungen mit der Regierung in Ankara will die EU den unkontrollierten Zustrom von Flüchtlingen in Richtung Westeuropa eindämmen. Über die Türkei kommen derzeit die meisten Flüchtlinge nach Griechenland und von dort aus über die Balkan-Staaten in die EU.

Gerüchten zufolge soll die mazedonisch-griechischen Grenze inzwischen abgeriegelt sein. Eine Bestätigung aus offiziellen Quellen liegt jedoch nicht vor. In Griechenland strandeten daher zehntausende Menschen.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wehrte sich am Gipfel gegen Forderungen, die Balkanroute für Flüchtlinge für geschlossen zu erklären - und widersprach damit einem Entwurf für die Abschlusserklärung. Sie sagte: "Es kann nicht darum gehen, dass irgendetwas geschlossen wird."

Im Gegensatz zu Merkel verteidigten Länder an der Balkanroute die Formulierung, diese Route für geschlossen zu erklären. "Ich bin sehr dafür, mit klarer Sprache allen zu sagen: Wir werden alle Routen schliessen, die Balkanroute auch", sagte Österreichs Kanzler Werner Faymann, dessen Land Tageskontingente für Flüchtlinge eingeführt hat.

Und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban sagte: "Die Grenzen müssen geschlossen werden." Niemand dürfe mehr ohne Erlaubnis und Registrierung durchkommen.

Verhandlungen belastet

Belastet wurden die Verhandlungen zur Flüchtlingsfrage durch das Vorgehen der türkischen Justiz gegen die grösste Oppositionszeitung "Zaman".

Sowohl türkische Oppositionspolitiker als auch Staats- und Regierungschefs warnten vor einem Verrat europäischer Prinzipien. Es könne nicht sein, "dass wegen der Flüchtlingsfrage andere Werte, die für Europa wichtig sind, wie Pressefreiheit, einfach über Bord geworfen werden", sagte Luxemburgs Premier Xavier Bettel.

Die türkische Oppositionspartei HDP übte konkret Kritik an Kanzlerin Merkel. Seit es die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise gebe, schweige die deutsche Regierung zu Menschenrechtsverletzungen und zum Druck auf die Medien, sagte der Ko-Vorsitzende Selahattin Demirtas. Merkel hat nach Angaben einer Sprecherin die Pressefreiheit in der Türkei bei Davutoglu angesprochen.

(fest/sda)

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