Die Weissrussen werden gecoacht von Glen Hanlon, der ab der kommenden Saison an der Bande der Schweiz steht. Dessen Abgang werden die Osteuropäer bedauern, führte er doch die Gastgeber in Minsk in seiner dritten Amtszeit zum dritten Mal nach 2006 (6.) und 2009 (8.) in die Viertelfinals. Der 6. Platz ist die bislang beste WM-Klassierung einer weissrussischen Mannschaft. Zudem darf nicht vergessen werden, dass die Osteuropäer an den letzten beiden Weltmeisterschaften jeweils nur Rang 14 belegt haben.
Denkt man an die Auftritte der Weissrussen vor einem Jahr in Stockholm zurück, reibt man sich nun verwundert die Augen. Die Mannschaft ist nicht mehr wiederzuerkennen, sodass die enthusiastischen Fans durchaus von der erstmaligen Halbfinal-Teilnahme träumen dürfen, auch wenn der Gegner Titelverteidiger Schweden ist.
Die Weissrussen verfügen mit dem NHL-Stürmer Michail Grabowski und Sergej Kostizyn über Spieler in ihren Reihen, die gegen alle Teams jederzeit für den Unterschied sorgen können. In der Vorrunde haben beide je vier Tore und Assists erzielt. Auch in der Defensive hinterliessen die Weissrussen nach dem 1:6 gegen die USA im Auftaktspiel einen starken Eindruck. Seither kassierten sie nur noch einmal mehr als zwei Gegentore - beim 4:3 gegen die Schweiz. Keeper Kevin Lalande brachte es in seinen vier Einsätzen auf eine Abwehrquote von 96,36 Prozent, was bislang der Topwert ist. Die Weissrussen forderten selbst dem bisher übermächtigen Russland beim 1:2 alles ab. Danach sagte Hanlon: «Ich könnte nicht mehr stolz sein auf mein Team. Das ganze Land sollte stolz sein.»
Defensiv stark präsentierten sich bislang auch die Schweden, die in den sieben Vorrundenspielen nur zehn Gegentreffer zuliessen. Die Mannschaft hat allerdings nicht mehr viel mit dem letztjährigen Weltmeisterteam zu tun, sind doch nur noch acht Spieler von damals mit dabei, unter ihnen der Rapperswiler Nicklas Danielsson und Dick Axelsson, der bei Davos unterschrieben hat.
Starkes französisches Trio
Überraschend ist auch der Viertelfinal-Einzug der Franzosen, die letztmals 1995 den Sprung in die Top 8 geschafft haben. Bei der «Equipe tricolore» stehen mit Torhüter Cristobal Huet (Lausanne), Damien Fleury (Lausanne) und Eliot Berthon (Genève-Servette) drei Spieler im Kader, die ihr Geld in der abgelaufenen Saison in der NLA verdient haben. Gegen Russland wird wohl vieles von Huet abhängen - die Mannschaft braucht eine Topleistung des Routiniers.
Dass die Franzosen weitergekommen sind, verdanken sie vor allem der Toplinie mit Antoine Roussel, Pierre-Edouard Bellemare und Stéphane Da Costa. Dieses Trio brachte es zusammen auf 28 Skorerpunkte (15 Tore). Roussel, in der NHL bei den Dallas Stars tätig, ist mit sechs Toren und fünf Assists aktuell die Nummer 2 in der Skorerwertung. «An diesem Turnier kann jeder jeden schlagen», sagte Roussel.
Allerdings müssten die Franzosen einen nahezu perfekten Tag erwischen, um die Russen zu bezwingen. Der Rekord-Weltmeister hinterliess bislang einen überzeugenden Eindruck, gewann seine sieben Partien mit einem Torverhältnis von 31:7. Das Team spielt unter dem neuen Trainer Olegs Znaroks sehr diszipliniert, arbeitet auch gut nach hinten. Es ist den Osteuropäern anzumerken, dass sie sich für das Viertelfinal-Out bei den Olympischen Spielen in Sotschi rehabilitieren wollen. Zudem geniessen sie quasi Heimvorteil.
Der umstrittenste Viertelfinal
Auf dem Papier der umstrittenste Viertelfinal ist jener zwischen Olympiasieger Kanada und dem Olympia-Dritten Finnland. Die Nordamerikaner wollen an einer WM endlich wieder einmal den Sprung in die Top 4 schaffen, nachdem in den letzten vier Jahren jeweils der Viertelfinal Endstation bedeutete. Die Finnen ihrerseits kamen nur dank der Schützenhilfe der Schweiz weiter. Im ersten Viertelfinal treffen die USA und Tschechien aufeinander. Auch dieses Duell verspricht Spannung.
(ig/Si)